11/27/2003 Sudan / Gallabat
Ein schoener Abschied
An der aethiopischen Grenze
(Harald und Renata) Morgens kommt ein alter Hirte zum Zelt. Wir teilen unser letztes Brot mit ihm und geben ihm eine kostbare halbe Flasche gekauften Wassers mit Orangenbrause. Dafuer bringt er uns warme Milch, schaumig, direkt aus der Kuh. (Erst Tage spaeter lese ich, dass durch die Rohmilch Rindertuberkulose und Brucerolose uebetragen werden kann. An was man alles denken muss…) Wir treten wieder mal muehsam gegen den Wind, als zwei 4x4 neben uns halten. Ein Paar aus der Schweiz und eines aus Holland fahren zusammen und sind auf dem Weg in die Heimat. Sie haben Ralph etwa 100 km vor Gonder gesehen- Himmel, ist der schnell! Und sie sagen , die Grenze am Lake Turkana sei dicht, was bedeuten wuerde, dass die Aussage von Nadja und Michael von gestern falsch waere und was uns zwaenge, den gefaehrlichen Weg ueber Moyale zu nehmen. So viele widerspruechliche Auskuenfte. Am Strassenrand fuchtelt ein Knabe mit einer Plastikpistole herum, die er uns verkaufen will. Ein seltsamer Zufall, haben wir doch kurz zuvor noch laut darueber nachgedacht, evtl. Raeuber damit abzuschrecken. Fuer etwa einen Dollar wechselt die Erbsenpistole den Besitzer und faehrt fortan in meiner Guerteltasche mit. Etwa 100 Meter vor uns steht ein Marabu auf der Strasse. Der schwarze Vogel sieht aus, wie ein zu gross geratener Storch mit dickem Schnabel. Er hat einen kahlen Kopf, weil er Aasfresser ist, wie die Geier. Im heissen Aufwind segelt er majestaetisch ueber unsere Koepfe hinweg. Wir erreichen Gallabat am Abend. Der Grenzort ist ein schmutziger Marktflecken, wo wir nochmals Dinare tauschen muessen, um uns mit Bananen, Brot und Datteln zu versorgen. Wir kaufen ausserdem erstmalig einen Aluminiumtopf und zwei Loeffel. Bei Geldwechslern tauschen wir 100 Dollar gegen aethiopische Birr ein, weil es hier beiderseits der Grenze keine Bankfiliale gibt und der Birr eine reine Binnenwaehrung ist, die man nur im Land bekommen und benutzen kann. Der Kurs liegt hier auf der Strasse bei 8,25 Birr fuer einen Dollar- offiziell sind es etwa 8,60. Mit 100 Dollar kommen wir bis Gonder, der naechsten Stadt in Aethiopien. Wir erledigen die Formalitaeten, aber es ist spaet geworden und die Grenzpolizisten laden uns zum Essen ein, nachdem sie uns schon eine grosse Flasche Wasser gekauft haben. Gemeinsam gehen wir in ein Restaurant und alle essen aus den Schuesseln mit den Fingern. Geld will man partout nicht annehmen. Ausserdem laedt man uns ein, im Hinterhof der Station zu uebernachten. Aus einem Wellblechschuppen werden bespannte Liegen geholt und die stellen wir hinter das Gebaeude. Ich trinke mit den Maennern frische Milch aus dem Kuehlschrank und Mangosaft und darf nichts bezahlen. Im Halbdunkel uebergiessen wir uns mit Wasser und nur ein paar der umherfliegenden Heimchen stoeren uns in der Nacht. Diese letzte Nacht bei Grenzpolizisten erinnert uns an die Nacht in den Bergen zwischen der Tuerkei und Syrien. Ein schoener Abschied vom Sudan. geschrieben am 4.12. in Gonder
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