Home Page english version deutsche Version

  Worum es geht...
  Highlights der Reise
  Ueber Harald Radtke
  Zeitungsartikel

  Tagebuch (952 Eintr.)
  Lesermeinungen
  Leseproben
  Reiseroute
  News Archiv

  Pamphlet zur Faulheit

  Laenderinformationen
  Literatur

  Kontaktformular
  Mediainfo/Fotos
  Impressum


Reisetagebuch

4/18/2004   Kenia / Nairobi

Stadtbummel und Pilau

Erste Eindruecke

(Harald und Renata) Renata und ich sind uns im Laufe der Wochen etwas fremd geworden, aber wir freuen uns, uns wieder zu sehen. Ihre Grenzueberquerung im gefaehrlichen Norden, einer der unruhigsten Gegenden Kenias, ist gut ueber die Buehne gegangen, dass ist das Wichtigste. Und Ralph und sie hatten beeindruckende, unvergessliche Erlebnisse. Mich hat vor allem die Geschichte mit Seven beruehrt.

Es gibt, wie immer in den Hauptstaedten, viel zu tun. Mein Rad muss repariert werden, ein neuer Tacho muss sein, meine Hose aus Istanbul ist voellig durchgescheuert. Derart verschlissene Kleidung habe ich mein Leben lang nie getragen, aber jetzt faellt es mir schwer, mich von solch einer billigen, loechrigen Hose zu trennen. Vielleicht auch, weil sie einen Abschnitt Leben verkoerpert, oder weil ich jetzt so wenig besitze.

In Renatas Hotel gibt es ein Netcafe, indem sie schon einen Sondertarif vereinbart hat. Gegenueber liegt das "Malindi Dishes Restaurant", dass von Moslems gefuehrt wird. D.h., es gibt keinen Alkohol und man gruesst mit "Salem aleikum". Hier wird u.a. "Pilau" serviert, ein brauner, mit Cardamom, Nelken und Pfefferkoernern gewuerzter Reis mit knorpeligen, fettigen Rindfleischstuecken und Salat. Morgens essen wir Tschapati oder Mandasi, Szamoszas und trinken "White Coffee"- pure, heisse Milch mit Kaffeepulver. Es gibt, seit Aegypten vermisst, eiskalten, frischen Mango- und Passionsfruchtsaft.

Im Gebaeude des Hilton-Hotels hat sich ein Kunsthaendler eingemietet. In diesem Geschaeft halten wir uns lange auf, bewundern die phantasievollen Holzschnitzereien, Batiken und Oelgemaelde. Die Kunstwerke scheinen Lebenslust nur so verspruehen und erst nach ueber einer Stunde verlassen wir die Ausstellung.

In der Innenstadt liegen Moderne und Tradition dicht nebeneinander und gerade diese Mischung aus Hochhaeusern und Kolonialgebaeuden macht den Reiz der Stadt aus. Letztere sind in den 20er, 30er Jahren entstanden, mit Arkadengaengen, die von runden, heutzutage grellbunt lackierten Saeulen getragen werden. Die Geschaefte sind oft winzig-klein, vollgepackt mit Waren. Luxus pur in der City, nur einen Steinwurf entfernt liegen die Schnueffelkinder benommen mit dem Gesicht auf dem Gehsteig und schlafen. Bettler zeigen ihre Leprahaende oder Amputationen, blinde Bettler werden von ihren Fuehrern geleitet. Ein lauter, rasender Verkehr beherrscht das Strassenbild und zweimal reisst mich Renata bei einer Strassenueberquerung zurueck, weil die Matatu- und Busfahrer wie irre rasen und keinerlei Ruecksicht auf Unfallgefahren nehmen. Heisst, wenn sie sehen, dass ein Musungu in die falsche Richtung schaut, weil er, aus Europa oder Amerika kommend, den Linksverkehr nicht gewohnt ist, bremsen sie nicht ab, sondern fahren durch. Tritt man auf die Strasse, ist man tot. Und wer derart ignorant ein Menschenleben riskiert, schlaeft nach einem Unfall womoeglich noch gut, weil der Musungu ja nicht aufgepasst hat und selber schuld ist. Die Brutalitaet, mit der riesige Busse laut hupend durch engste Strassen rasen, die Fussgaenger foermlich von der Strasse fegend, ist unglaublich. Und die Polizei schaut zu.

Die Strassen heissen "Kenyatte Avenue"- nach dem ersten Praesidenten des Staates, Moi Avenue- nach dem zweiten Praesidenten, Tom Mboya Street- nach einem 1969 auf offener Strasse ermordeten, charismatischen Gewerkschaftsfuehrer und Politiker. Politischer Mord ist auch heute noch an der Tagesordnung in Kenia. Gerade ist Mois Sohn des Mordes angeklagt worden, aber die meisten Politmorde werden nie aufgeklaert, dazu gibt es zuviel Geld in den falschen Haenden, zuviel Korruption. Wie frustrierend das Leben in einem derartigen Staat fuer die Rechtlosen sein muss, wieviel Wut sich da aufstaut und irgendwann entlaedt. Kenia ist einer der aermsten Staaten der Welt, trotzdem es hier viel besser aussieht, als in Aethiopien. In jedem Fall ist das Land in der Spitzengruppe der Staaten mit dem groessten sozialen Ungleichgewicht. Die politische und wirtschaftliche "Elite" rafft sich Vermoegen zusammen und schafft das Geld in die Schweiz, baut sich in Europa Villen. Aber auf dem jetzigen Praesidenten Kibaki, dessen Foto in nahezu jedem Geschaeft, Betrieb, jeder Lobby usw. haengt und mit "Seiner Exzellents" untertitelt ist, ruhen anscheinend grosse Hoffnungen.

Die Atmosphaere in der Stadt ist hektisch, immer wieder laufen einem Leute vor die Fuesse, ohne Entschuldigung fuer diese Unhoeflichkeit, man wird angerempelt und ich habe mir schnell angewoehnt, staendig auszuweichen und die Arme hinter den Ruecken zu schwingen.

Um den 28.4. kommt Ralph aus Mombasa zurueck, bis dahin wollen wir alles erledigt und gesehen haben.

geschrieben am 29.4.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


  Team Login

© biketour4goodhope