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Reisetagebuch

5/11/2004   Tansania / Mount Meru

Massai im Nebel

1. Tag

(Harald) Um 7 Uhr ist der Guide mit zwei Traegern puenktlich zur Stelle. Wir nehmen nur das Noetigste mit- jetzt sind meine Besitztuemer dreigeteilt: Nairobi, Arusha und auf meinem Ruecken.

Ein Matatu bringt uns Richtung Mount Meru, wo wir in einer kleinen Ortschaft umsteigen und ein weiterer Bus laedt uns im scheinbaren Nirgendwo ab. Der Fuehrer und ein sehr junger Traeger und Oliver tragen die schwersten Lasten, der Wassertraeger hat zwei kleine Plastikkanister am langen Arm und mir hat der Guide einen stabilen Rucksack geliehen, der gut gefuellt, aber trotzdem nur halb so schwer ist, wie die anderen.

In einem kleinen Restaurant fruehstuecken wir Szamoszas, trinken Massala-Tee, eine Milchteevariante mit Gewuerzen, u.a. etwas Pfeffer. Der Himmel ist bedeckt, aber es regnet nicht, als wir aufbrechen. Ueber kahlgeschlagene sattgruene Wiesen gehts almmaessig aufwaerts, staendig kommen uns Massaifrauen und -kinder entgegen. Die Frauen tragen Feuerholz auf dem Kopf oder Ruecken, die Knaben treiben Ziegen vor sich her. Sie sind nur noch z.T. traditionell in rotem Stoff gekleidet und sind sesshaft geworden. Ihre Rundhuetten stehen an den Haengen um uns herum. Mehrfach werden wir angebettelt, obwohl es den Leuten hier gut geht. Selbst aeltere Jungs sind nicht zu stolz, die Hand offen zu halten: "Give me 100." Kein "Bitte", kein Laecheln. Der Guide und die beiden Traeger sind selber Massai und ebnen uns den Weg durch die Anfragen.

Tief haben sich die ungebremst zu Tal stuerzenden Regenfluten in die erdigen Haenge gegraben, Folge der Abholzung der Baeume und Buesche, deren Kronen sonst den Regen auffingen und abbremsten und deren Wurzeln das Wasser aufnahmen. Stattdessen treten jetzt zuviele Rinder die Erde fest, deren Aufnahmefaegigkeit fuer Regenwasser sich dadurch verringert.

Hier wird vornehmlich Mais angebaut, aber auch Kartoffeln, Maniok, Tomaten, Salate, Moehren etc.

Wir erreichen einen grossen Familien-Wohncompound, Manjatta genannt, aus mehreren runden und rechteckigen Huetten. Es sind nur die Frauen zu Hause und man kennt sich offensichtlich. Schnell wird klar, warum wir diesen Weg gewaehlt haben. Nach und nach haben Oliver und ich schon Vorkasse an den Fuehrer gezahlt und mit diesem Geld kaufen die Maenner hier Beutel mit Marihuana, dass hier am Berg waechst und von den Frauen gesammelt und getrocknet wird. Alle, incl. Oliver, drehen sich eine Tuete und offenbar haben wir keinen Zeitdruck, was mich angesichts der Hoehe des Berges wundert, denn uebermorgen sollen wir ja schon wieder zurueck sein.

Ich schaue mir die Rundhuette an, in der gekocht wird. Alles ist handwerklich recht ordentlich gemacht und sauber. Drinnen wird nur gekocht, alles ist verqualmt, weil es keinen Rauchabzug gibt. Aber die Huette ist gross und geschlafen wird nebenan im Rechteckbau. Dies ist eine wohlhabende Familie, die neben ihrem Vieh auch noch Felder besitzt. Trotzdem rennen die 2-Jaehrigen schreiend davon, als sie die Musungus sehen- ein urkomisches Gefuehl, dass allein der eigene Anblick solche Furcht ausloest. Aber das waere bei deutschen Knirpsen wohl genauso, wenn sie erstmals einem schwarzen Mann begegnen wuerden.

Wenig spaeter sind wir schon auf einem der riesigen Kaemme, die sternfoermig auf den Berg zulaufen und erreichen den Nadelwaldguertel. Wir essen und dabei erscheinen vier Aeltere, einer offensichtlich bei der Forstverwaltung taetig, wie sein Meessgeraet und seine Liste verraet. Wir sind auf einem sog. Bushtrail, also ohne Parkgebuehren zu entrichten unterwegs. Das wissen die Maenner und verlangen Schweigegeld, drohen uns sonst bei den Parkrangern zu verpfeifen. Eine offizielle Besteigung koennen wir uns nicht leisten, die kostet etwa 400 Dollar!

