9/17/2003 Aegypten / Daraw
Letzte Oase
Kurz vor Assuan
(Harald und Renata) Um 7 Uhr stehen unsere Gaeule gesattelt vor dem Hotel, vor dem noch ein Mitarbeiter auf einer Strohmatte auf dem Boden schlaeft. Wir ueberqueren erneut den Nil, der, eingefasst von gruenen Schilffeldern, still im Morgendunst vor uns liegt und fahren neben der Bahnstrecke Richtung Sueden. Am Polizeikontrollpunkt werden wir ohne Aufenthalt durchgewunken. Der Nil heisst auf arabisch "Bahr El Nil". Er ist hier breit und fliesst traege dahin, weisse Reiher fliegen darueber, manche sitzen auf dahintreibenden Pflanzeninseln, andere leisten den Kuehen Gesellschaft, weil sie beim Umherlaufen und Weiden allerlei Getier aufschrecken, dass die Reiher aufpicken. In einem Coffeeshop ist Fruehstueckspause. Hier haengt ein frisch geschlachtetes Lamm in der Sonne, nur mit einem Tuch umwickelt. Neben der Strasse liegen wieder Eselkadaver und in der Wueste sehen wir die schmucklosen Friedhoefe, deren Graeber oft nur ein aufgestellter, unbearbeiteter Stein markiert. Wir werden heute, auf der staerker befahrenen Nilseite, nicht mehr belaestigt. Dafuer erscheint mitten auf der Strecke die Polizei, ganz erstaunt, dass wir verbotenerweise ohne Begleitschutz hier herumradeln. Wie immer, werden wir nachhaltig aufgefordert, die Raeder auf den Wagen zu laden, was wir, ebenfalls wie ueblich, freundlich, aber bestimmt ablehnen. Als wir eine Teepause machen, kommt der einzige Soldat unseres Begleitschutzes an Renata vorbei und beleidigt sie uebelst, in der scheinbaren Gewissheit, dass wir das eh nicht verstehen. Die uns innewohnende Sittsamkeit, einen Fremden nicht absichtlich in der eigenen Sprache anzusprechen, die er nicht versteht, hat der Mann nicht. Ich bin sauer, dass ausgerechnet die Leute, die uns beschuetzen sollen, sich derart respektlos verhalten. Und der befehlshabende Polizeimajor kann sich auch nicht recht entschliessen, den Mann zu verwarnen. Aber wir haben uns auch so nicht der Illusion hingegeben, dass die Fremdenfeindlichkeit vor Militaer und Polizei halt machen wuerde. Hier gibt es fast kein Fruchtland beidseits des Flusses mehr. Dann kreuzen wir die Bahnlinie und erreichen die letzte Oase vor der Wueste, die uns nun bis Karthum, 1300 km im Sueden, nicht mehr aus ihrem Griff entlassen wird. Wir erreichen Kom Ombo, wo wir uebernachten wollen, aber das einzige, hiesige Hotel ist belegt. Vielleicht will man uns, angesichts der Polizei, aber auch nicht aufnehmen, um keine Probleme zu haben. Also essen wir in einem einfachen, namenlosen Restaurant gegenueber der Moschee reichlich und fahren weiter nach Daraw. Auf eine Besichtigung des hiesigen Tempels verzichten wir. Daraw (sprich Darau) ist fuer seinen Kamelmarkt bekannt. An Sonntagen sollen hier manchmal 2000 Kamele gehandelt werden, die auf dem Landweg vom Sudan kommen. Diese Land-Route ist jedoch fuer uns gesperrt und unbefahrbar. In Daraw checken wir im besseren von zwei Hotels ein, wundern uns aber, wie das schlechtere wohl aussehen mag, angesichts dessen, was uns hier geboten wird. Man kann nicht mal die Zahnbuerste aufs Becken legen, so schmutzig ist es. Deshalb stecke ich mir die Badutensilien einfach vorne in die Radlerhose. Aber das Hotel ist moskitofrei und wir schlafen mit Ohrstoepseln einigermassen, obwohl auch in diesem Ort wieder die halbe Nacht die Muezzine sprech-singen. Hier wird sogar die ganze Predigt ueber die Megaphone uebertragen. geschrieben am 20.9. in Assuan
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