9/28/2003 Aegypten / Assuan
Nubien in Aegypten
Fahrstuhl des Grauens / Besuch des Nubischen Museums
(Harald und Renata) Ich schaue mir die grosse Kathedrale der Kopten an, die hoch ueber dem Katarakt auf den Granitfelsen thront. Zwei schlichte Glockentuerme, schneeweisse Mauern innen und aussen, gelbe und blaue Glasfenster, ruhig, hell. Die Christen sind erholsam freundlich, ungezwungen im Umgang. Dann suche ich einen guten Ausguck auf Assuan und den Nil und nach langem Suchen schummel ich mich ins New Cataract Hotel, fahre in den 8. Stock, steige aufs Dach, auf eine Leiter und dann liegt ein schoener Ausblick vor mir: Ringsum die Stadt, begernzt durch die Wueste, durchsetzt mit drei Kirchen und zahlreichen Moscheen, im dunkelblauen Nil die Insel Elephantine, auf der die antike Hauptstadt lag, auf dem Wasser Feluken mit weissen Segeln, kleine, tuckernde Motorboote, im Strom die runden Granitfelsen, kleinere, gruene Inseln auch, auf dem anderen Ufer, hoch ueber dem Ufer, das Mausoleum des Aga Khan und in den Bergflanken die Hoehlengraeber. Leider bleibe ich im Aufzug stecken. Das ist mir noch nie passiert und waere nichts fuer klaustrophobische Gemueter. Ich rufe in der Rezeption an, einmal, zweimal, dreimal. Es dauert, man macht sich so seine Gedanken... Nach einer Viertelstunde bin ich frei und gehe lieber zu Fuss hinunter. Dann besuche ich das nubische Museum. Von den etwa 100000 Nubiern, die im Gebiet der heutigen Staudaemme lebten, wurden etwa 50000 in Kom Ombo angesiedelt. Auch hier in Assuan trifft man sie oft an. Die Nubier haben eine eigene Kultur, auch wenn nubische Soldaten mit den Pharaonen kaempften, sogar ganze Dynastien von Koenigen stellten. Sie haben eine eigene Musik, Taenze, Architektur, Schmuck, Farben, Traditionen, die sich von den aegyptischen gaenzlich unterscheidet. Hier hat man dem Untergang der vielen Denkmaeler, Grabstaetten, Kirchen, Doerfern ein Museum gewidmet. Aus hellem Sandstein, ein gewunden-runder Bau, schoen angelegt, begruent, eine Augenweide. Im Inneren ein Halbdunkel, Kuehle, Ruhe, Uebersichtlichkeit. Mumien eines Widders, bemalte und mit Gold beschlagene menschliche Mumien aus den Graebern des Gebietes im Lake Nasser. Mich schaut das baertige, goldene Gesicht des Priesters Wennefer an. Karten erklaeren, in welchen Zeitraeumen sich die verschiedenen Kulturen, vorallem auf dem Gebiet des heutigen Sudans, zeitlich und raeumlich verteilten. Schon im Paleolithikum, also vor mehr als 8000 Jahren, lebten hier Menschen, die Steinritzungen, Faustkeile, Knochengeraete hinterliessen. Die Steinfunde aus dem Mesolithikum (ca. 7000 Jahre alt) wuerde ich nicht mal als menschgemacht erkennen, wenn ich sie in der Hand hielte. Auffallend ein Kamm, geschmueckt mit einer Giraffe und ihrem Jungen. Da herrschten schon die ersten Pharaonen (vor ca. 5200 Jahren). Bronze und Kupfer wurde verwendet und als Spiegel diente ein glaenzender Mica-Stein, ein sehr leichtes Mineral. Der Schaedel eines Mannes aus dieser Zeit, weist eine tiefe Verletzung auf, die jedoch verheilt ist. Er hat demnach weitergelebt. Gehirnoperationen sind aus dieser Zeit vor 7000 Jahren (Neolithikum) bekannt! Gebohrte Strausseneier dienten als Gefaesse. Eine zeitgenoessische Darstellung zeigt, wie die riesigen Statuen transportiert wurden. Holzfiguren nubischer Soldaten beweisen die Verbundenheit dieses Stammes mit den Alten Aegyptern. Es gibt einmalig schoene Stauen aus schwarzem Granit und gebaenderten Steinen zu sehen. Die Gesten der Dargestellten fuer Freundlichkeit und Respekt sind die gleichen, wie heute in Aegypten: Eine Hand liegt auf dem Herzen. Schwarze, negroide Pharaonenstauen zeigen, dass nubische Koenige fuenf Jahrhunderte in Aegypten herrschten. Z.B. Taharka, dem wir in Luxor begegnet sind ("Hi Taharqa, altes Haus, na, alles im gruenen Bereich..."). Auch die amerikanischen Foerderer dieses Museums scheuen sich nicht, die Statue der Goettin Isis, die ihren Sohn Horus auf dem Schoss haelt und saeugt, mit den Marienbildern in Zusammenhang zu bringen. Verblueffend ist es allemal. Uns verblueffen einmal mehr die lebensechten Statuen von Menschen, Pavianen u.ae. Da liegen Spiegel aus Bronze, Kupfer, Schmuck, den Renata sofort tragen wuerde, wie sie sagt. Bunt, geschmackvoll arrangierte Kostbarkeiten. Ein Wuerfel- und eine Art Backgammonspiel aus Elfenbein und schwarzem Holz, ca.1500 Jahre alt. Verblueffend auch die Aehnlichkeit der meroetischen Schriftzeichen mit den unsrigen heute. Das Koenigreich Meroe lag im Sudan und bildete die Suedgrenze des roemischen Reiches in Afrika. Geradezu erschreckend echt sind die Figuren, die das Leben der Nubier auf dem Gebiet des heutigen Lake Nassers zeigen. Dabei sehr liebevoll gekleidet, schoen auch die Lehmhaeuser mit bunten Bemalungen. Wir moechten noch laenger bleiben, aber im Netcafe erwartet uns ein Anruf aus Deutschland. Die Westdeutsche Zeitung, die unsere Reise mit Artikeln begleitet, moechte unsere geplante Spendenaktion unterstuetzen. Mehr dazu am 29.9. geschrieben am 28.9. in Assuan
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