9/26/2003 Aegypten / Assuan
Sie fahren jetzt sofort, oder erst morgen, klar?
Die Tempel von Abu Simbel / Rueckfahrt nach Assuan
(Harald und Renata) Als wir am Morgen das Hotel verlassen wollen, wartet schon ein Polizist auf uns. Hier, an einem Ort voll von tausenden Touristen, erscheint uns das uebertrieben, vorallem angesichts der Tatsache, dass die Polizei dort, wo wir sie brauchten, z.B. vor Idfu, nicht bei uns war. Jedenfalls laesst er uns nicht aus den Augen, sitzt beim Fruehstueck am zentralen Platz des kleinen Ortes am Nebentisch und raucht Schischa. Zwei junge Belgier setzen sich zu zu uns, die mit ihrem Wagen auch auf dem Landweg in den Sudan reisen wollten. Aber auch sie haben die Fluegel gestreckt, aufgegeben, sich durchzufragen. Wir tauschen Informationen aus und verabreden uns in Assuan. Geoffroy und Loic, haben das jetzige Internationale "Jahr fuer frisches Wasser" genutzt und eine Weltreise unter diesem Motto gestartet(www.hydrotour.org) Dann kommt ein Major der Touristenpolizei an den Tisch, der sehr bestimmt erklaert, wir muessten uns in einen der Busse seines Konvois setzen, jetzt sofort, oder koennten erst morgen zurueckfahren. Wir sind nicht beunruhigt, wissen, dass das nicht stimmen kann, weil es mehrere Busse taeglich gibt. Der Mann gibt nicht auf, wiederholt seine Anordnung, aber wir bleiben sitzen und sagen ihm, dass wir sicher nicht zurueckfahren, ohne den weltberuehmten Tempel gesehen zu haben. So faehrt der Konvoi ohne uns ab. Als wir bezahlen, laesst der Polizist am Nebentisch den Kellner uns fragen, ob wir seine Schischa bezahlen. Tja, welcome to Egypt! Das ganze Lokal voller Leute und alle hoeren zu und er schaemt sich nicht, uns zu fragen, ob wir fuer ihn zahlen. Ne mein Lieber, so nicht. Wir fahren die 500 Meter zum Tempel und wieder werden wir von einem Motorradfahrer eskortiert, einfach laecherlich dieses Schauspiel, fuer die Touristen gemacht: Seht her, wie wir auf euch aufpassen! Wenn die Radikalen Touristen toeten wollten, wuerden sie es tun und all diese ganze Polizei waere hilflos. Ein Kleinbus voller Sprengstoff neben einem Bus, eine Feluka neben einem Schiff, eine Koerperbombe in der Schlange- wie in Israel, wuerde nichts und niemand das verhindern. Das erste, was wir von den Tempeln sehen, sind die Rueckseiten. Die ganze Anlage ist hier wiedererstanden, denn auch dieser Tempel lag unter dem heutigen Wasserstand des Stausees und musste versetzt werden. Von 1964 bis 1968 wurde er in tausend bis zu 30 Tonnen schwere Bloecke zersaegt und 64 Meter hoeher wieder aufgestellt. Weil hier keine entsprechenden Felsformationen vorhanden waren, wurde ein kuenstlicher Bergruecken geschaffen. Seiner natuerlichen Umgebung beraubt, verliert die Anlage viel von ihrer Wuerde, ihrer Erhabenheit. Die alten Fotos zeigen, wie wunderbar eingebunden Ramses II seinen und den Tempel seiner Frau Nefertari erbauen liess. Mit diesem Umfeld hier vor uns, deutlich erkennbar zersaegte, flache Steinplatten auf Stahlbeton geklebt, sieht das Ganze irgendwie wie Disneyland aus, nachgemacht. Man hat sogar den, wahrscheinlich bei einem Erdbeben abgebrochenen, Kopf einer der 20 Meter hohen Figuren wieder vor die Fuesse der Statue gelegt. Aber beeindruckend sind die sitzenden Kolosse, die von Graffitis frueher Touristen uebersaet sind, wie keine