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Reisetagebuch

2/18/2004   Aethiopien / Alem Tenna

Unter Hyaenen

Fahrt entlang der Rift-Valley-Seen, eine Schlaegerei

(Harald und Renata) Die Nacht war erholsam ruhig. Im Restaurant des feinen Hotels fruehstuecken wir, es wird halb elf, ehe wir aufbrechen.

Die Sonne scheint, es weht ein frischer Wind aus Sueden. Zunaechst fuehrt die Teerstrasse noch nach Suedosten, dann zweigt in Mojo eine zweite ab, die u.a. nach Djibouti an der Kueste des Roten Meers, sowie nach Harer in Aethiopiens trockenen Osten fuehrt, wo Karl Heinz Boehm 1982 sein erstes Projekt gruendete.

Selbst so nahe der Hauptstadt fuehlt man sich angesichts der wenig entwickelten Infrastruktur des Landes weit in die Vergangenheit zurueckversetzt. Wasser wird ueber noch ohne Pumpen, einfach mit Eimern, aus grob gegrabenen Brunnen gezogen, die Hanfseile gleiten dabei ueber Holzgestelle.

Wir pausieren in einem Gartenlokal. Die Frau, die uns bedient, ist Mitte Dreissig, ihr Gesicht durch eine grosse, tiefe Narbe verunstaltet. Sie erzaehlt, dass ein betrunkener Gast sie mit einer abgeschlagen Glasflasche ins Gesicht gestochen hat. Ja, wir wissen schon, dass ist hier Teil der Maennerkultur…

An der Strasse Reihen von Strassenhaendlern, die stets in Scharen die gleichen Waren feilbieten, z.B. Gemuese, Obst oder Plastikkanister, die mit Kordeln umwickelt sind, um das Wasser vor der Hitze der Sonne zu schuetzen. Warum sich die Leute ueberall mit dem gleichen Angebot Konkurenz machen, anstatt zwischen all den Kanistern mal Obst anzubieten, weiss ich nicht.

Linker Hand lassen wir einen kleinen See hinter uns, der zu einer ganzen Reihe von Gewassern gehoert, die im Graben des Rift-Valleys liegen.

Ralph ist mal wieder vorneweg und wird Zeuge einer Gewalttat: Zwei Maenner schlagen einen dritten zusammen, wobei einer wie ein Verrueckter auf den am Boden liegenden mit einer grossen Schaufel einschlaegt. Wir hadern kurz, ob wir die zwei Taeter verfolgen sollen, entschliessen uns dann aber, dass Opfer zu versorgen. Dem Mann hat die Metallkante mehrere tiefe Wunden zugefuegt, er blutet am Kopf, Hals, Oberkoerper, Bein und Fuss. Nach der Ersten Hilfe und Verladung des Mannes suchen Ralph und ich die beiden Taeter, die aber abseits der Strasse in einer Siedlung verschwunden sind. Allerdings scheinen die Beiden hier bekannt zu sein, so dass wir annehmen koennen, dass das Opfer sie selbst der Polizei melden kann.

Die Strasse geht immer noch leicht abwaerts und es wird immer waermer. Neben einer Bruecke ueber einen Bach bei Mojo sehen wir Marabus, die sich im Wind die Fluegel trocknen, nachdem sie im Wasser ein Bad genommen haben, um die blutigen Reste ihrer letzten Mahlzeit abzuwaschen. Die Marabus sind vornehmlich Aasfresser, wie die Geier, sehen aber wie zu gross geratene Stoerche aus, haben einen roetlichen, kahlen Kopf und einen dickeren Schnabel. Grund fuer die Scharen der Voegel ist eine Schweinefarm. Hier wird geschlachtet, es stinkt fuerchterlich, Myriaden von Fliegen sitzen auf den gruenen Eingeweiden, die von Frauen mit blossen Haenden an einem kleinen Wasserhahn ueber dem Lehmboden gewaschen werden, waehrend ein Mann ihnen wie ein Aufseher dabei zusieht und wichtige Anweisungen gibt.

Nach 65 km erreichen wir die Ortschaft Alem Tenna. Ich moechte noch etwas weiterfahren und Zelten, Ralph und Renata wollen in einem Hotel uebernachten. Unsere Diskussionen drehen sich auch um den weiteren Reiseweg. Ich moechte die, soweit wir das wissen, sicherere Route ueber Moyale nach Marsabit und Isiolo in Kenia fahren, Ralph und Renata wollen lieber die wahrscheinlich schoenere und interessantere Strecke ueber Arba Minch, Konso und Jinka zum Lake Turkana waehlen.

Es sind nicht die einzigen Problemchen, die wir haben. So entschliessen wir uns zu einer Trennung und ich fahre aus der Stadt heraus, um einen Zeltplatz zu finden, Ralph und Renata beziehen Quartier in der Pension. Morgen frueh wollen wir uns dann vor der Stadt um neun Uhr treffen.

Ein junger Mann radelt mit mir ortsauswaerts, bittet darum, sich mit mir unterhalten zu duerfen. Er scheint nett zu sein und lenkt mich ab. Unter einem riesigen Feigenbaum bauen wir zusammen das Zelt auf, teilen das karge Abendbrot und erzaehlen uns Dies und Das, bis mir die Augen zufallen.

Im Zelt umspring mich wieder ein ganzer Flohzirkus, gleich sechs Stueck kann ich erwischen und zerquetschen.

In der Nacht umkreisen jaulende Hyaenen mein Zelt, nur 20, 30 Meter entfernt, ein ganzes Rudel. Aber ich weiss, dass sie das Zelt nie angreifen wuerden und schlafe wieder ein.

geschrieben am 22.3. in Nanyuki


 

 

 

 

 

 

 


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