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Reisetagebuch

5/23/2004   Tansania / Arusha

Immer Aerger mit Harry

Neue Plaene

(Harald) Unerwartet kommt Oliver heute schon zurueck. Nach einer kurzen Pause ist er ueber 20 km bis zum Fuss des Lengai gelaufen und hat in der Nacht mit einem Guide den Gipfel bestiegen und ist am Morgen gleich wieder ins Dorf zurueckgekehrt. Entgegen der Ankuendigungen ist aber keine Lava zu sehen gewesen, hie und da etwas Schwefelrauch und stellenweise ein Grummeln im Berg. Aber die Fotos zeigen einen mit weissem Salz ueberzogenen Krater und eine schoene Aussicht, die die Muehe lohnen, sich ueber 10 Stunden hinaufzuquaelen und dann 3,4 Stunden wieder hinunter.

Wie Oliver hier auf seinem Rucksack in meinem Zimmer da vor mir sitzt, ist ihm die Erschoepfung nach einer schlaflosen Nacht gut anzusehen. Aber er hats geschafft.

Paul, einer meiner beiden naechtlichen Gespraechspartner hat seine Einladung in sein Hotel in der Serengeti erneuert. Als ich ihm sagte, dass ich leider ablehnen muesse, auch wenn er mir nichts fuer die Uebernachtungen berechnen wuerde, sagt er, er wuerde auch die Parkgebuehren fuer mich bezahlen. Na, das nenn ich mal ein Wort. Nur erscheint er leider am Abend nicht wie verabredet, um Einzelheiten zu klaeren. Vor allem frage ich mich, warum er das fuer mich tun moechte.

Mit Oliver gehe ich zu dem Strassen-Schuhverkaeufer, der mir fuer zuviel Geld meine Wanderschuhe verkauft hat. Wir hatten vereinbart, dass er mir nach 10-14 Tagen Zweidrittel des Betrages zurueckzahlt. Die Schuhe sind von einem der oertlichen Schuhputzer auf Hochglanz gebracht worden, aber konfrontiert mit der Rueckgabe gibt es, wie leider von mir erwartet, Aerger mit dem Mann. Er bietet frech nur die Haelfte an, ich insistiere, drohe ihm mit richtigem Aerger, wenn er sich an unsere Handschlagvereinbarung nicht haelt. Die Umstaehenden Nachbarhaendler erinnern sich natuerlich genau an den Deal, aber keiner unterstuetzt uns. Ich drohe mit Polizei, aber das hilft nicht und es ist auch kein Beamter zu sehen. Also schnappe ich mir aus seinem Regal einfach vier Paar schwarze Herrenschuhe und marschiere, zur Verblueffung der Haendler, einfach davon. Kein Geld, keine Schuhe! Oliver versucht weiter zu verhandeln, wir spielen "Guter Cop, boeser Cop"- jeder hat seine Rolle. Der Haendler erhoeht sein Angebot, wir bestehen auf Korrektheit. Ein Inder schaltet sich ein, unterstuetzt uns deutlich. Schliesslich gibt der Kerl nach und zahlt den vereinbarten Betrag aus.

Am Abend der naechste Fall. Mangels tansanischem Geld habe ich einem Internetmitarbeiter ein Deposit in kenianischen Schilling gegeben, zuviel Geld, damit er sicher sein kann, dass ich zurueck komme. Aber jetzt hat er das Geld angeblich schon getauscht und eine seeehr schlechte Umtauschquote anzubieten. Ausserdem stimmt der Betrag ansich nicht. Ich muss schliesslich die Polizei bemuehen, denn ich kann ja schlecht einen Computer unter den Arm klemmen.

Vor dem Polizeipraesidium laufen im Joggintempo vier Beamte in Uniform zur Strafe wegen irgendwas auf und ab, ihre Gewehre mit beiden Haenden ueber den Kopf gehoben, ein dickbaeuchiger Offizier beaufsichtigt das Ganze. Die Jungs lachen, unterhalten sich, dass sieht eher wie eine Farce aus. Und mir ist unverstaendlich, wieso die Polizei ihre Leute vor den Buergern so blosstellt, dass koennte man im Hinterhof ohne Publikum machen.

Gerade ist Schichtwechsel und die neue Mannschaft uebernimmt die verschiedenen Gewehrtypen, von Repetiergewehren aus Grossvaters Zeiten, bis zur Pumpgun, und kontrolliert mit viel Getoese innerhalb des Reviers, ob keine Munition in den Patronenkammer ist. Damit auch jeder das mitbekommt, gleich mehrmals, was technisch keinen Sinn macht und wenn eines der Gewehre durch Irrtum geladen gewesen waere, haette es keicht einen Toten geben koennen, denn das macht man draussen, vor dem Gebaeude und in die Luft gerichtet.

Die Waffen werden in jeder denkbaren Haltung getragen, am Riemen, ueber der Schulter, am langen Arm baumelnd usw. Bei solchem Umgang mit Waffen verwundert nicht, wenn man immer wieder von toedlichen Unfaellen in der Zeitung liest, bei denen Polizisten und Soldaten durch die eigenen oder die Waffen ihrer Kameraden erschossen werden.

Vier Bemate gehen mit mir ins Netcafe, aber auch das nuetzt nichts, ich biete einen Kompromiss an, ebenfalls vergeblich, statdessen droht mir der Besitzer mit Gewalt und dies vor den Beamten.

Wir landen wieder in der Polizeistation, das ganze geht schon ueber zwei Stunden, mir reicht es langsam. Jetzt warten wir, bis der hoechste Kommandant von zu Hause kommt, denn ein Musungu-Fall ist Autoritaetssache.

Der Mann ist nett, ruhig, kann aber ohne Anzeige nicht ermitteln und die Nachforschungen koennen erst morgen stattfinden. Wir wollen aber morgen frueh schon in der Serengeti sein. Also gebe ich mich zwangslaeufig mit dem unkorekten Betrag zufrieden, sage aber der Runde, was ich davon halte.

Draussen ist dem Netcafebesitzer sein schlechtes Gewissen deutlich anzusehen. Er sucht meine Naehe, laedt mich ein, mich zurueck zu fahren " wenn ich ihn nicht als Feind ansehe". Ich nehme an und kaum im Auto, faengt der junge Mann an sich zu erklaeren, quasi zu entschuldigen, laedt mich ein, mehrere Stunden umsonst seine Dienste zu nutzen. Als ich auch dies annehme, kommt er schliesslich und sagt, er habe das Geld aufgetrieben und wenn ich es braeuchte, wuerde er es mir geben. Jetzt wuerde ich sogar mehr bekommen, als mir zusteht und ich lehne ab. Was reitet solche Leute nur, so einen Zinnober zu machen, um dann doch einzuknicken?

Oliver und ich essen im African Queen zu abend, der Besitzer bedient uns persoenlich, sehr bemueht. Wieder und wieder kommen Strassenhaendler herein, allesamt junge Maenner, bieten geroestete Cashewnuesse an, oder Kurzwaren und wieder ruehrt mich diese grosse Muehe, ein paar Schillinge pro Tag zu verdienen, ohne zu verzweifeln und ich denke an unzufriedene Lehrlinge in Deutschland. Die Jungs hier haben echte Probleme.

geschrieben am 28.5. in Nairobi


 

 

 


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