andere antike Staette Aegyptens: Von 1804 an verewigten sich mit tiefen Gravuren Englaender, Franzosen, Deutsche usw. Der kuenstliche Eindruck verschwindet erst im Inneren. Hier haben keine Christen die Reliefs zerstoert, Amun-Min hat noch seinen Penis und der Pharao erschlaegt mit heilem Gesicht seine Feinde in der vielzitierten Schlacht von Kadesch. Die Darstellungen zeigen gefangene Hetither, die durch Stockhiebe zum Verrat gezwungen werden, die Stadt Kadesch, den Pharao, wie er mit dem Bogen die fliehenden Feinde jagt. In Aegypten pflegt man die Darstellung, Ramses habe die Schlacht gewonnen. Hetithische Berichte bezeugen jedoch, dass die Truppen Ramses in einen Hinterhalt gerieten und panikartig flohen. Schliesslich einigte man sich auf einen Friedensvertrag, den ersten weltweit, der ueberliefert ist. An anderer Stelle erschlaegt Ramses Libyer, Syrer, Nubier u.a. Die Fassade des kleineren Nefertari-Tempels zeigt Ramses und seine Lieblingsfrau, wie sie gemeinsam aus Steinpylonen hervortreten. Im Inneren wurde der Kuh-Goettin Hathor gehuldigt. Wir kehren zurueck zum Markt, essen (wobei man uns wieder mit dem Wechselgeld zu betruegen versucht-Gott, wie ich das leid bin!) und wollen Tickets fuer den naechsten Bus kaufen. Aber der Ticketverkaeufer ignoriert uns erstmal. Wir sehen in Ruhe zu, dass alle 12 Pfund bezahlen. Als wir nachfragen, heisst es: 30 Pfund mit Rad! Ich koennte den Kerl...Unser Begleiterpolizist versucht den Widerling auf einen annehmbaren Preis herunterzuhandeln. Vergeblich. Wir bieten 35 Pfund, er lehnt ab. Mir reicht es schlichtweg, denn der Bus droht ohne uns abzufahren. Ich haue dem Kerl auf seinen kleinen Holztisch das es kracht, dann schiebe ich ihm den Tisch auf den Bauch und schreie ihm ins Gesicht, er solle uns jetzt sofort die Tickets geben, weil ich ihm sonst... o.k., sagt er und rueckt dieselben raus. Na also, geht doch! Mittlerweile ist die Touristenpolizei angerueckt und der Offizier bestaetigt uns, dass wir betrogen werden sollten. Aber dem Mann passiert nichts und so wird er es immer wieder tun. Was fuer ein mieses System. Als wir auf einem der Nilkreuzer einem deutschen Ehepaar (Sandra und Richard aus Groebenzell) einen Grossteil der Dinge mitgeben koennen, die nach Deutschland zurueck muessen, erzaehlen sie uns, dass man ihnen dort 600(!) Pfund (statt 15) fuer die gleiche Busfahrt abknoepft. Der Flug nach Abu Simbel mit anderthalb Stunden Besichtigungszeit, der fuer Aegypter 120 Pfund kostet, wurde ihnen mit 1300 Pfund berechnet- eine regelrechte Abzocke mit der Unwissenheit der Gaeste des Landes. Und die Guides auf den Schiffen spielen sich noch als die wahren Vertauenspersonen auf. Da werden dann Zwangskollekten fuer enorme Trinkgelder von 110 Pfund pro Gast veranstaltet, u.a. angeblich fuer die Fahrer der Kutschen draussen- eine faustdicke Luege, denn das Geld kommt dort nie an. Zaehlt man diese Gelder zusammen und teilt sie durch die Zahl der Mitarbeiter, so wuerden sie, zahlte man das Geld tatsaechlich an sie aus, ein Mehrfaches ihres Monatsverdienstes nur durch Trinkgelder verdienen. Den Grossteil des Geldes steckt sich der Veranstalter selber ein. Nach 4 Stunden Busfahrt sind wir zurueck in Assuan und beziehen Quartier. geschrieben am 27.9. in Assuan
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