11/19/2003 Sudan / Wad Medani
Godwin und Chinedu
Zu Gast bei einem Missionar
(Harald und Renata) Bei Sonnenaufgang wird in der kleinen Kirche die Messe gehalten. Nonnen und Priester beten und singen und wir muehen uns aus den Schlafsaecken. Auf dem brusthohen Nebentisch liegt Ralph- ziemlich geraedert, wie wir auch, weil in der Nacht wieder die Muezzine keine Ruhe gelassen haben. Das ist wirklich eine harte Sitte, die Menschen Nacht fuer Nacht zu wecken, damit sie beten. Fuer mich hat es etwas Quaelerisches, denn fuenf Gebete pro 24 Stunden sind viel, wenn man z.B. stets bei Sonnenaufgang wach sein muss und waehrend des jetzigen Ramadan auch noch nachts essen und trinken muss, um den Fastentag zu ueberstehen. Da sich der Ramadan entsprechend dem islamischen Kalender jedes Jahr verschiebt, liegt er auch im Sommer. Im Sudan, bei mehr als 45 Grad im Schatten, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang nicht mal Wasser trinken zu duerfen, ist eine unglaubliche Belastung. Das Gebet ist im Koran vorgeschrieben. Sure 11, Vers 113 sagt:"Und verrichte das Gebet an den beiden Tagesenden und in den ersten Stunden der Nacht." Und in Sure 17, Vers 79: "Und unterbrich deswegen (fuer das Beten) in der Nacht deinen Schlaf." Das wir hier und in Aegypten staendig die Formel "Inschallah" hoeren, liegt an Sure 18, Vers 23/24: "Und sprich nie von einer Sache: Ich werde es morgen tun, es sei denn, du fuegst hinzu "so Gott will"(Inschallah)." Der italienische Priester ist ein alter, runder, kleiner Mann, der in Armut lebt und seine rechte Hand, eine Nonne um die 50, ist vom Sueden des Landes, in dem sie ueber 20 Jahre gearbeitet hat, so begeistert, dass sie dorthin gerne zurueck moechte. Beide lachen, beiden fehlt jeder Grameszug um die Mundwinkel. Ihr Leben, so sagt der Augenschein, ist ein gern gelebtes Opfer. Wir ueberqueren lediglich die Strasse, um in einem kleinen Restaurant zu fruehstuecken. Es gehoert einem jungen Christen, sonst gaebe es wegen des Ramadan tagsueber hier nichts zu essen. Er bereitet Fuhl mit frischen Tomaten zu und wir ergaenzen mit "Uelker"-Schokocreme aus der Tuerkei und einer uebersuessten Marmelade aus dem Sudan. Der stark gewuerzte Kaffe ist jedermans Sache nicht, voller Kardamom, scharf wie Pfeffer. Vor uns haelt ein kleiner Jeep mit Aufschrift "Auto Becker Bonn" und der Fahrer, den ich anspreche, spricht fliessendes Englisch. Er heisst Godwin und kommt aus Nigeria, ist Christ und laedt uns ein, die hiesige Sprachenschule zu besuchen und bei ihm zu uebernachten. Das kleine Gebaeude der CIL (Centre for international Languages) liegt gleich um die Ecke und der Leiter namens Chinedu heisst uns herzlich willkommen. Er ist Godwins Bruder und im Sudan als Missionar taetig. Hier kann ich die naechsten Stunden am Computer Eintraege schreiben, waehrend Ralph und Renata mit Godwin in das Haus der Familie fahren. Am spaeten Abend will ich die vorgeschriebenen Eintraege im Netcafe auf unserer Webseite einsetzen, aber es gibt keinen Zugang zum Server in Deutschland. Frust! Herzlichen Glueckwunsch! Godwin holt mich ab und wir fahren zu einer Buchausstellung, die die beiden Brueder aufgebaut haben. In einem grossen Zelt aus buntbedruckten Tuechern werden von jungen, ehrenamtlich arbeitenden Frauen und Maennern christliche Buecher angeboten. Fast alles in Arabisch, um die Zielgruppe zu erreichen. Eine der wenigen englischsprachigen Neuen Testamente schenkt mir Chinedu mit einer Widmung. Wir fahren zu Chinedus Haus. Dort empfaengt mich die Ehefrau und bekoestigt mich mit einem spaeten Mahl. Ralph und Renata gehen zu Bett, waehrend ich noch lange mit Chinedu ueber Gott und die Welt diskutiere. Er erzaehlt vom deutschen Prediger Bonnek, der in Afrika Millionen von Zuhoerern erricht, wenn er unter freiem Himmel predigt. In Khartum waren es 220000 Menschen, die ihn in Aktion sehen wollten. Der Mann ist als Wunderheiler bekannt und auf Postern sieht man geheilte Blinde, Lahme, die wieder gehen koennen usw. Selbst einen Mann, der zwei Tage tot war, soll er zum Leben erweckt haben. Glaube versetzt bekanntlich Berge- bei psychosomatischen Krankheiten sowieso. Wie sich, ohne Trug zu unterstellen, die anderen Heilungen erklaeren lassen, bleibt schleierhaft. geschrieben am 24.11. in Gedaref
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