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Reisetagebuch

9/13/2003   Aegypten / Luxor

Carol-Ann

Was machen wir nur mit unserem Kater? Wieder spielt das Schicksal mit.

(Harald und Renata) Unsere Zimmernachbarin ist uns schnell ans Herz gewachsen. Sie ist so offensichtlich erleichtert, in unserem Schutz zu sein, dass sie kaum einen Schritt ohne uns machen moechte.

Wir arbeiten im Netcafe, zwischendurch fluechten wir von diesem klimatisierten Raum in den des Restaurants nebenan. Als wir wiederkommen, ist der Inhaber in der Moschee gegenueber zum Beten gegangen. Hat er Kunden in seinem fuenf qm grossen Laden, breitet er ein Stueck Zeitung hinter meinem Stuhl aus und verrichtet sein Gebet darauf.

Als ich die Moschee betreten will kommt ein ca. 12-jaehriger an mir vorbei und wirft mir auf Arabisch ein sehr schmutziges Schimpfwort zu, so nebenbei und selbstverstaendlich, als habe er mich gegruesst. Ich bin derart verbluefft, dass er das im Eingang der Moschee macht, dass ich kurz verharre, bevor ich hineingehe und ihm vor aller Augen eine Schlag auf den Hinterkopf verpasse. Dieses Land veraendert mich nach und nach, ich passe mich an. Aber es gefaellt mir ganz und garnicht.

Die Hustler sind so gut wie verstummt, gruessen mich heute mit "dangerous man" (gefaehrlicher Mann). Soll mir recht sein, Hauptsache, sie behandeln uns mit Respekt und belaestigen Renata nicht mehr.

In Kairo hat uns ein Hustler gesagt, dass in Aegypten ein Mann nur als solcher anerkannt wird, wenn er seine Frau gegen jede Belaestigung in Schutz nimmt. Eigentlich gilt das auch fuer Europa, aber hier stellt sich die Frage eben staendig und nicht ausnahmsweise.

Wir haben uns zwei neue, weisse "Pyjamas" gekauft, die Renata mit ultramarinblauem Pigment einfaerbt. Diese Farbe ist in Aegypten haeufig bei Gallabyas und Schals anzutreffen und sie gefaellt uns ausnehmend gut.

Morgen werden wir abreisen und auch Mi Kyong faehrt weiter nach Hurgada. Was aber sollen wir mit Katerchen machen? Seinen Hautpilz und sein Auge haben wir zweimal taeglich eingecremt, wir balgen mit ihm und geben ihm Nestwaerme, weil er noch in unseren Achselhoehlen nuckelt. Er kann kaum trinken und wuerde auf der Strasse binnen einer Woche sterben.

Wir ueberlegen, die Katze in einem Holzkaefig noch bis nach Assuan mitzunehmen und dort noch bis zur Abfahrt nach Abu Simbel zu pflegen, denn in seinem Stadium zaehlt jeder Tag. Aber in der Hitze, auf dem Rad, eingesperrt, wird das eine Qual.

Das Schicksal schickt uns Carol-Ann aus Chester, die hier mit ihrem aegyptischen Ehemann in Luxor lebt. Wir erzaehlen ihr von unserer "Notsituation" und nach einem Telefonat mit ihrem Mann sagt sie, sie naehme das Tierchen zu sich. Renata und ich sind so erleichtert und geruehrt, dass beide Frauen anfangen zu weinen. Was fuer ein schoener Augenblick.

Wir bringen Katerchen im Taxi zu Carol-Anns Onkel, einem Iren, der hier ebenfalls lebt. Er ist der Typ "ernuechterter Brummbaer mit Humor", ein Haudegen, dem keiner was vormacht. Seit Jahren lebt er in Luxor und was die Behandlung der Tiere hier angeht, ist er voller Zorn auf die maennliche Bevoelkerung. Und er sagt aus tiefem Herzen, es sei ja nicht schlimm, wenn man dumm sei, aber unertraeglich, wenn man es bleiben wolle. Ich haette mich mit dem Mann gerne noch ein paar Stunden unterhalten, um mehr zu verstehen, was hier in Aegypten mit der Bevoelkerung passierte, dass alles so verquer ist.

Am Abend fahren wir nochmals zu Carol-Anns neuer Wohnung, wo auch ihr Mann eintrifft. Katerchen hat einen fetten Bauch und einen winzigen Plueschhasen zum Ankuscheln und Carol-Ann kuesst ihn schon auf den Balg. Da machen wir uns keine Sorgen mehr.

Als wir Katerchen endgueltig das letzte Mal sehen (Carol-Ann hat ihn Ramses genannt), sitzt uns ein Kloss im Hals. Ist es nicht wunderlich, nach so kurzer Zeit so viel zu empfinden?

Ein letztes Mal baue ich meine komplizierte Mueckennetzkonstrution auf, die die kleinen Biester nicht hindert, mich ueberall da zu stechen, wo ich im Schlaf das Netz beruehre.

Morgen heisst es wieder Mal Abschied nehmen.

geschrieben am 16.9. in Idfu


 

 

 

 

 

 


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