4/17/2004 Kenia / Nairobi
Geschichte Kenias (1)
Der erste Mensch war dunkelhaeutig / Die Massai
(Harald) So wie wir europaeische Christen frueher glaubten, die Sonne drehe sich um die Erde und Europa sei der Mittelpunkt der Welt, der einzige Ort auf dem Planeten mit intelligentem Leben und somit zum Herrschen bestimmt, so haben wir auch gelernt, Adam und Eva seien Weisse gewesen. Als ich vor etwa 7 Jahren bei einer Schulauffuehrung den Adam im Paradies mimte, diente man mir eine blonde Peruecke an, die auch Eva tragen sollte. Ich lehnte mit der Begruendung ab, Adam habe schwarze Haare gehabt- abgesehen davon, dass er nicht in wallende Gewaender gekleidet, sondern sicherlich nackt war. Alle anthropologischen Funde deuten darauf hin, dass die sog. "Wiege der Menschheit" in Ostafrika stand. Funde in Suedaethiopien und Nordkenia um den Turkanasee herum, lassen den Schluss zu, dass sich die ersten Hominiden, also Menschenaehnlichen, vor etwa 4-5 Millionen Jahren entwickelten, moeglicherweise aber schon frueher. Sie gingen aufrecht, wie Funde in Tanzania beweisen und hatten ein groesseres Gehirnvolumen als Affen. Strittig unter den Wissenschaftlern ist der tatsaechliche Stammbaum des Menschen; von bis zu 22 Vormenschengattungen und sieben Urmenschenarten ist die Rede. Vor etwa 2 Millionen Jahren lebte der Homo Habilis, der "Geschickte Mensch", der die ersten Werkzeuge verwendete und vor 1,6 Millionen Jahren entstand der Homo Erectus, der nicht nur bessere Werkzeuge herstellte, sondern auch das Feuer nutzte und wahrscheinlich eine erste Sprache entwickelte. All dies ermoeglichte es ihm, sich aus Afrika in kaeltere, fremde Regionen auszubreiten und so wurden seine versteinerten Knochen auch in Asien und Europa gefunden. Erst vor 120000 Jahren entstand der Homo Sapiens und breitete sich vor etwa 100000 Jahren ueber die Erde aus und erreichte vor ca. 30000 Jahren auch Amerika. Als vor etwa 4000 Jahren in Aegypten die Pharaonen herrschten und dort das Rad erfunden wurde, eine Schriftsprache entstand, riesige Gebaeude erbaut wurden, lebten in ganz Afrika seit Jahrzehntausenden nur ein paar Hunderttausend Menschen. Bis vor etwa 2000 Jahren ist keine ausgepraegte Kulturform nachweisbar, die Afrikaner lebten als Jaeger und Sammler, d.h., sie jagten Wildtiere, zuechteten aber keine Haustiere wie Rinder, Ziegen, Schafe, Hunde etc. Sie bebauten auch kein Land, sondern sammelten, was die Natur hergab. Sie kannten kein Rad und hatten keine Schrift. Moeglicherweise aehnelten sie den Pymaeen und Buschmaennern, zwei kleinen Menschenformen, die heute noch im suedlichen Afrika leben. Reste ihrer Sprache mit Schnalz- und Klicklauten lassen sich in einigen Sprachen Kenias noch nachweisen und auch in Aethiopien haben wir solche Laute gehoert. Seit 2000 v.Ch. fanden umfangreiche Voelkerwanderungen in Afrika statt, in deren Verlauf kuschitische Staemme aus Suedarabien ueber Nordaethiopien einwanderten, die auch den Beschneidungsritus nach Afrika brachten. Sie betrieben Ackerbau und Viehzucht und waren handwerklich sehr geschickt. Ab etwa 500 v.Ch. wurden sie von den Bantu voellig verdraengt, die aus Westafrika, dem heutigen Nigeria und Kamerun einwanderten. Sie beherrschten die Eisenverhuettung und breiteten sich dank ihrer ueberlegenen Waffen grossraeumig aus. Die kenianischen Staemme der Kikuju, Meru, Kamba, Gusii und Mijikenda sind Nachfahren der Bantu, waehrend Somali und Rendille Nachfahren der Kuschiten sind und erst spaet aus Somalia nach Kenia einwanderten. Etwa um die Zeitenwende wanderten dann sog. Niloten aus dem gruenen Suedsudan ein. Diese Staemme werden unter der Stammesbezeichnung der Kelendschin zusammengefasst. Der letzte kenianische Praesident Moi war ein Kalendschin. Eine zweite Welle von suedniliotischen Staemmen kam Anfang des 16. Jh. nach Kenia, der grosse Stamm der Luo, die am Viktoriasee leben, stammt daher. Und erst vor 400 Jahren kamen in einer dritten Welle die Maa sprechenden Staemme, wie Samburu und Massai, weitere 100 Jahre spaeter die Turkana, die ihre Nachbarn seitdem bedraengen, z.B. die Pokott und Samburu. All diese Wanderungen waren mit Kriegen und Verschmelzungen verbunden, so dass sich die Kulturen mischten. Die kuschitischen Rendille z.B. haben erst in juengster Zeit Sitten und Gebraeuche der Samburu, Vettern der Massai, uebernommen, was das friedliche Zusammenleben der beiden, vordem so unterschiedlichen, Staemme erklaert. Herausragend waren dabei die Massai, die in einem strengen Kastensystem leben, in dem es eine Kriegerkaste, die Moran, gibt. Sie verfuegten somit ueber ein "stehendes" Heer und waren damit anderen Staemmen militaerisch ueberlegen. Obwohl nur ein paar zehntausend Koepfe zaehlend, waren sie aeusserst aggressiv und die Geschichte Ostafrikas seit Mittte des 19.Jhs. waere sicher anders verlaufen, wenn nicht die aus Somalia eingeschleppte Rinderpest die Viehbestaende der Massai um Mitte des 19. Jh. dahingerafft haette, gleichzeitig eine lange Duerre und Epedemien die Massai hingerafft haetten. Unter dem Druck kam es zu erbitterten Stammesfehden zwischen den fuenf Clans der Massai, in deren Verlauf der Clan der Laikipia voellig ausgerottet wurde. Der Laikipia Distrikt um Nanyuki herum und das Laikipia-Plateau tragen heute noch den Namen dieses verschwundenen Clans. Die eindringenden Englaender trafen also nicht mehr auf die volle militaerische Staerke der Massai. Vorher waren die Massai beruechtigt, weil niemand ohne ihre Erlaubnis und Tributzahlungen ihr Land durchqueren konnte. Selbst die starken Sklavenkarawanen machten einen Bogen um ihr Land, geschweige denn es ihnen gelungen waere, Massai zu Sklaven zu machen. geschrieben am 22.4. in Nairobi
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