Home Page english version deutsche Version

  Worum es geht...
  Highlights der Reise
  Ueber Harald Radtke
  Zeitungsartikel

  Tagebuch (952 Eintr.)
  Lesermeinungen
  Leseproben
  Reiseroute
  News Archiv

  Pamphlet zur Faulheit

  Laenderinformationen
  Literatur

  Kontaktformular
  Mediainfo/Fotos
  Impressum


Reisetagebuch

3/6/2004   Kenia / Moyole

Kenia!

Grenzuebertritt mit den Radrennfahrern

(Harald) Am Morgen gebe ich die Urinprobe in einem Labor ab. Paul steht vor dem Labor und geht mit zur Bank. Ich will an die Jungs in Bahir Dahr, Andargatschu und Molugetta, die Jahresmiete fuer ihr Zimmer ueberweisen, lasse aber sicherheitshalber das Konto ueberpruefen. Und tatsaechlich stimmen Name des Vermieters und die Kontonummer nicht ueberein und mein Geld waere im Rachen der Bank verschwunden. Ich tausche einen Travellerscheck ein, aber es gibt in Aethiopien nur Birr, die einheimische Waehrung. Fuer Kenia brauche ich aber Schillinge, die dortige Waehrung.

Ich packe zusammen, um morgen aufzubrechen.

Im Labor dann schlechte Nachrichten: Ich blute irgendwo und meine Blutwerte zeigen eine Entzuendung an, so dass ich mit Antibiotika und weiteren Pillen wieder auf die Strasse trete.

Ich habe keine Schmerzen, aber man sagt mir, die kaemen noch und draengt mir Schmerztabletten auf. Ich haette mich zu sehr verausgabt, solle eine viertaegige Pause machen, viel Obstsaefte trinken und auf Kaffee, Cola und Alkohol verzichten. Was jetzt? Es gibt hier kein Internet, was soll ich hier?

An der Tankstelle steht ein riesiger Gelaendetruck, silbern, mit etlichen Passagiersitzen. Der Fahrer sieht so aus und nennt sich auch Croc, eine Anspielung auf Crocodil-Dundee. Er und seine Crew kommen aus Suedafrika. Ein zweiter Truck gleicher Groesse ist unterwegs und Croc und seine sieben Kollegen managen ein Fahrradrennen von Kairo nach Kapstadt, das Ganze in nur 100 Tagen. Das ist eine Schicksalsfuegung: Ich erfahre gerade, dass ich krank bin und die haben zwei Aerzte und eine Krankenschwester dabei, ich bin zu schwach und die koennen mein Gepaeck aufladen und notfalls auch mich, wenns schlimmer wird. Was fuer ein Zufall!

Auf dem Schwarzmarkt tauscht Paul mir kenianische Schillinge ein.

Nach und nach fallen die Radrennfahrer in Moyale ein, wir sitzen zusammen in einem Terrassenlokal. Der Fuehrende ist Rob aus den Niederlanden, ein langer Lulatsch und sehr symphatisch. Dann kommen Amerikaner, Kanadier, Yuko, eine stille, verklemmte Japanerin, Englaender, eine Oesterreicherin die mit David, einem dunkelhaeutigen Huenen aus Philadelphia befreundet ist, der sich voellig verausgabt hat, drei Schweizer, ein Belgier und Martin, der einzige Deutsche, ein blutjunger, symphatischer Bursche, Liebling aller Muetter. Ein Hollaender mit losem Mundwerk kann es sich nicht verkneifen, sogleich mich als Deutschen anzuflaxen (Deutscher? Schade, du sahst ganz symphatisch aus), Martin hatte mich schon vorgewarnt. Als ich meiner Verwunderung darueber Ausdruck gebe, sagt Armin, ein Schweizer, dass sei ja wohl nicht verwunderlich. Der oesterreichische Gefreite schwebt wieder ueber der Szene…

Armins Unterschenkel sind beide amputiert und mit seinen Metallschenkeln und –fuessen ist er Blickfang der erstaunten Moyaler. Er ist Leistungssportler und hat an den olympischen Wettkaempfen der Behinderten teilgenommen. Unter den Racern ist auch der aethiopische Meister im Radrennfahren, der hier umkehrt.

