12/15/2003 Aethiopien / Bahir Dahr
Eine Bootsfahrt die ist lustig
Acht in einem Boot
(Harald und Renata) 14.12.: Douglas, ein Kanadier aus Vancouver und Arian und Konrad, zwei Hollaender aus Eindhoven sind eingetroffen. Sie werden morgen den Ausflug mit uns machen. Renata hat sich eine aethiopische Frisur machen lassen und sieht damit richtig gut aus- was auch die hiesigen Maenner finden, vielleicht auch, weil sie sich freuen, dass eine Touristin sich wie eine der ihren frisieren laesst. 15.12.: Um sechs Uhr werden wir von einem Guide am Hotel abgeholt und gehen in einem Halbstundenmarsch zum Tana Hotel hinueber, dass ebenfalls am Seeufer liegt. Aber das Boot ist nicht fertig, weshalb wir fruehstuecken. Um 7.15 Uhr gehts endlich los. Weil der Guide gestern schon den viel zu netten Bijane ausnutzte und nach dem bereits vereinbarten Reisepreis eine Erhoehung durchsetzte und der Fussweg statt versprochener 10 Minuten eine halbe Stunde dauerte, das Boot jetzt nicht da ist, habe ich kein gutes Gefuehl. Der Guide hatte uns Nilpferde und vielleicht Krokodile versprochen, aber ich habe mittlerweile gelesen, dass es Krokodile im Tanasee garnicht gibt. Als wir ablegen folgt die naechste Ueberraschung: Ganz nebenbei heisst es, der Ablaufplan sei geaendert, dass sei doch kein Problem, oder? Wieder sind alle zu nett, keiner will die Stimmung verderben. Als wir losfahren, heisst es, fuer die Nilpferde am Ausfluss des Blauen Nils aus dem See sei keine Zeit mehr. Aber darauf hatte ich mich sehr gefreut. Der Motor ist extrem langsam. Nach quaelend langen dreieinhalb Stunden erreichen wir die erste Insel auf dem See, Daga Estifanos. Ihr Vulkankegelberg liegt unter weitgehend erhaltenem Urwald verborgen. Wir betreten die Insel ueber einen abenteuerlich genagelten Landesteg und gehen dann bergauf zum Kloster. Renata darf nicht weitergehen, weil allen weiblichen Wesen (auch Tieren!) der Zugang zur Insel verwehrt ist. Spaetestens bei den Voegeln ist das System allerdings doch recht loechrig… Uberall haben grosse Spinnen ihre Netze gewebt (auch die weiblichen). Es handelt sich um eine Art, die als Kolonie lebt, eine seltene Ausnahme im Spinnenreich, denn normalerweise fressen sich Spinnen gleicher Art gegenseitig, wenn sie sich zu nahe kommen. Vor uns steht ein eher unscheinbarer, grober Steinbau mit Schilfdach und grossen, alten Holztoren auf allen vier Seiten. Im Inneren ist es stockduster, weil die bunten Malereien aus dem 16./17. Jh. vor dem Licht geschuetzt werden muessen. Allerdings handelt es sich eher um Fragmente. Dem unscheinbaren Bau ist genauso unscheinbar, wie diese Bilder, die eher naiv gemalt sind. Hier leben zahlreiche Moenche in Rundhuetten im Wald, alle in braune, olivfarbene und gelbe Hosen und Decken gekleidet, einen filzartigen Hut auf dem Kopf. Sie tragen lange Metallstangen, deren Kopfenden Kreuze zieren. In dieser Kirche soll die heilige Bundeslade der Juden, die damals in Axum (Nordaethiopien, Nahe der Grenze zu Eritrea) gelagert worden sein soll, vor dem Feldzug des Achmed Grang in Sicherheit gebracht worden sein. Dieser moslemische Eroberer zwangskonvertierte viele Christen in Aethiopien und fiel 1543 in der Naehe des Tanasees. Als wir abfahren sollen, meint der junge Bootsfuehrer, es sei zu spaet, um wie geplant, die naechste Insel anzusteuern. Jetzt reicht es mir endgueltig und auch die Zauderer im Boot sind missgestimmt. Ich sage dem Kerl, dass er nicht einen Birr bekommt, wenn er die Insel nicht ansteuert, was er erst nach einigem Widerstand macht. Es dauert wieder ueber eine Stunde, bis wir auf der naechsten Insel, Nargha Selassie, anlegen. Hier steht eine kleine Rundkirche, erbaut 1746, ebenfalls aus Stein und mit Riet gedeckt. Der Guide versucht den naechsten Trick, palavert endlos mit den Moenchen und ich weiss, es geht immer nur ums Geld und – richtig: Der Eintritt soll hier das Doppelte kosten, wie er mir mitteilt. Ich hole meinen Reisefuehrer hervor und sage ihm, dort stuende aber ein anderer Preis (tatsaechlich steht da garnichts) und wenn er bei seiner Forderung bliebe, fuehren wir ohne die Kirche von innen zu sehen. Das wiederum macht die Moenche sauer, denn der ueberhoehte Eintrittspreis soll ja nicht in ihre Taschen fliessen. Ergo beschwichtigt der Guide sogleich und wir zahlen den ueblichen Preis. Zusaetzlich erwarten einige Moenche Geld fuer Fotos, die wir von ihnen machen. In der Kirche sind die Waende mit naiven, bunten Malereien versehen, die z.T. recht grausame Darstellungen enthalten. Auch die Vorstellungen des Malers, ueber die Waffentechnik vor ueber 3000 Jahren sind niedlich: Das pharaonische Heer verfolgt Moses und die Seinen und versinkt im Roten Meer- samt Musketen, Schusswaffen, die es erst ab dem 16. Jh. gab. Auf den Inseln im Tanasee wurden seit dem 14. Jh. Kloester gegruendet und Kirchen gebaut. Die Inseln waren Rueckzugsgebiete in Kriegszeiten, hierhin wurden Kirchenschaetze und alte Schriften gerettet. Und hier wurden zahlreiche Kaiser beerdigt, deren Mumien teilweise noch in Holzsaergen aufbewahrt werden. Die Insel selbst ist voller Voegel und Ralph sichtet sogar einen Waran, waehrend es mir gelingt, einen schwarzen Ibis mit rotem Schnabel zu beobachten. Die Rueckfahrt dauert geschlagene vier Stunden. Wir haben einen Moench mitgenommen, den der Guide nicht mitnehmen wollte, aber wer bezahlt, bestellt die Musik. Es wird dunkel und windig und kalt und nach 13 Stunden Bootsausflug sind wir wieder in Bahir Dahr. geschrieben am 17.12. in Bahir Dahr
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