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Reisetagebuch

3/25/2004   Kenia / Nanyuki

non-blonds

Tagtraeume

(Harald) Um 4.20 Uhr startet im engen Innenhof des Nyahururu Hotels ein Wagen- das wars mit Schlaf. Ich muss lachen, wie ich da in meinem Bett liege. Es ist einfach unglaublich, wie sich die Menschen hier gegenseitig um ihren Schlaf bringen. Und irgendwo zwischen meinem Aerger, meinem Unverstaendnis, hat sich auch Fatalismus und Galgenhumor eingeschlichen und deshalb lache ich laut.

Ich moechte am liebsten wieder raus in die Wueste, in mein Zelt, weg von der Zivilisation, dem Laerm, dem Schmutz, den Leim schnueffelnden Kindern, weg von Autos, die dich staendig fast ueber den Haufen fahren, hinein in die Stille, dorthin, wo mir jedes Essen recht war und mir klares Wasser schmeckte, hinein in den Wind, zwischen die Akazien, Hyaenen, Ziegen, ich traeume von den Rendille... Fast waere ich wieder eingeschlafen, da startet das naechste Auto.

Vor mir tuermt sich der Berg der ausstehenden Tagebucheintraege von fuenf Wochen, der laengste Zeitabschnitt ohne Internet in 20 Monaten Reise. Im Netcafe brauche ich bei der langsamen Verbindung wieder zwei weitere Stunden, um alleine Mails zu lesen und zu bearbeiten.

Den ganzen Tag verbringe ich in dem etwa 12 qm grossen Raum, indem sich sieben Computernutzer derart auf der Pelle sitzen, dass jeder des anderen Aktivitaeten zwangslaeufig beobachten muss. Die Leiterin des kleinen Unternehmens heisst Mary Makena Kirigia, eine 26jaehrige Meru, die eine flache, schwarze Peruecke traegt. Viele der jungen Damen, die sich stets in der Naehe der vielen englischen Soldaten herumdruecken, tragen solche Ungetueme auf dem Kopf, unter denen ihre kleingelockten, schwarzen Schoepfe hervorlugen, als wollten sie ihre stolzen Unterdrueckerinnen der Luege bezichtigen: Du bist nicht blond! Deine Haare sind nicht glatt!

Mary hoert nicht auf mich um Geld anzugehen: Kauf mir was zu Essen, kauf mir eine Telefonkarte. Sie kann mir nicht gerade in die Augen schauen und letztlich geht es dann doch nur ums Geld- schade, aber das wars. Die

Abends faellt der Strom aus. Ich sitze geschockt da und schaue auf einen grauen Bildschirm- meine Niederschrift ist geloescht, ich kann wieder von vorne anfangen.

Der Stromausfall dauert 50 Minuten. Ich fange wieder von vorne an, bis der Strom wieder ausfaellt, diesmal endgueltig. Meine Arbeit ist z.T. wieder geloescht, es regnet, ich friere, bin muede und ueberhaupt: Schiete!

Ein paar Blocks der Stadt haben Strom, weshalb ich mich auf die Suche nach einem anderen Netcafe mache. Aber die liegen ausgerechnet alle im nicht bestromten Bereich. Na, herzlichen Glueckwunsch!

Mittags habe ich einem der zerlumpten, Kleber schnueffelbden Strassenjungs Chips gekauft, die er gierig verschlungen hat. Als beim Abendesssen im Hoteli wieder so einer vergeblich vor der Kuechentuere herumlungert und hinausgeschickt wird, lade ich ihn ein, meine Tschapatis zu teilen und einen Tee zu trinken. Er bedankt sich leise murmelnd und zieht gleich danach davon.

geschrieben am 6.4. in Nanyuki


 


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