10/27/2003 Sudan / Khartum
Ramadan
Treffen mit Ralph im Blue-Nile-Sailing-Club
(Harald und Renata) 25.10.: In einem sauberen Zimmer mit einer 1-A-Klimaanlage, geduscht, in frischer Bettwaesche, auf einer guten Matratze, ruhig und ungestoert zu schlafen, ist wie Weihnachten. Unsere Waesche wird in einer guten Waschmaschine gereinigt, der Kuehlschrank ist voller Koestlichkeiten, der kleine Garten gepflegt und schattig, als wir morgens mit Christian fruehstuecken. Genau das haben wir jetzt gebraucht, vorallem ich bin voellig abgemagert und demoralisiert, weil ich nicht mehr vorwaerts kam. Mein Spiegelbild hat mich gestern foermlich erschreckt (Ich kenn dich nicht! Aber ich rasier dich trotzdem...). Auch ohne Waage kann ich sehen, dass ich mehr als 13-14 kg abgenommen habe, seit wir in Krefeld losgefahren sind. Christian erzaehlt von seinen Radreisen und wie er dabei seine Frau in Marocco kennengelernt hat, von seinem Glueck, dass sich alles seinerzeit so nahtlos gut fuer ihn ergeben hat. Mit 26 Jahren in einem so schoenen, grossen Haus zu leben, einen silberfarbenen Benz im Carport, eingesetzt im diplomatischen Auslandsdienst, verheiratet, Vater, ein zweites Kind in Aussicht, alle gesund..., dass ist fast zu perfekt. Wir finden im Viertel Riad, in dem viele Auslaender wohnen, mehrere Internetcafes und versuchen, dass vernachlaessigte Tagebuch zu fuellen. Abends geniessen wir den Luxus eines Videofilms und verschnabulieren Schokolade- ein echter Luxus hier, denn in den Maerkten Khartums ist zwar vieles zu haben, aber unglaublich teuer. Die Packung Cornflakes kostet z.B. 5 Euro. 26.10.: Chrisitian ist, um seine Frau heiraten zu koennen, zum Islam uebergetreten und heute ist sein erster Fastentag, denn Ramadan, der islamische Fastenmonat, hat begonnen. Es ist unser zweiter Ramadan der Reise, nach dem in der Tuerkei. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang duerfen die Glaeubigen nichts essen und trinken- letzteres ist angesichts der Hitze von ca. 40 Grad vorallem fuer die draussen Arbeitenden eine Qual. Deshalb stellt sich Christian abends ein Tablett mit Essen neben das Bett, stellt den Wecker auf etwa vier Uhr und isst dann, bevor er sich noch eine Muetze Schlaf goennt. Abends warten er und alle anderen Fastenden ungeduldig auf den Gesang der Muezzine, die zum Gebet bei Sonnenuntergang aufrufen und damit das Startsignal zum Essen-koennen geben. Meist sitzen die Maenner hier dann schon an den Strassenraendern auf Matten und Planen im Kreis um die Schalen und langen hungrig zu. In den Restaurants ist dann Hektik angesagt, weil alle gleichzeitig essen wollen. Ramadan ist Ausnahmezeit in vielerlei Hinsicht. Laut Koran soll der Glaeubige in diesem Monat besonders auf seinen Umgangston und sein lauteres Handeln achten. Vom Fasten selbst sind Schwangere, Kranke, Kinder ausgenommen, ja sogar dem ist es erlassen, dem es zu schwer faellt, z.B., weil er zu hart koerperlich arbeiten muss. Dafuer soll er dann jedoch Arme speisen, eine Pflicht zum bruederlichen Teilen in der islamischen Gemeinde, die auch ausserhalb des Fatenmonats gilt. Christian bringt uns die Empfehlungsschreiben der deutschen Botschaft mit, die wir fuer die Beantragung des aethiopischen Visums benoetigen. Abends sehen wir uns einen unserer Lieblingsfilme an: "Gladiator" 27.10.: Wir haben eine Mail bekommen, dass Ralph, ein Radreisender aus Muenchen, in Khartum eingetroffen ist. Er ist im Mai 2003 losgefahren und legt ergo ein ganz anderes Reisetempo vor als wir. Und statt ueber 10000 km wie wir, hat er "nur" 6700 km gebraucht, um hierher zu kommen. Ralph schlaeft noch unter seinem Moskitonetz auf seiner Matratze im Schatten, als wir ihn im "Blue Nile Sailing Club" am Ufer des Blauen Nils finden. In Sichtweite fliessen die Eltern des Nils zusammen: der "Weisse", der aus dem Lake Albert in Uganda entspringt und der "Blaue" Arm, dessen Quelle im aethiopischen Hochland, noerdlich von Addis Abeba liegt. Hier auf dem Rasen des Clubgelaendes steht, umgeben von hohen Baeumen, dass Kanonenboot Lord Kitcheners, nach dem in Assuan auch die "Kitchener-Insel" benannt wurde. Zusammen mit anderen englischen Namen wie Gordon und Churchill, weist er auf einen entscheidenden Abschnitt der sudanesischen Geschichte hin (mehr dazu spaeter). Auffallend auch die silbrige, futuristische Moschee mit Wabendach, die so garnicht zum Bild des fundamentalistischen Sudans passen will. Wir haben aber in keinem anderen islamischen Land derart viele ausgefallene und moderne Moscheen gesehen, wie in Khartum. Ein oesterreichisches Paearchen hat die Strecke von Halfa nach Khartum in einem Panda geschafft. Allerdings hat der Wagen Allradantrieb. Dies und sein geringes Gewicht haben ihn vor allzu haeufigem Feststecken bewahrt. Erstaunenswert bleibt es allemal, dass man in so einer Buechse solch eine Strecke bewaeltigen kann. Ralph schlaeft sich lange aus, denn er ist krank, hat sich, wohl auch aufgrund der moerderischen Strecke, eine Neuauflage seiner Guertelrose zugezogen und musste in Dongola ins Krankenhaus und dann mit dem Bus weiter. Wir gehen zusammen Essen und als wir abends mit Christian zusammensitzen, laedt dieser Ralph ebenfalls ein, im Haus zu wohnen. Waehrend ich im Netcafe sitze, holen die Drei Ralphs Sachen vom Club ab. geschrieben am 14.11. in Khartum
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