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Reisetagebuch

10/13/2003   Sudan / Salle

Nabil Hassan

Begegnung mit einem ungewoehnlichen Mann (Denzel Washinton in Nubien?)

(Harald und Renata) Morgens schieben wir die Raeder zurueck ins Dorf. Die Siedlungen unterscheiden sich von denen in Deutschland voellig. Die Felder liegen nie am Haus, sondern am Fluss und dort gibt es keine Haeuser, um kein Fruchtland zu verbauen und vor den alljaehrlichen Hochwassern sicher zu sein. Die Haeuser sind aus Lehmziegeln gebaut, mit Lehmschlamm verputzt, bestenfalls weiss oder hellgrau gestrichen. Fenster, Tueren und Portale sind zudem manchmal bunt bemalt. Alle Mauerkronen und rechten Winkel sind stark abgerundet. Es wird nur ein Erdgeschoss angelegt, lediglich in den groesseren Doerfern gibt es seltene Zweigeschosse. Innen wird der Boden, der zum Wohnen genutzten Bereiche, ebenfalls mit Lehm befestigt und farbig gestrichen. Hier wird fast ganzjaehrig geschlafen, unter freiem Himmel. Die Kueche besteht nur aus einer Feuerstelle, die mit Holz oder Holzkohle betrieben wird. Schraenke, Arbeitsplatten u.ae. fehlen voellig. Ein Kuehlschrank ist absoluter Luxus, trotz der Hitze. Strom haben die hiesigen Doerfer nur aus Generatoren, fliessendes, bzw. gefiltertes Wasser gibt es nicht, auch einen Telefonanschluss findet man nur in kleinen, extra hierfuer hergerichteten Laeden. Die Daecher sind flach und werden nicht genutzt und hier im Nordsudan, sind sie meistens sauber. Meist gibt es zuviele Zimmer, in denen bei Gelegenheit die vielen Verwandten schlafen, die gesamten Anlagen sind fuer unsere Verhaeltnisse als grosszuegig anzusehen. Grundstueckseigentum ist hier ueberall noch kostenlos, neuerdings meldet man den Behoerden lediglich, wo man wieviel Platz bebauen will, weshalb sich in den letzten Jahren manch einer ein Grundstueck durch vorsorgliche "Belegung" gesichert hat. Dann baut sich der Betreffende nur eine hohe Lehmmauer um das Terrain, andere brechen dann hier und da ein Loch hinein und benutzen den Freiraum fuer die Schaf- und Ziegenherden, oder als Abfallplatz.

Im Dorf kommt uns ein aelterer Herr auf einem Esel entgegen. Der fast senile Eindruck taeuscht, weil er gut Englisch spricht. Wir fragen nach Brot und mangels einer Baeckerei oder geoeffneten Ladens, laesst er uns von einem Juengeren Brot aus seinem Heim holen. Dann wird doch noch ein kleiner Laden extra fuer uns geoeffnet, aber ausser dem Standardangebot von Marmelade und Thunfisch gibt es nichts als Brotaufstrich. Der junge Besitzer schenkt uns Geld, denn er berechnet nur einen zu niedrigen Preis- eine sehr gastfreundliche Gegend hier.

Das Fruehstueck findet auf einer der weissen, sauberen Lehmbaenke an einem Haus statt, dann gehts weiter. Nach etwa 5 km ruft uns ein modern gekleideter Mann in fliessendem Englisch an, der wie Denzel Washington aussieht. Er stellt sich als Nabil Hassan vor, Sudanese mit Wohnsitz in England und englischem Pass. Seine distinguierte Art verleitet uns, die Einladung zum Tee anzunehmen.

Er fuehrt uns zu einem grossen Haus auf einem kleinen Huegel ueber dem Dorf. Hier sitzen wir in Lehnstuehlen und schauen ueber den Nil auf das jenseitige Ufer und die gelbe Wueste dahinter. Nabil ist hier geboren, drueben steht das weisse Haus seiner Grossmutter und neben seinem, dass seines Cousins- leer, weil dieser nach Khartum gezogen ist.

Wir erzaehlen ueber unsere schlechten Erfahrungen in Aegypten und Nabil sagt, dass die Nubier hier im Norden sehr gastfreundlich und unschuldig sind und er befuerchtet, dass sie dem erwarteten Ansturm der gerissenen Aegypter nicht gewachsen sein werden. Die Landgrenze soll, Geruechten nach, bald wieder eroeffnet werden und die geplante Fertigstellung der Teerstrasse nach Dongola wird den Handel mit dem noerdlichen Staatennachbarn weiter erleichtern.

Spaeter wird Essen serviert, Pommes de Frites, Reis mit Kraeutersosse, frische gruene Trauben, eine Kostbarkeit hier, dazu Tee mit Ziegenmilch.

Nabil ist fuer ein paar Monate hierhin zurueckgekommen, ins Haus seiner Eltern, weil sein Vater sehr alt ist und schwaechelt. Der Greis ist ueberaus freundlich, sehr bemueht es uns angenehm zu machen.

Nabil ist Uebersetzer und sein in England verdientes Einkommen hat hier einen bescheidenen Luxus ermoeglicht: Telefon, fliessendes Wasser, Strom, Fernsehen. Er ueberlegt, hier spaeter einen Backpacker, also eine Art Jugendherberge, einzurichten.

Die Frauen bekommen wir nur zu Gesicht, wenn wir in die Kueche gehen, ansonsten halten sie sich in einem eigenen Trakt auf.

Nabils Haus steht unten im Dorf, dort lebt seine Frau mit einem kleinen Kind. Freimuetig erzaehlt Nabil, dass es eher eine Versorgungsehe ist und er in England noch eine Beziehung hat. Er ist praktizierender Moslem und kennt auch unsere Vorbehalte, die wir wegen der Benachteiligung der Frauen in den meisten moslemisch orientierten Laendern haben. Auch das islamische Recht, die Scharia, erregt unseren Widerspruch.

Am Abend kommt ein aelterer Englischlehrer zu Besuch, der uns gleich zu sich nach El Khandaq einlaedt. Wie viele hier, traegt auch er drei kreuzfoermige Narben auf jeder Wange.

Wir schlafen in einem Gaestezimmer, im Schosse einer traditionellen Gastfreundschaft, die uns unter den Schutz des Gastgebers stellt.

geschrieben am 4.11. in Khartum


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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