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Reisetagebuch

9/7/2003   Aegypten / Luxor

Karnak

Besuch des grossen Tempelareals

(Harald und Renata) Heute steht die Besichtigung des groesseren Teils der Tempelanlage von Theben auf dem Programm.

Das mehrere Quadratkilometer grosse Terrain muss in antiken Zeiten atemberaubend gewesen sein: Ein Tempel reihte sich an den anderen, Sphingen saeumten die Alleen, riesige Obeliske ragten gleich gigantischen Steinnadeln in den Himmel, turmhohe Portale, sog. Pylone trennten die Bereiche und die groessten Saeulenhallen ihrer Zeit floessten den Menschen ebenso Respekt ein, wie die kolossalen Statuen der Goetter und Gott-Pharaonen.

Um die Zeremonien durchzufuehren, bei denen Goetterstatuen ueber den Nil von Luxor nach Karnak transportiert wurden, hatte man einen Stichkanal zum Tempel angelegt, der heute nicht mehr erhalten ist. Aber die Allee der Widdersphingen, die Luxor und Karnak ueber 3 km miteinander verband, steht teilweise noch. Nach meiner Schaetzung muessen es mehr als 1000 (!) Statuen gewesen sein, die den Gott Amun verkoerperten.

Hinter dem rechten Eingangspylon liegt ein etwa 10 Meter hoher Haufen aus Lehmziegeln, der vor ca. 2000 Jahren als Baugeruest fuer die ueber 43 Meter hohen Pylone diente, die aber nie fertig wurden. Hier stehen wir in einem grossen Hof, die Schatten sind noch lang, die Luft so frueh morgens noch kuehl. Aber schon draengen sich Busladungen von Touristengruppen an uns vorbei. Alle Sprachen der Welt scheinen hier zu erklingen, dem Ort etwas von seiner Bedeutung wiederzugeben, die er bis vor ca. 1700 Jahren hatte, bevor die Christen hier Quartier bezogen und dabei viele Reliefs und Statuen zerstoerten.

Ein kleiner Tempel war Amun, seiner Frau Mut und deren Sohn Chons gewidmet. In den drei kleinen Raeumen wurden die Heiligtuemer aufbewahrt und verehrt, die man z.B zum Opetfest feierlich hervorholte.

Ramses III baute einen eigenen Tempel, in dessen hinterster Kammer wir im Dunkeln mehrere Fledermaeuse sehen. Sie umflattern uns voellig geraeschlos (da ohne Federn). Ein kleiner Schacht in der Decke laesst einen Sonnenstrahl herein, dessen Widerschein alles in ein magisches Licht taucht. Renata faengt das Zeichen des Gottes Re mit ihrem Hut ein und die Kammer wird erleuchtet, als habe jemand das Licht angeknipst.

Ramses III war einer der "tuechtigen" Pharaonen, weil er mehrere Kriege fuehrte und richtig viele fremde Menschen toeten liess, sowie die eigenen Bevoelkerung dabei dezimierte. Das machte schon immer Killer zu "Eroberern" und verlieh ihnen den Beinamen "Der Grosse". Wieviel angenehmer muss die Regierungszeit der vielgeschmaehten Pharaonin Hatschepsut gewesen sein, in deren 20 Regierungsjahren das Land friedlich gedeihen konnte. Die Pharonin verehrte Amun auf ihre Weise, indem sie zwei riesige Obeliske aufstellen liess. In Assuan wurden die beiden Bloecke aus Granit geschlagen, ein Stueck Stein von 300 Tonnen (!), ca. 30 m hoch und ueber etwa 250 km flussabwaerts geschifft. In sage und schreibe nur 7 Monaten waren die beiden Monolithen fertig aufgestellt. Als einer der beiden kleineren Nachbarsteine im 19. Jahrhundert nach Europa verschifft wurde, brauchte man allein fuer den Transport anderthalb Jahre.

Wie alle Waende, Decken, Mauern so waren auch die Granitobeliske bemalt. Wie es moeglich war, den fuer Farben kaum aufnahmefaehigen Quarzit ueberhaupt zu bemalen und wie es moeglich ist, dass sich bei diesem Sonnenschein die Farben z.T. bis heute erhalten haben, ist mir ein Raetsel. Die Spitzen waren vergoldet- das muss ein Anblick gewsen sein, wenn diese hohen Nadeln in der Morgensonne weithin leuchteten!

