Home Page english version deutsche Version

  Worum es geht...
  Highlights der Reise
  Ueber Harald Radtke
  Zeitungsartikel

  Tagebuch (952 Eintr.)
  Lesermeinungen
  Leseproben
  Reiseroute
  News Archiv

  Pamphlet zur Faulheit

  Laenderinformationen
  Literatur

  Kontaktformular
  Mediainfo/Fotos
  Impressum


Reisetagebuch

10/12/2003   Sudan / Salle

Marx Brother unter Palmen

10000 km

(Harald und Renata) Morgengrauen zwitschern die Spatzen auf der Waescheleine, die sich schraeg ueber unseren zwei Metalliegen spannt und schicken uns drei kleine weiss-braune Morgengruesse auf die Schlafsaecke. Einer der Herren der Bande hat sich angewoehnt, auf dem Gitter vor dem Zimmerfenster zu sitzen und trinkt aus der von uns fuer ihn bereitgestellten Plastikkanne im Rahmen. Neugierig verfolgt er, wie wir dann unsere Schlafsaecke auf die Leine haengen und die aus Zelt und Waeschestuecken gebastelten Kopfkissen zum Trocknen ausbreiten.

An dem Getier in der Dusche stoeren wir uns nicht und neben dem Abortloch zu duschen, erschuettert uns auch nicht mehr. Hauptsache kaltes Wasser von oben.

Wir fruehstuecken vor dem Hotel, an der Strasse, auf der ab 7.30 Uhr langsam und stetig Geschaeftigkeit ausbricht. Da tuckern die schwarzen Dreiradtaxis vorbei, teils mit Antennen, Wimpeln, zusaetzlichen Lampen und allerlei sonstigem Tand liebevoll wie rollende Wohnzimmer ausgestattet und auf Hochglanz poliert. Dazwischen die vielen Esel, vor Karren gespannt und als Reittiere benutzt, beginnen sie manchmal, ohne uns erkenntlichen Grund, zu wiehern, und immer bedauert man sie dann, weil es so jaemmerlich, traurig, wie ein Anklage- oder Hilfeschrei klingt, obwohl es in der Eselsprache auch ein Jauchzer sein koennte.

Wir haben alles gepackt und die Raeder stehen fahrbereit neben uns, als wir einen letzten Tee a la dongolaise geniessen, diese heisse Schafsmilch mit etwas Tee und zuviel Zucker.

Dann lassen wir uns nochmals versichern, dass wir nur der Teerstrasse folgen muessen, um die Hauptstrasse nach Sueden zu erreichen. Aber das war ein Fehler, wir haetten besser nicht gefragt, denn nach einem Kilometer ist die Teerstrasse zu Ende und die Fortsetzung ist sandig, teils nur schiebend zu bewaeltigen. Wo, malefitznochmal, ist diese schoene Asphaltstrasse? Schliesslich schieben wir entschlossen nach rechts, denn der Nil liegt links von uns und rechts ist die Wueste, ergo muessen wir so die Strasse irgendwann kreuzen. Es dauert noch eine Weile, aber dann ist sie da, heiss ersehnt, schmal, ein schwarzes Band im gelben Sand.

Wir passieren den Flughafen und dann die Stelle, an der wir uns von der Jeeptruppe getrennt haben, es geht herrlich gut voran. Wie gross unser Erstaunen, als nach etwa 30 km die Strasse ploetzlich endet, sich nur noch eine gewalzte Erddecke vor uns befindet, dann folgt Kies, Sand, das Gerumpel, dass wir hinter uns glaubten setzt sich fort. Die Angaben ueber eine Teerstrasse bis Khartum waren also alle falsch. Thats Africa, folks!

Ab 10, 11 Uhr wird es heiss und das Wasser knapp, wir biegen ab ins naechste Dorf, Richtung Fluss. Schlechter kann die Strasse dort nicht sein, denken wir. Aber da haben wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn der Sand ist hier so tief, dass wir nur noch schieben koennen, Renata kommt sogar kaum noch vorwaerts. Es wird Zeit, die lange Mittagspause einzulegen, weshalb wir Wasser tanken und dann, auf der Ebene zwischen dem Dorf und den Feldern am Nil, unter einer Gruppe Faecherpalmen, Sonnenschutz finden und uns flaezen. Ein leichter Sandsturm kommt auf und besorgt schauen wir nach oben, auf die tot-braunen, schaukelnden, dornenbewehrten Palmwedel etwa 10 Meter ueber uns und die schweren Fruchtstauden, deren jede uns erschlagen koennte.

Uns bleibt noch viel Zeit, bis die Sonne tiefer steht, da kommt man auf dumme Gedanken und wir verfallen auf Spassfotos, mal so richtig rumalbern eben, a la Buster Keaton oder Marx Brothers. Wir hoffen, ihr habt am Ergebnis soviel Spass, wie wir beim Machen!

Am Abend sind wir froh, einen schoenen Zeltplatz jenseits der Nilfelder zu finden. Zwischen Dattelpalmen und Dornenbueschen ebnen wir ein Geviert und setzen uns zum Abendbrot auf einen umgestuerzten Palmenstamm. Im letzten Tageslicht sehe ich einen Schakal in Kari-Groesse 50 Meter vor uns durch das Gras laufen, ueber unseren Koepfen kreisen Fledermaeuse. Die letzten Bauern reiten auf ihren Eseln auf dem Weg nach Hause an unserem Zelt vorbei, gruessen, keiner behelligt uns. Ein Hund meint uns melden zu muessen, aber hier sind sie nicht so neurotisch, dies stundenlang zu tun.

Renata fragt mich, ob Krokodile vom Fluss kommen koennen. Wenn es hier ueberhaupt welche gibt, so werden sie klein und ungefaehrlich sein und nicht 200 Meter landeinwaerts kriechen. Wie die Aegypter, werden auch die Sudanesen alle fuer sie gefaehrlichen Tiere an den Flussufern ausgerottet haben. Fuer Krokodilhaeute werden ausserdem tausende von Dollar gezahlt, der Schwarzhandel blueht angeblich und wir glauben das auch, wenn man die vielen echten Lederschuhe sieht.

Und ueber uns ein sternenklarer Himmel, die Milchstrasse leuchtet wieder wie Schnee im Mondlicht, ein kuehler Wind vertreibt die Waerme aus dem Zelt und wir schlafen schnell und gut.

Irgendwo auf der heutigen Etappe ist die 10000-Km-Marke gefallen. Etwa die Haelfte der Gesamtstrecke ist somit bewaeltigt.

geschrieben am 28.10. in Khartum


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


  Team Login

© biketour4goodhope