5/17/2004 Tansania / Moshi/Arusha
Schleichpfad auf den Killi?
Nach Moshi, der Stadt am Fusse des Gletscherberges
(Harald) Ich habe mich bis vier Uhr morgens auf dem Hof mit einem Tansanier und einem Somalier ueber Gott und die Welt unterhalten- und dies im wortwoertlichen Sinne. Wir, der Christ, der Moslem und der Agnostiker, haben uns viel zu sagen gehabt, gelacht, ernsthaft diskutiert, oft waren wir unterschiedlicher Meinung. Wir haben gemeinsam gefroren, aber keiner wollte aufhoeren. Und nach dieser Nacht mochten wir uns umso mehr. Dieses, ueber fuenf Stunden dauernde Nachtgespraech, wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Beide waren uebrigens der Meinung, ich sei Einheimischer, also weisser Kenianer oder Tansanier. Das erfuellt mich mit Stolz und zeigt mir, dass ich wirklich in Afrika angekommen bin. Wenn ich in Arusha ueber die Strassen gehe, sprechen mich die Touristenguides mit der Vorhersage an: "Ich weiss, sie sind ein Resident (Einheimischer), aber..." Oliver und ich fahren mit einem Bus nach Moshi, der naechstgelegenen Stadt, die am Fusse des Kilimandscharos liegt und Ausgangspunkt fuer die meisten Bergbesteigungen dient. Hier wollen wir, direkt vor Ort, nochmals erfahren, ob es nicht moeglich ist, den mit 5895 Metern hoechsten Berg Afrikas auf einer inoffiziellen Route zu besteigen. Die Stadt ist etwas ruhiger als Arusha, laendlicher. Auch hier eine Mischung aus Moscheen, Kirchen, viel Strassenhandel, hunderten kleiner Restaurants, einigen vollverschleierten Frauen, buntgekleideten Indern und Marktfrauen. Wir setzen uns, gemaess der afrikanischen Tugend des Abwartens und Teetrinkens, erstmal einfach an einer belebten Kreuzung, vor einem Cafe an einen weissen Plastiktisch. Ich fuehle mich eigentlich ueberall, wo ich hinkomme, gleich Zuhause. Mir ist so Vieles selbstverstaendlich geworden in den 22 Monaten, die ich schon unterwegs bin, dass ich garnicht mehr bemerke, dass dies fuer andere nicht so ist. Oliver und ich warten nicht lange, schon stellen sich die ersten Jungs ein, die wissen wollen, wie sie ein Geschaeft mit mir machen koennen. Wir erzaehlen, dass wir einen erfahrenen Berg-Guide suchen und nach einer halben Stunde sitzen zwei aufgeweckte Burschen an unserem Tisch, hoeflich, offen, konkret, offensichtlich bergerfahren. Wie ich vermutet und aus Olivers Trekkingbuch herausgelesen hatte, gibt es eine nicht mehr benutzte Route auf den Berg, aber die trifft nahe des Gipfels wieder auf die anderen, belebteren Routen. Spaetestens dort wird man von den zahlreichen Rangern bemerkt und kontrolliert und dann heisst es ohne Gipfelbesteigung sofort zurueck. Man zieht uns ergo endgueltig den Zahn, unbemerkt, auf Schleichpfaden, ohne Park-, Zelt-, Bergungsgebuehren auf den Gipfel zu kommen. 5 Tage kosten 600 Dollar-basta. Nur wenn man den Gipfel in drei Tagen schafft, kommt man, eisern verhandelt, auf 360 Dollar. Das ist fuer mich zuviel und der einzige 6000er, den ich als Laie besteigen koennte, ist somit "gestorben". Nur Oliver juckt es trotzdem. Wir schlendern durch die Strassen, ruhen uns im Schatten einer Vorhalle einer Moschee aus, von neugierigen Kindern beaeugt. An der Dalla-Dalla-(Bus) Haltestelle, bestelle ich Pilau, den mit Nelken, Zimt und Pfefferkoernern gewuerzten Reis mit Fleischbrocken, gemaess afrikanischer Sitte mit reichlich Knorpel, Fett und Knochen. Und wiedermal vereinbare ich einen Preis, bekomme aber, als ich einen groesseren Schein reiche, kein Wechselgeld zurueck. Oliver stoesst zu der Auseinandersetzung und will sogleich beschwichtigen, einlenken, aber ich weiss, so geht das nicht. Erst als ich ihm klar sage, er sei doch garnicht dabei gewesen, als ich die Vereinbarung getroffen habe, gibt er nach. So ist es fuer mich nur noch schwerer, an mein Geld zu kommen. Andere schalten sich ein, Hauptursache ist ein junger Mann, der unbedingt eine Komission haben will und die Frau hinter der Theke entsprechend geimpft hat, obwohl ich ihm bereits bei der Bestellung gesagt habe, fuer mein Essen gaebe es keine Provision, denn er hat mich nicht hierher gefuehrt, ich bin von selber gekommen. Gaeste uebersetzen, die Frau windet sich, redet sich raus, ich bleibe ruhig, aber bestimmt. Sie erhoeht schrittweise ihr "Angebot". Erst als ich ueber die Theke in die Kasse greife, lenkt sie ein und gibt das Wechselgeld zurueck. Immer der gleiche Aerger, die gleiche Gier. Verstehe ich zwar meistens irgendwie, geht mir aber trotzdem auf den Geist. Wir erreichen am Abend Arusha mit der Gewissheit: Der Kilmandscharo ist zu teuer. Aber ein anderer Berg, der Lengai, ein aktiver Vulkan am Rande der Serengeti, unweit des Ngorongoro-Kraters gelegen, ist jetzt das Ziel unserer Wanderwuensche. Der junge Guide, der uns schon die erste Tour organisiert hat, taucht mit einem neuen Guide auf, weil der bisherige angeblich den Lengai nicht kennt. Der Mann macht einen Riesenzinnober darum, ein echter Massai zu sein, sieht aber irgendwie abgerissen aus und schlaegt bei einem erstaunlich niedrigen Preis fuer die Zwei-Tage-Tour ein: 15 Dollar. Aber am Ende will er einen Vorschuss und iweder laesst sich Oliver darauf ein, entgegen meiner Meinung. Mich macht gerade das Gerede des angeblichen Guides um seine Frau, die kein Brot habe, misstrauisch. Oliver sagt den Jungs, er vertraue den Massai, dass seien gute Leute. Und er gibt dem fremden Jungen 10 Dollar und dem Guide 2 Dollar fuer die Vermittlung. Morgen frueh um 7.30 Uhr solls losgehen. geschrieben am 24.5. in Arusha
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