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Reisetagebuch

9/4/2003   Aegypten / Luxor

DIE MUMIE - Hauptrolle: Boris Maserhati

Besuch des Tempels von Luxor und des Mumienmuseums

(Harald und Renata) Luxor ist nur der Name der Kleinstadt am Nil. Zu Zeiten der Pharaonen hiess die Stadt "Waset", oder nur "Niut"- Die Stadt. Damals wie heute, war sie DAS kulturelle Zentrum Aegyptens. Ein in der Welt einmaliger Platz, der Welt groesstes Freilichtmuseum. Kein Ort der Erde hat mehr Museen beliefert, als dieser. Nirgends wurden so viele so alte Statuen gefunden. Fuer eine angemessene Besichtigung aller Sehenswuerdigkeiten wollen wir uns etwa 10 Tage Zeit nehmen.

Heute sehen wir uns den Luxor-Tempel an, einer der beiden Teile der grossen Tempelanlage auf dieser Flussseite. (Fuer detaillierter Interessierte schreibe ich nachfolgend einen Extraeintrag).

Die Tempelanlage ist dem Luftgott Amun ("Der Verborgene") geweiht und besteht aus einer Vielzahl von Tempeln und sog. Pylonen, d.h. turmartigen Durchgangsmauern. Wir stehen vor dem ersten Pylon, hinter uns liegt die Allee der Sphingen, die den Tempel des 3 km entfernten Karnak mit dieser Anlage hier verbindet. Hinter dem Pylon befindet sich ein grosser Hof, ringsum reihen sich wiederaufgerichtete, grosse Saeulen aneinander. Riesige Standfiguren zeigen Ramses II und andere Pharaonen, die hier eigene Tempel zur Verehrung Amuns, oder anderer Goetter erbaut haben. Hier wurden in kleineren Tempeln Kultgegenstaende verwahrt und zu Zeremoniezwecken feierlich praesentiert. Ueber 2000 Jahre wurde die Anlage immer wieder veraendert, erweitert. U.a. liess Tut-Ench-Amun (die letzte Silbe deutet auf dessen goettlichen "Verwandten" hin) hier Mauern errichten, deren Steingravuren den alljaehrlichen Festzug darstellen, der anlaesslich des Opet-Festes stattfand, waehrenddessen der Gott Amun von Karnak nilaufwaerts hierher nach Luxor reiste. Wir sehen Musikanten, Trommler und Fanfarenblaeser, Artisten, die Flic-Flacs schlagen, Taenzerinnen, Soldaten, Glaeubige, die sich zu Boden werfen.

Auch die Pharaonin Hatschepsut hat hier eine Kapelle errichtet und der maechtige Pharao Amenophis III einen Kolonadengang aus 14 maechtigen Saeulen. Im hintersten Teil der Anlage wurde noch unter Alexander d.G. ein Heiligtum gebaut.

Am Abend gehen wir an der Corniche entlang, der Flusspromenade. Hier, wie ueberall in der Stadt und an allen Sehensuerdigkeiten, werden wir angebettelt. Meist sind es Kinder, die sich einem oft in den Weg stellen und anfassen: "Gimmi one pound!" fordern sie. Ein "La!"(Nein) ueberhoeren sie grundsaetzlich, selten kommt man ohne ein lautes Wort klar.

Und da sind die Kutschenfahrer, die genauso unter dem Syndrom leiden, nichts zu verstehen. Stellen sie allerdings Fragen und gibt man nicht die richtigen Antworten, wird sehr schnell klar, dass sie jedes Wort verstehen und einfach nur stur sind. Beliebtes Lockmittel ist, zu sagen:"Pay what you like."(Zahle was du moechtest). Am Ende wird dann so gut wie immer lange diskutiert, um doch einen ueberhoehten Preis herauszuschlagen. Vereinbart man vorher einen Preis, wird unterwegs die Verhandlung erneut aufgenommen, weil man angeblich ein falsches Ziel angegeben hat, oder man tut so, als habe man den Zielort nicht richtig verstanden. Zahlt man dann den vereinbarten Preis, wird das Geld schon mal veraechtlich zurueckgegeben, oder vor die Brust gedrueckt, mit einem angewiderten Gesichtsausdruck dazu. Wir haben uns angewoehnt, das Geld einfach anzunehmen und zu gehen, weil die Fahrer dann sogleich angelaufen kommen, um das Geld dann doch annehmen zu wollen.

