9/25/2003 Aegypten / Abu Simbel
Krokodile!
Ein lebendes Krokodil in unseren Haenden / wir schaffen es bis Abu Simbel
(Harald und Renata) Am Morgen liegt der Wachhund friedlich neben uns und als wir ihn ansprechen, leckt er sich freundlich die Lefzen. Wie kann man diese Freunde der Menschen nur so treten, dass ihnen die Knochen brechen, wie wir das dutzendfach in Aegypten gesehen haben? Wir brechen um 5.30 Uhr auf. Es ist dunkel und kuehl. Wir sind guter Dinge, die Polizisten machen Scherze, singen ueber die Lautsprecher aegyptische Lieder, schalten auch mal die Sirene ein, eine nette, junge Truppe. Besonders Mohammed und ich moegen uns auf Anhieb. Er isst taeglich 20 rohe Eier, sagt er, um Muskeln zuzulegen, obwohl er schon genug hat. Davon, dass das wegen der dadurch steigenden Blutfettwerte problematisch ist, hat er noch nie gehoert. Leider hat der voellig uebermuedete Mohammed, der bis 2 Uhr nachts ferngesehen hat (Actionfilme aus Amerika und Hongkong sind in Aegypten der Renner), seine Schuhe im Resthouse vergessen und das Auto kehrt um, um sie zu holen. Renata faehrt mit, weil Atef, einer der Polizisten, gerne mal mit ihrem Rad fahren moechte. Und er tritt maechtig rein, dass ich Muehe habe, mitzuhalten. Die Konvois der Touristenbusse rasen an uns vorbei. Obwohl hier nur 80 km/h erlaubt sind und die Polizei mitfaehrt, wird gebrettert, was die abgefahrenen Reifen hergeben. Nicht die Terroristen sind hier gefaehrlich fuer uns (die haben auf Druck der oeffentlichen Meinung die Gewalt eingestellt und nicht, weil die Polizei ueberall praesent ist), sondern diese Raser. Im Sand neben der Strasse liegen die grossen Leiber von fuenf toten Stoerchen. Dann fliegt ein kleiner Schwarm von braunen Fasanen auf, ueber die kleinen Sandhuegel kurven Schwalben und immer umschwirren uns Libellen, die den Myriaden von Fliegen zu Leibe ruecken. Ihre Eier legen sie im Lake Nasser, dessen Buchten hier mal 5, mal 50 km entfernt sind. Nach einer halben Stunde taucht das Polizeiauto wieder hinter uns auf. Renata macht ueber das Megaphone Scherze, die in der Wueste ausser uns keiner hoert (Im singing in the rain...). Eine Pause verbringen wir in einem Restaurant, dass von einem Christen gefuehrt wird, der leidlich Deutsch spricht. Die Preise sind gesalzen, aber was koennen wir hier schon waehlen? Lustig wirds, als der Inhaber Renata sagt, er habe ein Plastikkrokodil, dass sich mittels Batterie bewegen lasse. Und er haelt das glaenzende Ding in der Hand und Renata schaut irritiert, wie echt sich das etwa unterarmlange Ding langsam bewegt, das sie anfassen soll. Schliesslich wird ihr klar, das es echt ist, lebt. Mit zwei weiteren Leidensgenossen fristet es sein Leben in einem dunklen, kleinen Wassertank unter dem Sandwichstand, zur Belustigung der Touristen. Es wurde im Lake Nasser gefangen und ist somit das erste, lebende Krokodil unserer Reise- ausgerechnet in der Wueste halte ich es in den Haenden. Es fuehlt sich kuehl und wie feuchtes Leder an und in seinem Maul leuchtet eine organgefarbene Zunge, die den Schlund verschliesst, wie ein Deckel. Weil ihm die Sonne fehlt, faulen ihm die Zehen und Teile des Maules ab. Neben der Strasse liegt ein Minivan im Sand. Offensichtlich hat er sich ueberschlagen, liegt auf dem Dach, schon ist ein Mann dabei, dass Wrack auszuschlachten. Der Wagen gehoert einer Reiseagentur und der begleitende Guide ist ums Leben gekommen, der Fahrer, angeblich eingeschlafen, und zwei Touristen wurden z.T. schwer verletzt. Wir erreichen nach etwa 90 km Toschka, eine Siedlung an der Abbiegung nach Abu Simbel. Wie ein Schild sagt, geht es geradeaus nach Halfa und von dort kommt auch ein Auto gefahren, obwohl die Strasse doch gesperrt sein soll. Hier wurden einige Quadratkilometer begruent, ein Joint-Venture-Projekt mit einem saudischen Prinzen. Und ein grosser Kanal wurde zum Stausee angelegt. An der hiesigen Tankstelle mit Rasthaus verbringen wir die Mittagspause. Essen, trinken und ein wenig schlafen. Draussen, im Schatten eines Wassertanks lege ich mich auf eine Reisstrohmatte und mache ein Nickerchen. Um 17 fahre ich mit Mohammed zum Abzweig und wir befragen die wachhabenden Soldaten, ob diese Strasse nach Halfa offen ist. Ja, sie sei offen, aber wegen des Grenzuebertritts sollen wir mit dem General in Abu Simbel sprechen. Das klingt doch gut! Dann brechen wir auf. Vor uns liegen noch etwa 50 km, aber der Wind steht gut und die Strecke hat insgesamt etwa 100 m Gefaelle. Wir kommen super voran, die Sonne geht unter, es wird kuehler. Dann wird es dunkel und wir muessen jetzt kaempfen, denn die Beine werden schwer und die vier Buchstaben schmerzen. Abu Simbel verdankt seine Existenz dem Tempel, ist in den letzten 35 Jahren entstanden. Eine auf den Touristenstrom ausgerichtete Stadt, sauber, asphaltiert, begruent wie Qena. Zum Vorzeigen halt. Wir kommen in einem Mittelklassehotel unter. Ich draenge Mohammed, mit mir den General zu suchen, der uns die Erlaubnis geben kann, auf dem Landweg in den Sudan zu reisen. Aber wir landen nur bei der Touristenpolizei, wo ich einen alten Bekannten treffe: Der Offizier aus Gizeh, der uns von den Pyramiden in der Nacht verscheucht hat, wurde hierher versetzt. Nach 2 Monaten und 1200 km treffen wir ihn hier wieder. Aber man macht uns klar, dass es keine Sondererlaubnis gebe, auch keinen General in Abu Simbel und man auch keinen (legalen) Bootstransfer nach Halfa von hier bekaeme. Tja, das wars dann wohl. In der Nacht spanne ich, nach fuenf Stichen, das Netz auf. Gibt es hier nicht schon Malaria? Wir muessen jetzt mit der Prophylaxe beginnen! Wir haben es wirklich geschafft: 290 km in zwei, statt drei Tagen ist unser neuer Streckenrekord. geschrieben am 27.9. in Assuan
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