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Reisetagebuch

9/1/2003   Aegypten / Luxor

El Uqsur

Ankunft im Touristenmekka Aegyptens

(Harald und Renata) Als wir morgens abfahren wollen, verlangt ein Mitarbeiter des Hotels doch tatsaechlich auch noch 80 Pfund, anstatt uns die Uebernachtungskosten zu erlassen; nach diesem Vorfall eigentlich eine Selbstverstaendlichkeit. Aber Aegypten ist ein hartes Land, wer nicht fuer sich kaempft, geht unter. Und ich sage dem Chef am Telefon, er solle ruhig zum Hotel kommen, wir wuerden hier warten- natuerlich wuerde ich selbst jetzt die Touristenpolizei anrufen, um das zu klaeren. Der Mann ist doch fein davongekommen, denn er wusste doch offensichtlich, dass sein Angestellter immer mal wieder den Hofschluessel zum Spannen nimmt, da er ja neben dem Schluesselbrett sitzt.

Renata ist nicht wohl zumute, wuerde lieber bezahlen, aber ich schwanke noch, ob ich den miesen Wucherer nicht doch besser angezeigt haette, um zukuenftige Touristinnen zu bewahren. Ihm mein Geld zu geben, faellt mir im Traum nicht ein. Und nach ein paar Minuten heisst es: "Tamam, you can go." (In Ordnung, sie koennen fahren).

Wir verlassen die sauberste Stadt Aegyptens Richtung Sueden und fahren ueber die Hauptstrasse entlang eines Kanals, der wiederum parallel zum nicht weit entfernten Nil verlaeuft.

Die Polizei begleitet uns nur noch teilweise und so koennen wir weitgehend ungehetzt unser Tempo bestimmen. Nach etwa 5 km ist eine Trinkpause faellig, nach 10 km eine kurze Ruhepause und mehrmals eine zum Essen. Neben den Strassen gibt es koestliche Wassermelonen und Mangos. In Deutschland sind nur die gelb-gruenen Fruechte erhaeltlich, die nach Verzehr eine Wiese von Fasern zwischen den Zaehnen hinterlassen und deren Kern wie ein gelber Punkschaedel aussieht. Hier sind sie genau im richtigen Reifestadium, so saftig wie Pfirsiche, aromatisch, wie ich noch nie welche geschmeckt habe und es gibt kaum Fasern und fast blanke, weisse Kerne. Eine Koestlichkeit fuer ca. 70 Cent das Kilo- das sind etwa vier Mangos. Wie Melonen und Bananen, kann man sie schaelen, aber von Trauben lassen wir mittlerweile die Finger.

Es ist etwa fuenf Grad heisser als in Kairo und wenn am Mittag der leichte Seitenwind nur noch heisse Boeen bringt, faellt das Atmen bei der Anstrengung zunehmend schwerer. Der Schweiss laeuft uns in Baechen am Koerper herunter und am Abend sind die Blusen steif vor getrocknetem Schweiss.

Wir trinken literweise Wasser und sehnsuechtig schaue ich auf die im Kanal schwimmenden Kinder. Aber erstens gaebe es stets einen Auflauf, wenn ich baden wuerde und zweitens schwimmen immer wieder Kadaver im Wasser und ich stelle mir vor, wie ich im Wasser an so einen aufgequollenen, stinkenden Leib stosse. Neben der Strasse liegen jeden Tag mehrere, manchmal mehr als zehn, zwanzig Esel, Pferde und Kuehe. Bei dem Wert, den Fleisch hier hat, verwundert, warum niemand die Tiere ausschlachtet. Aber die bei Autounfaellen oder vor Erschoepfung verendeten Tiere sind nicht auf die religioes vorgegebene Weise ums Leben gekommen (durch Schaechtung, also das Ausbluten lassen) und duerfen somit nicht verzehrt werden. (Unser deutsches Tierschutzgesetz macht fuer Juden und Moslems da extra eine Ausnahme).

Unterwegs sehen wir zum ersten Mal Touristenbusse. Seit Kairo haben wir nicht einen reisenden Touri gesehen und keinen der grossen Klimabusse von Tui und Konsorten. Hier haelt die Polizei den Verkehr an, sperrt alle Strassen und raeumt die Sperren weg, wenn etwa zweimal taeglich die grossen Konvois aus dutzenden von kleinen und grossen Bussen nach Luxor durchrasen. Aus den Fenstern schauen bleiche, verwunderte Gesichter: Aegyptens Realitaet im Vorbeiflug.

Am fruehen Abend sind wir in Luxor. Und wir haben Glueck und stossen gleich auf die Jugendherberge. Aber hier ist Konvoidurchfahrtsgebiet und alles mit Strassengittern gesperrt. Als wir zwischen den Barrikaden durchfahren wollen, haelt uns ein sonnenbebrillter Polizist in Zivil an: Eine Durchfahrt sei erst in einer Stunde moeglich. Wieso? "Security" ist die Antwort. Wir lachen den "Mister Wichtig" aus, schliesslich sind WIR die Touristen, um deren Sicherheit es hier geht. Wir sind nicht die Terrorristen, die man davon abhalten muss, die Busse in die Luft zu sprengen! Wir fahren einfach weiter, den Protest hinter uns lassend und nur 50 Meter weiter (!) ist das Tor zur Jugendherberge. Dafuer wollte uns der Mann eine Stunde warten lassen?

Jeder kann sich denken, dass alle Sicherheit der Welt nicht verhindern koennte, dass zu allem entschlossene Attentaeter einfach in einem Lieferwagen neben einen Bus fahren und zuenden. Das Beispiel Israel zeigt das deutlich. Es sind auch die Radikalen selbst, die sich (zumindest im Moment) zu einem anderen Weg entschlossen haben. Der Tourismus bringt sehr viel Geld ins Land, mit dem man an anderen Orten der Welt auch etwas anfangen kann...Ich bin skeptisch, weil mir nicht einleuchtet, warum ausgerechnet hier, wo es vieltausendfachen Widerstand gegen Fremde, andere Religionen, gegen die Regierung gibt, wo es soviel Kritik an Amerika und Israel gibt, wo ueberall die Bilder des Felsendoms in Jerusalem als drittheiligstem Ort des Islam aushaengen- wieso es hier keine Unterstuetzung fuer radikale Wege geben soll.

In der grossen Jugendherberge, die viel sauberer als die in Sohag ist, sind wir die einzigen Gaeste. Zwar sollen wir zunaechst in getrennten Zimmern schlafen (obwohl wir uns stets als "verheiratet" ausgeben), aber schliesslich landen wir in einem Vier-Bett-Zimmer im ersten Stock. Im Bad gibt es kein Licht, aber damit laesst sich nun wahrlich leben.

Luxor ist eine Kleinstadt, die ihre Existenz seit jeher dem Tourismus verdankt. Ihr Name hat aber nichts mit Luxus zu tun, sondern stammt aus dem Arabischen: "El Uqsur" bedeutet "die Palaeste" und bezieht sich auf die beiden grossen Tempelanlagen hier.

In einem Lokal im Zentrum essen wir mit Aircondition zu abend. Wir sind da! Jetzt gibts Kultur vom Feinsten.

geschrieben am 8.9.2003


 

 

 

 

 


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