10/16/2003 Sudan / kurz vor Debba
Geld weg, Schecks weg, Ausweis weg!
Eine mittlere Katastrophe
(Harald und Renata) Unser Fruehstueck besteht aus ein paar Feigen und Wasser, dann brechen wir auf. Die Strecke aus Sand und Steinen wird fester, schliesslich geht sie in eine breite Landstrasse ueber, die jedoch mit Wellblech uebersaet ist, so dass wir staendig die Seiten wechseln muessen, um eine Spur mit weniger Erschuetterungen zu finden. Manchmal bleibt nur absteigen und schieben, weil das Geruettel nicht auszuhalten ist, alles zerlegt. Die Mittagspause verbringen wir in einem Rasthaus vor einer Kaserne. Dort gibt es einen Laden mit Stromanschluss und demgemaess eiskalter Pepsi- ein Hochgenuss. Wir kaufen gruene Orangen, saftig und als Vitaminspender hochwillkommen. Und das immer wieder gern genommene Fuhl- diese Saubohnen kommen uns langsam zu den Ohren raus. Aber unsere Reisekasse ist leer, wird kaum bis Khartum reichen und dann bleiben nur noch die Dollars. Die Soldaten laufen in Badelatschen herum, ohne Gewehre, auch die Offiziere sehen das, so scheints, gelassen. Unangenehm ist, dass hier wieder zwei maennliche Zeitgenossen Renata derart penetrant anstarren, dass ich ihnen sagen muss, sie sollen in eine andere Richtung schauen. Als sie dies spaeter fortsetzen, werde ich energischer und der Besitzer verweist sie darauf vors Haus. Wir brechen um 16.30 Uhr auf. Es folgt ein Abschnitt mit tiefem Sand, dann sind wir wieder mitten in der Wueste, erreichen schliesslich im letzten Tageslicht ein Dorf und schieben die Reader einfach zwischen die Lehmbauten. Ein junger Mann stellt sich als Hassan vor und bietet uns einen Lagerplatz vor dem Haus der Eltern an. Wir bauen auf, Renata fragt mich, wo meine gruene Guerteltasche sei und mir wird sogleich heiss und flau im Magen, denn mir wird schlagartig klar, dass ich die Tasche nicht hatte, als wir hier ankamen. Dann faellt mir ein, was passiert ist: Ich bin abseits der Strasse "ins Gebuesch" gegangen und habe die Tasche abgelegt und dort liegengelassen! Das war vor zwei Stunden und jetzt ist es dunkel. Aber alles hilft nichts, wir muessen schleunigst zurueck und die Stelle finden. Wir lassen alles bei Hassan zurueck, dem wir gestenreich die Umstaende verstaendlich machen und gehen zu Fuss in der Dunkelheit zurueck. Dann stoppen wir einen Wagen und ich versuche in der Dunkelheit abzuschaetzen, wie weit wir zurueckfahren muessen, um mit der Suche zu beginnen. Nach etwa 10 km lassen wir uns absetzen, alle Hinweise in der Landschaft liegen im Dunkeln, ich bin mir nicht sicher. Mit Hilfe der Fahrradlampe und einer Taschenlampe, die uns Hassan geliehen hat, suchen wir die rechte Seite der Strasse ab. Wie tief bin ich in die Wueste gegangen? Es gab keinen Baum, keinen Strauch als Orientierungsmarke, wie sollen wir die Stelle jemals finden? Ich meine mich an Einzelheiten zu erinnern, aber im Dunkeln kann ich mich nicht orientieren. Wir laufen ueber zwei Stunden zurueck, sind todmuede und beide in Sorge. Zwar war nur noch sehr wenig einheimisches Geld in der Tasche, aber Dollars und die restlichen Travellerschecks und dazu mein Ausweis mit dem Visum usw.. Was, wenn die Travellerschecks nicht ersetzt werden, weil der Asuweis dabei war? Nur: wo soll man auf Raedern diese Dinge getrennt aufbewahren? Beides gehoert an den Koerper und nicht ins Gepaeck. Ich bin voellig niedergeschlagen und hadere mit meiner Vergesslichkeit. Hassan hat sich vor unser Zelt gelegt und ueber alles gewacht und jetzt serviert er Tee und etwas zu Essen. Dann versuche ich zu schlafen, aber ich bin zu unruhig, warte nur auf die fuenfte Stunde, dann breche ich auf. geschrieben am 5.11. in Khartum
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