4/3/2004 Kenia / Nanyuki
Wolkenbruch
taegliche Regenzeit
(Harald) Morgens scheint meist die Sonne, ein blaues Firmament, schneeweisse Woelkchen, man ahnt nicht, was meist am Mittag aufzieht und sich dann nachmittags aus grauen, ja graphitfarbenen Wolken ergiesst. Das ist kein Regen, kein normales Gewitter, dass ist ein Wolkenbruch, wie ich selten einen erlebt habe. Der Himmel oeffnet die Schleusen und die Tropfen fallen so dicht, dass sie Verbaende bilden, die wie Wasserbomben auf das Dach des Netcafes klatschen, dass man unwillkuerlich dauernd nach oben schaut, ob es die Belastung dieses wuetenden Ansturms auch aushaelt. Ein paar Rinnsale finden ihren Weg durch die Dachabdeckung und rinnen auf die Computer, die sofort ausgeschaltet und mit Plastikplanen abgedeckt werden. Auf der Terrasse des Marina-Restaurants staut sich das Wasser, denn der Ablauf kann die Massen nicht aufnehmen und binnen Minuten verwandelt sich die Terrasse in ein Freibad, mit Inseln aus Bar, Netcafe und Billardraum, die keiner ohne Gummistiefel verlassen kann. Die Tropfen klatschen wie kleine Explosionen auf diese Teichoberflaeche, verwandeln sie in eine Igelhaut aus Wasserhaarfontaenen. Das Prasseln uebertoent die sich ueberschlagenden Lautsprecher, zwischen den Inseln wird gerufen, um sich zu verstaendigen, obwohl man nur vier Meter voneinander entfernt steht. Die Strassen verwandeln sich in ein Netzwerk aus braunen Baechen, die schneller fliessen, als ein Jogger laeuft, in den Nebenstrassen fliesst das Wasser die Boeschungen herunter, der Nanyuki River wird zum reissenden Moloch, der alles mitreisst, was sich an seinen Uferboeschungen angesammelt hat, er macht Grossreine. Jeder sucht Deckung vor diesem Unwetter, fluechtet, deckt seine Waren ab, schliesst Fenster und Tueren, die Strassen sind wie leergefegt. Dabei ist der Regen nicht kalt und es stuermt nicht, es blitzt selten. Manchmal ziehen unter den grauen Wolkentuermen noch Fetzen kleiner, weisser Wolken durch, die schneller dahinfliegen als der graue Riese ueber ihnen, als wollten sie sich eiligst noch davonmachen. Hoert der Regen auf, ist das Wasser auf den Strassen so schnell verschwunden, wie es aufgetaucht ist und hinterlaesst braune Pfuetzen, die die unbefestigten Nebenstrassen in Schlamm umwandeln, dessen lehmige Konsistenz die Oberflaeche in eine eisglatte Rutschbahn verwandelt. Fussgaenger, Radfahrer, Autofahrer schlittern, fallen, drecken sich ein. Die Luft ist danach herrlich frisch, der Staub ist gebunden, die Faulgerueche der vielen Abfallhaufen verschwinden fuer ein, zwei Stunden, bis die Sonne den Gaerprozess wieder ankurbelt. Die Andenkenverkaeufer heben die gelben Plastikplanen hoch, unter denen sie ihre Schnitzereien versteckt haben und der Kellner im Marina schiebt das Wasser mit einem Gummibesen ueber die Treppe von der Terrasse. Am Abend faehrt Stefan mich und Jenny in den Bucaneer-Club zum Tanzen. Jenny tanzt genauso gerne wie ich, aber unser anfaenglicher Enthusiasmus legt sich alsbald, nachdem der DJ sich entschlossen hat, nur noch kenianischen Bumm-Bumm-Hip-Hop aufzulegen. Heute sind keine englischen Soldaten hier, sonst saehe das anders aus. geschrieben am 8.4. in Nanyuki
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