11/6/2003 Sudan / Khartum
Bayrischer Abend
Rueckfahrt nach Khartum, Besuch einer Ausstellung, Flitzpiepen von Doktoren, Einladung beim Konsul
(Harald und Renata) 1.11. in Mero-e: Bis zum spaeten Fruehstueck streife ich durch die Ruinen von Mero-e. Ein geradezu magischer Ort, mystisch, einsam, still. Ueber Mero-e haben wir schon im Nubischen Museum in Assuan gelesen. Die Mero-er hatten eine eigene Schrift, deren mancher Buchstabe geradezu identisch mit der lateinischen Schrift und unseren Zahlen ist. Ein spanisches Ehepaar streift umher, zwei Sudanesen nehmen sich eine halbe Stunde Zeit (...gesehen, fertig). In unserem Camp haben sich zudem zwei junge Maenner eingefunden, ein Australier und ein Deutscher namens Thorsten, der sich bereiterklaert, unsere Dia- und Videofilme, CDs und die beschaedigte Videokamera mit nach Deutschland zu nehmen. Da er in drei Tagen fliegt, ist das ideal fuer uns. Mittags fahren wir zurueck, machen einen Stop in der Wueste, als eine Kuhherde vorbeitrottet, passieren einen Polizeiposten, der aus zwei ueber hundert Jahre alten Eisenbahnwagons besteht und kaufen ein, um abends wieder zu kochen. 2.11.: Abends besuchen wir eine Vernissage in einem der exclusiven Haeuser nahe des Flughafens. Mehrere europaeische und sudanesische Kuenstler haben ausgestellt und uns gefallen auf Anhieb die Aquarelle eines Sudanesen namens Maaz, der die grelle Sonne, die Stimmung in den nubischen Doerfern, das Spiel der Knaben einzufangen wusste, genauso, wie wir es aus der Gegend zwischen Akascha und Dongola in Erinnerung haben. Und auch ein Fahrradmodell im Massstab 1:10 aus Altmetall und Autoreifenresten hat es uns angetan. 5.11. Im Laufe der Tage kommt wieder Speck auf meine Rippen. Mein Versuch, einen neuen Zahnarzt zum Ziehen meiner Zahnruine zu bewegen, schlagen fehl, denn auch dieser Herr Doktor gibt mir Mittags um 4 einen Terfuer 9 Uhr abends, ist dann aber nicht in seiner Praxis. Die einzige, anwesende Angestellte teilt mir nach anderthalb Stunden Wartezeit mit, der vermeintlich im Behandlungszimmer arbeitende Doktor sei garnicht da und ausserdem warten da noch etliche andere Leute auf ihn. Ich bin erstmal echt sauer ueber soviel Gleichgueltigkeit. Man gibt mir einen Termin fuer den naechsten Tag um 23.30 Uhr! Und als ich dann tatsaechlich um diese Uhrzeit dort erscheine, warten dort wieder mehrere Patienten, die alle noch warten- vor 2 Uhr nachts waere ich nicht dran. Mir reichts. Der DHL-Paketdienst hate zwar versprochen, am selben Tag den Abholauftrag nach Duesseldorf per Fax zu senden, aber nach drei Tagen ist dort nichts angekommen. Trotzdem ist man pikiert, dass wir uns beschweren, dass man den Auftrag schlichtweg hat drei Tage liegenlassen. Es dauert dann noch mal drei Tage, bis das Paket mit der neuen Kamera ankommt. Ralph hat bei der Pflege seines Rades beschlossen, auch die Schaltzuege auszutauschen. Leider "bringts der Muenchner Buab nimma zsamma", heisst, die alten Seilzuege fransen aus und lassen sich nicht mehr benutzen und die benoetigte Staerke ist nirgends zu erhalten. Auf den letzten Druecker haben unsere fleissigen Helfer in der Heimat noch neue Seilzuege dem Paket mit der Kamera beigepackt. Christian hat mir eine deutsche Uebersetzung des Koran, sowie weitere Literatur zum Thema zur Verfuegung gestellt. Im Laufe unseres Aufenthaltes arbeite ich mich dadurch und mache erstaunliche Feststellungen. U.a. die, dass selbst angeblich gutinfomierte Personen aus Politik und Presse nicht wissen, was tatsaechlich im Koran steht. Koranuebersetzungen sind ein heikles Thema, denn oft gibt es keine eindeutigen Vokabeln fuer die alt-arabische Sprache Mohammeds und die Gebete sollen, um nicht verfaelscht zu werden, ausschliesslich in Arabisch gesprochen werden. Da die meisten Moslems auf der Welt kein Arabisch sprechen, koennen sie die Gebete daher oft nicht verstehen. (von etwa 1,3 Milliarden Moslems sind nur 20 % Araber!((aber nur 5 % der Araber sind keine Moslems)), 181 Mill. Moslems leben in Indonesien, 141 in Pakistan, 124 in Indien, 111 in Bangladesh, 66 in der Tuerkei, 38 in China, 13 in Tanzania, 12 in Russland und 6 in den USA). Unser Bild des Islam ist von einer radikalen Minderheit gepraegt, die sich vorallem von der westlichen Lebensweise bedraengt fuehlt und ihren Hass aus dem Krieg zwischen Palaestinensern und Israelis naehrt. Von den etwa 3 Millionen Muslimen in Deutschland stammen 2 Mill. aus der Tuerkei, 156 Tausend aus Bosnien, 108 aus dem Iran, 80 aus Marokko, 72 aus Afghanistan, 61 aus dem Irak, 51 aus dem Libanon und 24 aus Tunesien. Deutschland taete gut daran, sich mit dieser Minderheit weiter intensiv auseinanderzusetzen, zum beiderseitigen Verstaendnis. 6.11.: Wir sind beim deutschen Konsul Kuehneisen eingeladen. Er ist mit einer Inderin verheiratet, sie haben zwei erwachsene Soehne. Frau Kuehneisen hat Kartoffelpueree mit Sauerkraut und Wuerstchen zubereitet. Christian ist als Moslem Schweinefleisch untersagt, ich esse es nur im Notfall. Aber dafuer passt mehr Beilage rein... Der Konsul hat selbst viele Jahre grosse Fahrradtouren unternommen und stundenlang erzaehlen wir uns gegenseitig davon. Im Hintergrund laufen Countrymusic und alte Hits der 60er, dazu ein paar Bier (psst!Im Sudan verboten!) und der Abendwind- und es geht uns mal wieder richtig gut. Der Deutsche, Thorsten, ist trotz unserer intensiven Bemuehungen ihn zu erreichen, nach Kairo geflogen, ohne unsere Sachen mitzunehmen. Tja, Hilfe unter Landsleuten made in Germany. Das erinnert an andere, aehnliche Reinfaelle mit Deutschen. geschrieben am 15.11. in Khartum
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