Das Aerzteehepaar aus Alabama meint, ich werde vielleicht etwa weiterbluten, aber koenne weiterfahren. Moeglicherweise haette ich Nierensteine, aber bis Nairobi wuerde ich es schon schaffen. Ich entschliesse mich, dass Risiko einzugehen.

Ich kaufe zwei CDs, u.a. mit aethiopischer Popmusik, den Hits, die ich nie vergessen werde, weil sie mit der Zeit hier verbunden sind.

Henry Gold, der Initiator und Leiter des Rennes, hat nichts dagegen, dass ich die Gelegenheit beim Schopfe packe und mitfahre. Aber ein Obulus sei faellig, man habe Kosten. Ich bin erstmal zum Camp auf der kenianischen Seite eingeladen.

Am Nachmittag ueberschreiten alle 30 Racer und die Trucks die Grenze. Ein Hollaender hat keinen Einreisestempel, Davids Visa und das der Oesterreicherin sind mehrere Tage ueberschritten- ein Fehler der Botschaft, aber die Zollbeamten haben sie jetzt am Wickel. Ich weiss sofort, um was es am Ende gehen wird.

Ein langes Palaver hebt an, Henry spricht vom gescheiterten Rennen, Presse, Botschaft, alles nuetzt nichts. Ich schaue mir das Spielchen an, schliesslich winke ich die Oesterreicherin vor die Tuere: “Schicke alle raus und biete ihm unter vier bis sechs Augen 50 Birr pro Nase an, dann seid ihr hier in 5 Minuten raus.”

Gesagt getan- nach fuenf Minuten sind alle Drei erloest. So laeuft das mit der Korruption.

Auf der kenianischen Seite geht es easy. Ein Stempel zur Einreise, dass mein Pass keine sechs Monate mehr gueltig ist, interessiert keinen. “Welcome to Kenia”.

In Moyole, dem kenianischen Pendant der aethiopischen Seite, funktionieren die Handys der Racer wieder und es wird gleich fleissig telefoniert. Die Teerstrasse hoert hier auf und erst in Isiolo, ueber 500 km Richtung Sueden, faengt sie wieder an. Und hier herrscht Linksverkehr, ein Erbe der englischen Kolonialzeit.

Paul begleitet mich bis ueber die Grenze und fragt dann nach Geld. Ich habe ihm noch mein Muenzgeld gegeben, aber er ist nicht zufrieden. Ich habe ihm fast 200 Birr an Werten gegeben und ein Guide bekaeme taeglich sonst zehn Birr. Zum Abschied gibt er mir nicht mal die Hand. Ich drehe mich um, ohne Bedauern, ich kenne den Mist schon. Die Decke war fuer die Kinder.

Die Racer sind eine nette Truppe und ich unterhalte mich mit einigen. Henry ist begeistert von unserem Projekt, von der Tour. Seine Truppe faehrt 80 Tage lang, 20 Tage Rast sind eingeplant. Und Henry meint, die Polizei liesse mich angesichts der Ueberfallgefahr, garnicht alleine nach Marsabit radeln. Ich biete 20 Dollar fuer die Strecke bis dorthin an, dann werde ich weitersehen.

Wir campen unter Polizeischutz. Lustig ist das Stille Oertchen: ein aus Beton geformter, hoher, gruen lackierter Thron.

Ich schenke den Polizisten Kekse, dafuer halten sie mich dann so lange mit lautem Reden wach, bis ich um Ruecksicht bitte.

geschrieben am 27.3. in Nanyuki


 

 

 


  Team Login

© biketour4goodhope