Oliver kennt das Handeln aus Indien, wo er die letzten sechs Monate war. Aber hier ist das schon noch was anderes und deshalb lasse ich ihn das Wort fuehren, in der Gewissheit, dass die Aelteren seine Gutmuetigkeit schnell spitz bekommen.

Und tatsaechlich: Nachdem man 3.000 KSH verlangt und bekommen hat, verlangt man einfach 20.000. Mein Einsatz!

Die beiden zum Verhandeln und unserer Ueberwachung dort sitzenden Aelteren scheinen sehr relaxt und sicher und deshalb gehe ich gezielt in ihren Ruecken und winke unseren Guide zu mir. Als ich die Maenner von hinten, ueber ihnen stehend, anspreche, springt einer wie von der Tarantel gestochen auf. Ich sage ihnen, dass ich der Aelteste bin und die Entscheidungen faelle und das wir auf keinen Fall 20 TD zahlen und wenn sie darauf beharrten, bekaemen sie garnichts, weil wir dann zurueckgingen. Sie nicken und ich biete 10 TD an, was zuviel ist, aber wir verlieren zuviel Zeit. Der Vorgesetzte muss her und einer laeuft los und holt ihn. Besser er kommt zu mir, als das ich zu ihm gehe.

Der Mann nickt die Summe mit unbewegtem Gesicht ab und wir verlangen, dass er uns den sichersten Weg zeigt, damit wir nicht doch weiter oben den Rangern in die Arme laufen. Er gibt uns einen Fuehrer mit, der uns nach 20 Minuten Begleitung einen setlich um den Kamm fuehrenden Weg zeigt und dann zurueckgeht.

Der Pfad ist so schmal wie ein Fuss. Die Aussicht ist gigantisch. Wir sind von etwa 1500 Metern NN gestartet und schon jetzt hoch ueber den Doerfern, die unten zwischen Nebelfetzen erkennbar sind, in denen die mit leuchtend-roten Wolldecken bekleideten Hirten teilweise verschluckt werden.

Die Luft wird immer kuehler und feuchter. Wir erreichen ein bewaldetes Hochplateau und einen Waldweg, der offensichtlich von Autos befahren wird. Ein Motorrad kommt naeher, ein uns entgegenkommender junger Mann springt panisch ins Gebuesch und auch wir verbergen uns duckend hinter Busch und Baum. Als der Ranger davongeknattert ist, laufen wir weiter, treffen auf einen Mann mit seinen zwei Frauen, die gerade verbotenerweise Feuerholz einschlagen. Wir sind wieder falsch, muessen zurueck, um eine Quelle zu finden. Die liegt auf einer huefthoch mit hartem Gras bewachsenen Wiese, von Bueschen durchstanden, die juengere der beiden Frauen holt uns das Wasser. Wir fuellen alle Behaeltnisse auf, Oliver und ich haben uns ganz auf die drei Fuehrer verlassen und nur eine kleine Wasserflasche dabei.

Am jenseitigen Rand der Wiese machen wir Halt und gucken einen Zeltplatz aus, die Sonne steht schon tief, es wird immer kaelter. Vor uns liegt der dichte Regenwaldguertel, dessen weitentfernte Grenze oben am Berg die letzten 1000 Hoehenmeter markiert. Darueber thront der maechtige Gipfel im orangen Abendrot- herrje, ist das noch weit! Und das alles morgen an einem Tag? Ich kann es nicht glauben.

Es wird auf Gasbrennern gekocht und bei den Vorbereitungen werde ich etwas deutlicher zu unseren Fuehrern, die keine sind. Wenn ich etwas frage, bekomme ich schlichtweg keine Antwort, oder man weicht aus. Warum schaut ihr dauernd durchs Fernglas? Sucht ihr Ranger oder den Weg? Gibt es oben noch Wasser? Das sind wichtige Fragen und da sich die Maenner offensichtlich garnicht hier auskennen, sicher berechtigt. Oliver versucht zu schlichten, sind doch gute Jungs. Aber darauf kommts nicht an, ich muss mich auf sie verlassen koennen. Das ist mein erster Berg und gleich so ein Monstrum.

Gleich nach dem Essen ist es dunkel und alle gehen schlafen.

geschrieben am 16.5. in Arusha


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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