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Reisetagebuch

3/8/2004   Kenia / in der Wueste, 85 km vor Marsabit

Zweite Etappe (Nice to stay with men, isnt it?)

Eine Strecke an der Grenze zur Befahrbarkeit

(Harald) Heute sind wir 85 km gefahren und was fuer eine Horrorstrecke! Das Schlimmste, was ich je erlebt habe.

Start um 7.20 Uhr, frueher als gestern, wegen der Hitze. Zunaechst ist die Strecke etwa 45 km befahrbar, nicht angenehm sicherlich, aber hinnehmbar, teils sandig, teils fester Lehm, meist Kies, Geroell, aber 15-20 km/h sind moeglich, wenn man das Rad und sich nicht schont. Ich habe meine Schutzbleche abgeschraubt, die entsetzlich klapperten und so noch ein wenig Gewicht eingespart, aber eine Gepaecktasche mit dem Notwendigsten trotzdem dabei. So wiegt mein Rad samt Vorraeten etwa 25 kg, waehrend die Semiprofis mit etwa 9-10 kg auskommen. Diese Raeder sind Wunder der Technik und kosten soviel, wie ein billiges, neues Auto.

Nach 20 km das erste Dorf mit einem kleinen Laden, bei Kilometer 45 eine Telefonstation fuer das Mobilfunknetz, von Polizei bewacht. Hier ist Mittagspause, die ich eine Stunde geniesse und Rennen Rennen sein lasse.

Nach und nach trudeln die Langsamsten ein. Big David gibt auf, Fred, ein Hollaender auch. Ich kaempfe mich weiter. Das trockene Buschland voller Akazienbaeume und –buesche verwandelt sich jetzt in eine Geroellwueste, die voellig menschenleer scheint. Die Luft flimmert ueber dem welligem Land; alleine unterwegs koennte einem hier anders werden. Die Piste hat den Namen nicht verdient. Ein Albtraum, eigentlich nicht befahrbar. Grober Lavaschotter, dicke Brocken aus Granit, die einem bei der kleinsten Unachtsamkeit die Felge verbeulen wuerden. Staendige Spurwechsel durch das Geroell, stets auf der Suche nach dem kleineren Uebel. Die Handgelenke schmerzen bald, der Ruecken, verkrampft durch das feste Halten des Lenkers, ebenfalls. Der Nacken verkrampft durch die starre Haltung. Unten am Lenker, an den Bremsen, muss der Kopf hart nach oben gebogen werden, um die Uebersicht zu wahren. Die Oberschenkel pressen beim Treten zusaetzlich nach innen, um festen Halt am Sattel zu geben.

Hinter mir rollen noch zwei Polizeiwagen als Lumpensammler.

Mein Tacho ist kaum noch benutzbar, seitdem ein Dorfjunge ihn fast zerdrueckt hat. So bin ich auf die Angaben meiner Mitfahrer angewiesen, wie weit es noch zum Ziel ist. Um 15 Uhr sehe ich die Trucks einsam in der kahlen Wueste stehen, ein paar bunte Zelte darum. Endlich! Die Letzten treffen um 16.30 Uhr ein. Es ist das amerikanische Ehepaar Ehepaar um die Sechzig, alles klatscht. Sie haben nicht aufgegeben, auf dem haertesten Abschnitt des ganzen Rennens. Bravo, unglaublich.

Es gab heute viele Stuerze, platte Reifen. Die Krankenschwester hat viel zu tun. Rob hat ein entzuedetes Bein, weil ihm bei der Schussfahrt ein dicker Stein, hochgewirbelt vom eigenen Vorderreifen, gegen das Schienenbei gesprungen ist.

Mehrere Fahrer haben Aethiopien nicht ohne Verletzungen ueberstanden. Einem Schweizer hat ein Junge einen dicken Stein mit solcher Wucht gegen das Kinn geworfen, dass er stuerzte. Martin, der Juengste der Truppe, hat eine entzuendete Wunde an der Huefte, auch ihn traf ein grosser Stein mit voller Wucht. Einem Amerikaner hat ein junger Mann einen Stock in die Speichen gesteckt, als er mit ueber 30 km/h bergab fuhr. Er ueberschlug sich, musste ins Krankenhaus. Die Liste ist laenger, bestaetigt aber das allgemeine, desastroese Bild ueber die Zustaende in Aethiopien und beweist, dass diese Attacken nichts mit dem eigenen Verhalten zu tun haben. Mehere Fahrer haben selbst Steine geworfen, um sich zu verteidigen, alle sind froh, dass Land verlassen zu haben.

Zum Abendessen gibt es lindgruenen Porretsch, eine griesartige Pampe, fast geschmacklos, die mit Ahornsirup gesuesst wird. Und Reis mit Gemuese, wovon alle wahre Berge vertilgen. Die Crew hat ein Sonnenzelt aufgebaut, in dessen Schatten man zusammensitzt, waehrend andere auf Pappunterlagen unter den Trucks ausruhen.

Unschoen ist, dass die Fahrer ihre leeren Flaschen, die Alu-verpackungen der Energieriegel etc. einfach auf die Strasse werfen. Auch wird nicht geklaert, wo der Toilettenplatz ist, so dass jeder irgendwohin geht. Und beim Essen wird haltlos geruelpst und gefurzt. Ich sage zur amerikanischen Aerztin neben mir: “Nice to stay with men, isn’t it?” (schoen, mit Maennern zusammen zu sein, nicht wahr?) Sie lacht nickend.

Alle gehen frueh schlafen. Der Wind ist derart stark, dass ich Rob bitte, mir beim Zeltaufbau zu helfen.

Hier ist es nachts derart ruhig, dass man glaubt, die Welt waere verschwunden, waehrend man im Schlaf in eine andere Dimension tauchte. Nur der Wind, der die Zeltwaende wellt, gibt Auskunft: alles ist noch an seinem Platz.

Dann geht der Mond auf und ich glaube unter einer Laterne zu campieren, so klar scheint es durch die doppelte Zeltbahn.

geschrieben am 27.3. in Nanyuki


 

 

 

 

 

 

 

 

 


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