Die Ladenbesitzer sind nicht minder laestig, weil sie sich oft ebenfalls in den Weg stellen und man um sie herum laufen muss. "Welcome! You know how much?"(Sie wissen wieviel?) heisst es da, wenn man diesen Spiessrutenlauf hinter sich bringt.

Fast taeglich sehen wir Streitereien wegen Geld und es gibt Handgreiflichkeiten genug. Der bei uns uebliche Schlag, die Ohrfeige, wird hier als seitlicher Nackenschlag gegeben.

Mit amerikanischem Geld und Know-How, wurde hier ein kleines Mumienmuseum gebaut. Hinter Glas, uebersichtlich geordnet und gut erlaeutert, werden wenige, ausgesuchte Tiermumien gezeigt. Der Glaube an das lebendige Jenseits, in dem man einen weitgehend erhaltenen Koerper benoetigte, um wiederzuerstehen, fuehrte auch zur Perfektionierung der Opfergabenmumifizierung. Jeder Gottheit entsprach ein, als heilig verehrtes, Tier. Hier im Museum wird erlaeutert, warum und wie diese Mumien gemacht wurden: Voegel, Krokodile und Fische, die wie perfekt erhaltene Fossilien aussehen. Der Goettin Hathor geweihte Stiere wurden zu tausenden mumifiziert und z.B. im Serapeum in Saqara in riesigen Granitsaergen beigesetzt.

Ich glaube nicht an ein Leben in einem Jenseits, aber trotzdem habe ich dieses bedrueckende, etwas traurige, scheue Gefuehl im Angesicht eines Toten, sei er auch so alt, wie die Mumie, die hier vor uns liegt. Hinter Glas, klimatisiert, in seinem Holzsarg, liegt da die Leiche eines hohen Getreuen des Koenigs. Sein Name war Maserhati (erst las ich Maserati) und er war offensichtlich aus dem Sueden: tiefbraun die Haut, grosse Lippen und eine breite Nase. Es ist ein Toter, der zur Schau gestellt wird, was auch immer wir als Begruendung anfuehren. Wir haben ihn nicht gefragt, ob er sich seine ewige Ruhe so vorgestellt hat.

Seitdem in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts der erste Film mit Boris Karloff als wiedererweckte Mumie gedreht wurde, haftet den menschlichen Mumien umso mehr etwas Schauriges an. Vielleicht ist das Ergebnis unseres Erschauerns darueber, wie es moeglich sein kann, dass sich diese Koerper derart gut ueber Jahrtausende erhalten koennen und auch wir, wider besseren Wissens, durch die Praesens der Mumie, an Magie und Untote ein kleines bisschen glauben moegen.

Anhand eines seitlich geoeffneten, halben Schaedels wird gezeigt, wie dieser praepariert wurde. Man glaubte, dass der Verstand im Herzen saesse und mass dem Gehirn keinerlei Bedeutung bei. Es wurde durch die Nase hindurch zerstoert und der entstandene Hohlraum mit harzgetraenkten Tuechern teilweise verfuellt.

In vier Kruegen wurden die Organe, wie die Leber, die Lungen und die Verdauungsorgane separat mumifiziert, die Nieren waren bei der seitlichen Oeffnung des Koerpers schlecht erreichbar und verblieben darin, ebenso das Herz. Soweit zum klinischen Teil.

In der Dunkelheit sehen wir uns nochmals den schoen beleuchteten Tempel an- mit der alten Eintrittskarte, dass "erklaeren" wir den Waertern am Eingang im aegyptischen Stil und schwai-schwai. Im Altertum flackerten hier hunderte von Fackeln, was sicher ebenso, wenn nicht beeindruckender war.

Als wir zur Jugendherberge zurueckkommen, wartet dort ein hungrig-schreiendes Etwas auf uns, einaeugig und, ehrlich gesagt, ziemlich haesslich anzuschauen. Es wird Zeit, die Koerperpflege, entgegen allem Widerstand, fortzusetzen.

geschrieben am 10.9. in Luxor


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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