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Reisetagebuch

1/5/2004   Aethiopien / ca. 25 km hinter Bahir Dahr

Aufbruch nach Addis

Abschied von Betelihem und Jerusalem / instabil in jeder Hinsicht

(Harald) Ich habe jetzt viel mehr Gepaeck als zuvor auf dem Rad und Schwierigkeiten, alles auf dem Gepaeckstaender zu verschnueren. Ohne Lowridertaschen vorne und mit viel Gepaecklast so hoch ueber dem Schwerpunkt, ist das Rad extrem instabil, zumal die Rahmenfederung zusaetzliche Schwingungen erzeugt.

Eigentlich wollte ich morgens schon abfahren, aber es ist noch zuviel zu erledigen. Ich muss mit den Travellerchecks noch Geld abholen, denn bis zur Hauptstadt wird das nicht mehr moeglich sein und fuer die Strecke kalkuliere ich 8-10 Tage Fahrtzeit.

Ich besorge mit Mike noch Motoroel fuer die Kette und lasse bei einem alten Schneider auf der Strasse ein Hemd naehen, dann gehen wir mit Fahrrad und Gepaeck zum Kinderheim und verabschieden uns von den Betelihem und Jerusalem, die bereits am Samstag, den 10.1. in Addis sein sollen. Unterwegs, so habe ich mit Herrn Hapto besprochen, soll der Busfahrer anhalten, wenn er mich auf der Strecke radeln sieht.

Mein Hinterrad hat ein Autoventil und ich kann es an der Tankstelle aufpumpen. Aber wehe, mein Vorderrad mit schmalem Ventil verloere Luft!

Vor dem Netcafe im Ghion-Hotel verabschiede ich mich von Mike und gebe ihm nochmals 180 Birr, damit er in Gonder sein linkes Auge operieren lassen kann, wo er einen kleinen Tumor hat. Ich habe ihm eine E-Mail-Adresse eingerichtet, damit wir Kontakt wegen der Jungs halten koennen, nach denen er ca. einmal die Woche schauen soll.

Ich fruehstuecke nochmal im Garten des Ghion-Hotels, diesem kleinen Paradies. In den beiden Feigenbaumriesen ueber mir hoere ich nochmal die Geier schreien, schaue auf die kleine Pelikan-Kolonie auf einem winzigen Felseiland 50 Meter vor dem Ufer und lasse die drei Wochen hier in Bahir Dahr innerlich an mir vorbeiziehen.

Dann schreibe ich letzte Eintraege, denn bis Addis wird es dazu kaum mehr Gelegenheit geben. Schliesslich ist es schon fast 15 Uhr, als ich abfahre. Draussen vor dem Hotelgelaende schuetteln mir die jungen Maenner die Hand, bedanken sich fuer mein Engagement hier in Bahir Dahr. Diese Geste wird mir unvergessen bleiben.

Kurz hinter der Stadt endet wie erwartet die Teerstrasse. Ich bin derart in Gedanken, dass ich die falsche Strasse nehme und am Flughafen auskomme. Hier, traurig, tausend Gedanken im Kopf und ausgelaugt von den Bildern, Erlebnissen, denke ich zum ersten Mal daran, einfach ins Flugzeug zu steigen, nach Addis und dann nach Deutschland zurueck zu fliegen.

Diese Gedanken lassen sich dann auf der Weiterfahrt nicht mehr verdraengen. Nach 8 umsonst gefahrenen km finde ich die richtige Strecke und schaffe schliesslich noch 30 km, bis die Sonne untergeht und ich einen Zeltplatz auf einem Feld hinter einem riesigen Heuhaufen finde.

Natuerlich finden sich gleich wieder Zuschauer ein, als ich aufbaue. Hier ist man nie und nirgends alleine. Heute mag ich die immer gleichen Fragen (You! Where are you go? Give money!) nicht hoeren und versuche die Maenner zu bewegen, wegzugehen, als sie mich wieder wie ein Zootier anstarren. Und auch ihr Gelaechter ueber die Bemerkungen, die sie sich zurufen, mag ich heute garnicht. Schliesslich sage ich ihnen “Dana deru”(Gute Nacht) und verkrieche mich ins Zelt. Nachdem es nichts mehr zu sehen gibt und ich auch auf Zurufe nicht mehr herauskomme, trollen sie sich.

Im Zelt esse ich zu Abend. Ich habe mir eine Ausgabe des “Spiegel” aus dem Ghion-Hotel mitgenommen und lese im Schein der Kopflampe, schreibe etwas Tagebuch, dann fallen mir die Augen zu.

Wo moegen Renata und Ralph jetzt sein?

geschrieben am 21.1. in Addis


 

 


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