Die groessten Obeliske stellte natuerlich wieder mal Ramses II auf - ueber 32 m hoch. Einer der Steine blieb erhalten und wurde von Kaiser Constantine 306-337 n.C.) nach Konstantinopel (heute Istanbul) verschifft, aber nach Rom umgeleitet. Dort stand er im Circus Maximus, dem Forum Romanum, bis er 1588 auf Anordnung des Papstes vor der Kirche St.Giovanni Lateran aufgestellt wurde.

Die Tempelanlage war nicht nur Pilgerort, sondern auch Treffpunkt fuer auslaendische Delegationen, die somit tief beeindruckt wurden. Viele tausend Statuen wurden hier als Opfer und Huldigung an die Koenige aufgestellt und irgendwann platzten die Tempel aus allen Naehten. Dann hob man kurzerhand tiefe Gruben in den Hoefen aus und schmiss alles hinein und plasterte es zu. Die Opfergaben waren ja noch immer im heiligen Bezirk! Und so konnte man in den letzten Jahrzehnten tausende dieser z.T. gut erhaltenen Statuen bergen und schon 1902 fand man im Fundament des sog. Hofs der Cachette ueber 18000 Exemplare. Auch das Innere der Pylone erwies sich als wahre Fundgrube, den hier landeten hunderte von Steinen mit wichtigen Inschriften z.B. des "Ketzerkoenigs" Echnaton.

Im Gelaende gibt es einen heiligen See, wie in Abydos, auf dem feierliche Bootsfahrten stattfanden und einen alten Tempel von Tuthmosis III, der als Festhalle bezeichnet wird. Und er machte seinem Namen sicher alle Ehre, denn wir sehen wunderschoene Bemalungen, in diesen so herrlich harmonisierenden Erdfarben von Ocker, Sienna, Lapislazuli und Tuerkis. Diese Maler duerften mir getrost alle Waende meiner Wohnung bemalen, soviel Heiterkeit und Frische strahlen sie aus.

Hoehepunkt der Anlage von Karnak aber ist die Grosse Saeulenhalle. Ueber 5400 qm gross (da passten der Petersdom in Rom und die St.Pauls Cathedral in London zusammen hinein!), das Dach von 134 gewaltigen Saeulen getragen, die im Mittelgang 24 m hoch aufragen. Ca. 3300 Jahre ist das dem Gott Amun geweihte Gebaeude alt. Das Dach bestand aus laengs ueber die Saeulenkapitaele gelegten, dicken Steinbloecken, auf denen dann wiederum in Querrichtung kleinere und duennere Steine lagen. Somit lag das Innere des Tempels fast voellig im Dunkeln und muss, mitsamt den ueppigen Malereien und Reliefs einen geradezu erschlagenden Eindruck auf die Menschen seiner Zeit gemacht haben.

Auf den Saeulen haben sich fruehe Jaeger der verlorenen Schaetze verewigt, wie z.B. ein Mr. Gordon im Jahre 1804.

Liest man die Worte, die Besucher im 19. Jh. fuer dieses Weltwunder fanden, so ahnt man noch die Wirkung, die es in der Antike ausloeste. Heute eilen die Touristengruppen rasch und kaum beeindruckt zwischen den Saeulen umher- soetwas kann heute kaum noch romantische Ergriffenheit ausloesen.

Da wir beide Englisch, Russisch und Polnisch verstehen, hoeren wir auch, welchen widerspruechlichen Unsinn manche Guides ihren Gruppen erzaehlen. Besser, man informiert sich zuvor selbst, anstatt auf einen Selbstdarsteller zu hoeren. Die haben vielleicht manchmal Sprueche drauf...

Am Abend besuchen wir die Anlage ein zweites Mal, weil heute eine Lightshow mit deutschgesprochenem Text gezeigt wird.

In der Jugendherberge begruesst uns wieder dieses Mickymausquaeken eines getigerten Dreikaesehochs: Hunger! Mittlerweile sieht der kleine Kater etwas sauberer aus, hat einen runden Bauch und weil wir fleissig das Auge und die verpilzte Haut eincremen, hoffen wir auf baldige Genesung. Aber das linke Auge scheint unrettbar verloren- wodurch, bleibt Spekulation.

In der Nacht stechen uns wieder die Muecken. Die Biester sind hier sehr klein und es juckt viel staerker, als gewohnt. Sind das vielleicht schon Anopheles, die auch Malaria uebertragen koennen?

geschrieben am 13.9. in Luxor


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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