Home Page english version deutsche Version

  Worum es geht...
  Highlights der Reise
  Ueber Harald Radtke
  Zeitungsartikel

  Tagebuch (952 Eintr.)
  Lesermeinungen
  Leseproben
  Reiseroute
  News Archiv

  Pamphlet zur Faulheit

  Laenderinformationen
  Literatur

  Kontaktformular
  Mediainfo/Fotos
  Impressum


Reisetagebuch

9/3/2003   Aegypten / Luxor

Minitiger

Bahnfahrt nach Assuan zum Konsulat / ein Haeufchen Elend als Mitbringsel

(Harald und Renata) Wir stehen um 5 Uhr auf, weil wir vor 10 Uhr schon in Assuan beim Konsulat sein muessen. Laut der gestrigen Auskunft des Majors der Touristenpolizei, der dafuer extra bei der Bahnstation fuer uns angerufen hat, faehrt der Zug um 6.15 Uhr. Als wir jedoch die Tickets loesen wollen, sagt der Mann hinter dem Schalter, es gaebe keinen Zug um diese Zeit, sondern erst um 7 Uhr. Das ist eigentlich zu spaet, wir riskieren, nach ca. 3 Stunden Bahnfahrt, in Assuan anzukommen und bei der Botschaft vor verschlossener Tuere zu stehen. Wir fragen unglaeubig nach, schliesslich haben wir eine aktuelle Auskunft aus berufenem Munde. Aber der Mann bleibt dabei, so dass wir zwei Karten kaufen. Wir sehen allerdings auf dem Bahnsteig eine Menge Leute sitzen und da es hier nur noch ein Gleis Richtung Assuan gibt (Assuan ist eine Sackgasse, denn danach kommt nur noch der Staudamm und es gibt keine Zugverbindung in den Sudan), ist klar, dass diese Leute hier nicht um 6 Uhr sitzen, um einen Zug um 7 Uhr zu nehmen. Wir fragen die Wartenden und siehe da: der Zug faehrt tatsaechlich um 6.15 Uhr! Man hat uns wieder eine Luege erzaehlt, warum, wissen wir nicht.

Der Mann am Schalter will die Tickets nicht zuruecknehmen und bleibt bei seiner unsinnigen Behauptung, waehrend der Zug gerade einfaehrt. Es wird knapp, wir haben nur noch ein paar Minuten. Also bitten wir den Stationsvorsteher uns zu helfen. Der macht auf langsam, palavert gemaechlich mit dem Mann am Schalter, peilt somit die "Aegyptische Loesung" an, Motto: Der Zug ist abgefahren, what can I do? Wir haben keine Zeit mehr, rufen einen Polizisten- das gleiche Spiel: "Sorry, sie haben Tickets fuer den Zug um 7 Uhr und die kann man nicht zurueckgeben und mit diesen Tickets koennen sie nicht mit diesem Zug fahren." Welcome in the land of confusion...

Was haben wir in Aegypten gelernt? Setze dich durch, mit aller Kraft. Ein Mann auf dem Bahnsteig meint, wir koennten im Zug Tickets loesen. Also steigen wir einfach in den Zug, entgegen aller Proteste - und landen in einem Nostalgieabteil, einem Speisewagen voller dunkler Vertaefelung, Messinglampen, dunkler Vorhaenge, lederartiger Polstersitze und mit Aircondition. Herrlich, perfekt, romantisch.

Als der Zugleiter kommt, gibt es eine 20-minuetige Diskussion: Diese Tickets sind fuer einen anderen Zug etc. Wir erklaeren den Ablauf immer wieder und schliesslich laesst man die geloesten Karten fuer diese Zugfahrt gelten. Das waere nun auch wiederum in Deutschland nicht moeglich!

Die ueber drei Stunden Bahnfahrt sind ein einmaliges Erlebnis. Wir goenen uns als einzige Gaeste im Abteil ein ellenlanges Fruehstueck mit Croissants und Kaffee. Die Fahrt fuehrt rechtsseitig entlang des Flusses, zwischen Palmen, Feldern und Doerfern hindurch. Streckenweise wird die huegelige Wueste durchfahren, an deren Rand die Doerfer und Militaerkasernen stehen.

Wir erreichen Assuan, die letzte Stadt vor dem Sudan, gegen 9.30 Uhr. Jetzt heisst es: hurtig, hurtig! Wir nehmen ein Taxi, dass uns 500 Meter weit faehrt, wofuer der Fahrer mal wieder das Zehnfache des angemessenen Preises haben will. Er wird richtig laestig und folgt uns bis in die Botschaft und faengt mit den Angestellten ein lautstarkes Palaver an. Ich schiebe den Mann vor mir her nach draussen und sage ihm, er solle das angebotene Geld nehmen, oder es lassen, aber nicht mehr ins Gebaeude kommen, weil ich sonst die Polizei einschalte. Das wirkt, wie immer, wir sind Mr. Gierig los.

Ein junger Oberst ist hier fuer die Visavergabe zustaendig und alles geht sehr schnell und unkompliziert: Wir sollen einfach ein paar Tage vor Einreise in den Sudan zu ihm kommen und er wuerde die Visa dann verlaengern. Da haben wir ja Glueck gehabt und die bestmoegliche Loesung erreicht.

Der naechste Zug zurueck faehrt erst in ein paar Stunden, genug Zeit fuer einen Spaziergang zum Nil. In einer Gasse hoeren wir ein Kaetzchen jaemmerlich miauen, besser, fiepen. Mehrere Kinder stehen um ein rothaariges, winziges Etwas herum, das sichtbar am Ende seiner Kraefte ist. Ein Muttertier ist nicht zu sehen, die Kinder springen wie angewidert und aengstlich zur Seite, sobald sich das nur handgrosse

Tier ihren Fuessen naehert. Ein Auge ist zugeschwollen, die Pupille darunter truebe, die Haut geroetet und das Fell schwarz verkleistert. Der Wurm hat keine Ueberlebenschance, schon garnicht hier, wo sich niemand die Muehe machen wuerde, dass Tierchen zu versorgen. In ganz Aegypten haben wir nie jemanden gesehen, der eine Katze auch nur gestreichelt haette.

Eine kurze Diskussion zwischen Renata und mir, dann bugsieren wir das rotgetigerte Kaetzchen in einen kleinen Karton, kaufen etwas Milch und setzen uns in einen Park am Nil, bis der Zug kommt.

Die Rueckfahrt verbringen wir unter der einheimischen Bevoelkerung, samt Indianertraellern abschiednehmender Frauen am Bahnhof, samt uns entgegengestreckter, schmutziger Fuesse und Blickwinkel unter schmutzstarrende Gallabias. Hier wird noch auf den Boden gespuckt nach Herzenslust, die Tueren stehen waehrend der Fahrt offen, man springt am Bahnhof vom rollenden Zug ab.

Der kleine Kater schlaeft voellig erschoepft im Karton, nachdem er Kuchen und Milch in Unmengen verschlungen hat.

In Luxor nehmen wir ihn mit in die Jugendherberge und wir versuchen ihn etwas zu reinigen. Aber die verkrusteten Haare sind nicht zu saeubern. Teilweise schneide ich sie ab, teilweise rupfe ich sie ihm aus, weil sie fast von selbst abfallen.

In der Nacht kuschelt sich der Dreckspatz an uns. Man muss aufpassen, ihn nicht zu erdruecken im Schlaf.

geschrieben am 10.9. in Luxor


 

 

 

 


  Team Login

© biketour4goodhope