2/19/2004 Aethiopien / Alem Tenna
Stufen
Abschied von Renata und Ralph / die Kamera ist gestohlen!
(Harald und Renata) Am Morgen sprechen die zahlreichen Pfotenabdruecke ums Zelt eine klare Sprache- die Hyaenen waren fast im Vorzelt. Beim Zusammenpacken faellt mir auf, dass meine kleine Kramtasche verdaechtig leicht ist. Ein panischer Blick bestaetigt: meine Kamera und mein Reisefuehrer wurden gestohlen! Ich versuche mich zu erinnern, wann ich sie zum letzten Mal gesehen habe und sicher weiss ich nur, dass die Fotos vor Koka von der Schweinefarm die letzten Aufnahmen waren. Mir ist klar, dass die Polizei mir die, hier unersetzliche Kamera nicht zurueckbringen wird. Also muss ich selbst versuchen, mein Eigentum zurueck zu bekommen. Um neun Uhr radeln Ralph und Renata auf der Strasse vorbei. Ich hole sie ein und wir setzen uns unter den riesigen Laubbaum um zu reden. Renata und mir ist klar, dass wir in einer Sackgasse stecken und wir zu unterschiedliche Vorstellungen haben. Wir wollen beide diese Reise unseres Lebens geniessen, aber dies ist uns zunehmend schwerer gefallen. Eine Trennung ist die einzig realistische Loesung. Renata faehrt mit Ralph die Westroute nach Nairobi und ich die zentrale. Von nun an reisen wir getrennt gen Kapstadt, jeder auf seine Weise. Das wir ueber unser Projekt etwas im Licht der Oeffentlichkeit stehen, macht es schwerer, unangenehmer. Wir verkoerpern fuer manche Menschen, wie wir aus hunderten von Mails wissen, einen Lebenstraum. Aber Traeume sind nicht das Leben. Ralph und ich umarmen uns- er war fuer mich ein angenehmer Reisefreund und wird dies sicher in den naechsten Wochen auch fuer Renata sein, die ich bei ihm sicher weiss. Dann fahren die beiden davon, entschwinden meinem Blick. 19 Monate sind wir zusammengereist, dass ist wichtiger, als sich vor Augen zu fuehren, wie lange wir nicht zusammenreisen werden. Ich werde versuchen unser Projekt weiter zu fuehren. Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschuetzt und der uns hilft zu leben. Hermann Hesse, dt.Dichter 1877-1962 Ich wappne mich fuer den Kampf um meine Kamera. Hierzu radle ich zurueck nach Alem Tenna, setze mich, gemaess meinem Plan, ins Restaurant, draussen vor dem Hotel, in dem wir gestern gegessen haben. Hier verbreite ich die Geschichte des Diebstahls und setze eine Belohnung fuer die Wiederbeschaffung aus, die den wahrscheinlichen Schwarzmarktpreis des Diebesgutes uebersteigt. Ohne Kabel, Ladegeraet, die drei Betriebshandbuecher etc. ist die Kamera von beschraenktem Wert. Umgerechnet 50 Euro sollten also genuegen. Mehrere junge Maenner wittern sogleich ihre Chance, begeben sich auf Recherche. Schon nach ein, zwei Stunden scheint es eine heisse Spur zu geben, die nach Koka, dem letzten Ort vor Alem Tenna fuehrt. Der Sohn des Restaurantbesitzers, namens Zewdie Megra, laesst sich die 500 Birr geben und Geld fuer einen Minibus nach Koka und heisst mich auf seine Rueckkunft warten. Bis zum Abend tauchen immer wieder Maenner auf, die mich fragen, ob ich zur Polizei gehen werde. Wuerde ich auch nur zoegern dies zu verneinen, der Deal waere gestorben. Ich beschwoere das Vertrauen in die Wahrhaftigkeit der Ferendschis, speziell der Deutschen, erklaere, dass die Polizei mir garnicht helfen koenne und nur Papierboegen ausfuellt. Angeblich wurde die Kamera bereits in Koka gestohlen, vielleicht als ich dem Rad den Ruecken zugedreht habe, um Wasser an einem Kiosk zu kaufen. Jedenfalls sei sie bereits verkauft und von diesem Hehler auch bereits weiterverkauft, wahrscheinlich schon in Mojo, auf dem Weg nach Addis. Ein Gast laedt mich zum Trost und als Gegengewicht zu meinen schlechten Erfahrungen in seiner Heimat zum Grillfischessen ein- eine der seltenen Einladungen in Aethiopien. Am Abend heisst es: morgen frueh werde die Kamera vielleicht wieder in meinen Haenden sein. Die ganze Zeit sitze ich da und warte wie die Spinne im Netz, dass Beste, was ich tun kann. Zwischendurch sehe ich den Jungs beim Billardspielen zu. Mangels eines Ques spielen sie die Kugeln von Hand und darin sind einige wahre Meister. Zewdie bleut mir nochmals ein: Nicht zur Polizei gehen, denn der letzte Hehler sei ein gefaehrlicher Mann. Womit er meint, dass er selbst sonst Schwierigkeiten bekaeme. Ich verspreche, mein Wort zu halten. Es ist schon dunkel, zu spaet, um zu Zelten. Fuer laecherliche 10 Birr verbringe ich also die Nacht unter meinem Moskitonetz im Hotel- was die Floehe im Bett wenig schert. geschrieben am 22.3. in Nanyuki
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