9/18/2003 Aegypten / Assuan
Assuan
Ankunft in der Sackgassenstadt
(Harald und Renata) Das kleine Tal um Kom Ombo und Daraw ist die letzte gruene Insel vor der riesigen Wueste des Sudan. Der Nil macht seinem sprichwoertlichen Namen als malerischer Fluss wieder alle Ehre. Treibende Palmstaemme, deren dunkle Rippen nur ein wenig die Wasseroberflaeche durchbrechen, sehen aus, wie Krokodile. Aber die werden wir, wenn ueberhaupt, erst im Sudan sehen. Es sind nur etwa 45 km bis Assuan und schon am Mittag sind wir da. Und es wird uns leichter ums Herz, da wir wissen, dass die staendigen Belaestigungen auf den Landstrassen Aegyptens hiermit ein Ende haben. Wir checken in der Jugendherberge ein und leisten uns diesmal eine Aircondition in einem Dreibettzimmer. Hier wird kein Wind um die Tatsache gemacht, dass ein Mann und eine Frau in einem Zimmer schlafen, wie in Luxor. Hier wird genauso aggressiv gehustled, wie in Luxor. D.h., die Kellner, Ladenbedienungen stellen sich einem direkt in den Weg, mit Armen und Waren hindern sie den Touristen am Weiterkommen. Einem japanischen Ehepaar hat man statt auf 20 Pfund auf 10 herausgegeben. Und ueberall werden hoehere Preise verlangt, als in Aegypten sonst ueblich: Statt 50 Piaster fuer einen Tee hier 3 Pfund, d.h., dass Sechsfache. Statt ein Pfund fuer einen frischen Mangosaft, drei etc. Assuan ist eine Stadt mit zwei Gesichtern. Die Corniche, dass Flussufer, sowie die angrenzenden Bereiche und die Gegend suedlich des Bahnhofs sind touristisch. Geht man aber etwas bergauf, landet man nach 100 Metern in einem Gassengewirr ohne Asphalt, voller Lehmhaeuser. Am Ufer liegen dutzende der kastenfoermigen Schiffe, eines sieht aus wie das andere. Unterwegs haben wir noch uralte Dampfer gesehen, mit Holzrelings und -deck und dem Dekorationsstil eines laengst vergangenen Jahrhunderts. So mag man sich eine Bootsfahrt in der "guten, alten Zeit" vorstellen. Es gibt mehrere schmucke Kirchen der Kopten. Sie lesen ihre Lithurgien immer noch in Altaegyptisch, der Pharaonensprache, die aber ausser den Priestern, niemand mehr versteht. Die Kopten zaehlen ihr Jahr ab der Machtuebernahme des roemischen Kaisers Diokletian (284 n.C.), dessen Regierungszeit von grausamen Christenverfolgungen gepraegt war uund die die Kopten die "Aera der Maertyrer" nennen. Die Frauen der Christen sind im Strassenbild leicht zu erkennen, weil sie offenes Haar, Kleider, Schmuck und Farben tragen und die Maenner tragen keine Gallabyas. Assuan war schon vor tausenden von Jahren eine Front- und Garnissonsstadt. Hier liegt der erste Katarakt, also der erste Nilwasserfall und dies wurde meist als natuerliche Grenze Aegyptens verstanden. Und auch Rom akzeptierte dies als Grenze zum suedlich gelegenen Koenigreich Mero-e. Seit Kom Ombo sehen wir auch viele Nubier. Da sich die oberaegyptische Bevoelkerung sehr mit der nubischen vermischt hat, muss man schon genauer hinsehen, um sie zu erkennen. Wir haben Aegypten nun vom Delta bis hierher durchreist, ein Land, dreimal so gross wie Deutschland, aber mit "nur" 65 Millionen Menschen. Man bedenke aber dabei, dass die Bevoelkerung auf nur 3,5 % der Landflaeche des Staates lebt. Seit dem Sturz der Monarchie am 23.7.1952 durch Gamal Abd en-Nasser und die sog. "Freien Offiziere", gab es nur drei Praesidenten. Der zweite, Anwar El-Sadat, wurde ermordet, und auch auf Hosni Mubarak, seit Oktober 1981 an der Macht, wurde 1995 ein Anschlag veruebt. Weil der Sudan hinter dem Attentat vermutet wurde, distanzierten sich alle angrenzenden Staaten vom Sudan. Wenn man die Verehrung in der Tuerkei fuer den Staatengruender Attatuerk gesehen hat, oder in Syrien fuer die drei Assads, so erkennt man schnell, dass es solch eine Unterstuetzung und Anhaengerschaft fuer Mubarak nicht gibt. Kein Laden, kein Frisiersalon, keine Werkstatt wird von seinem Bild geschmueckt. Nur die oeffentlichen Gebaeude und Plaetze und staatlichen Betriebe ziert sein Konterfei. Wir haben in Assuan viel zu tun, bevor wir am uebernaechsten Montag die Faehre nach Wadi Halfa nehmen. Dieses Schiff faehrt nur einmal woechentlich und wir muessen unsere Visas verlaengern lassen, die raeder auf Vordermann bringen, Eintraege schreiben, Fotos uebermitteln und CDs brennen usw. geschrieben am 22.9. in Assuan
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