6/8/2004 Kenia / Nairobi
Koyaanisqatsi
Zurueck in der Grosstadt
(Harald und Renata) Olivers und unsere Wege trennen sich hier. Er faehrt mit einem Matatu Richtung Westen, nach Uganda, wir Drei nach Suedosten nach Nairobi. Es ist ein herzlicher Abschied, wir sind alle Reisende und an viele Abschiede gewoehnt, aber mancher faellt einem dann doch schwerer. Unsere Rueckfahrt in einem Grossraumbus mit Videovorfuehrung fuehrt uns zunaechst nach Eldoret, dem Zentrum der Kalendschin-Voelker. Enge, Hektik, Schmutz, Laerm, aber auch Farbenvielfalt, Obst, Gemuese, Strassenprediger. Ich sehe einem solchen zu, dass Wort "Scheitan" aus dem Kisuaheli faellt. Damit ist der Teufel gemeint. Das Wort ist islamischen Ursprungs und bedeutet eigentlich "Todfeind". Die Kirche hat das Wort verwendet, weil Arabisch als schmutzige Sprache galt und wir haben daraus das Wort "Satan" gemacht. "Luzifer" ist ebenfalls nicht, was es scheint- es ist lateinisch und heisst "Bringer des Lichts" (der Erkenntnis- Anm. d.R.) Dies spiegelt den uralten Konflikt der Kirche, des Glaubens gegen die Wissenschaft, das Wissen wieder. Die Prediger sind oft voller Eifer bemueht, Scheitan in seinen Werken auf Erden zu finden und kommen dabei maechtig ins Schwitzen, der Mann dort drueben wischt sich wiederholt den Schweiss vom Gesicht. Und die in Kenia scheinbar in jedem halbwegs groesseren Ort zu findenden Schnueffelkinder haengen herum, die Platikflaschen mit Kleber im Mund. Ich kaufe original verpackte Batterien fuer meine Kamera; als ich sie einlege, sind sie komplett leer- zu alt. Dann setze ich mich zu den Maennern vor einem der Kioske, die sich hier Duka la dawa nennen und schaele mir mit dem Meroe-Messer eine riesige Mango. Das Messer erregt sogleich Aufmerksamkeit, denn Waffen sind traditionell in Kenia etwas maennliches und Musungus mit Messern sehr selten. Waffen sind stets eine gute Kontaktmoeglichkeit, da wird Verarbeitung, Schaerfe geprueft, die Herkunft erfragt. Auf der Hinfahrt habe ich hier eine Sime gekauft, ein etwa 45 cm langes Kurzschwert mit beidseitig scharfer Klinge und schmalem Griff. Damit kann man sich den Weg im Busch freischlagen und Feuerholz zerkleinern, aber ansonsten dient es mir, offen getragen, zur Abschreckung potentieller Raeuber, denn eine Sime ist nur noch durch eine Schusswaffe zu toppen und die haben die meisten Strassenraeuber nicht. Ich bezweifle z.B., ob die drei Raeuber Renata und Ralph in Mombasa ueberhaupt angegriffen haetten, wenn sie eine Sime gesehen haetten, schliesslich will man nicht verletzten oder toeten, sondern schnell und unkompliziert an Wertsachen kommen und sicher keinen Kampf riskieren. Wir versorgen uns mit Szamosas, den dreieckigen Teigtaschen mit Gehacktem gefuellt. Es dauert lange, bis es nach Nakuru weitergeht, wo wir erneut lange Halt machen- der Bus muss ja stets wieder neu gefuellt werden. Erst in der Dunkelheit erreichen wir Nairobi, den Moloch. Dichter Verkehr, Smog, Laer-. Koyaanisqatsi! Ein Wort aus der Sprache der nordamerikanischen Hopi-Indianer und meint "Leben aus dem Gleichgewicht". Niemals zuvor in meinem Leben habe ich das so intensiv und klar gesehen, wie in Afrika: Unsere Staedte sind Produkte des Ungleichgewichts. Wir kehren zurueck ins Accra-Hotel, Mike faehrt zum Upper-Hill-Camp. Mein zurueckgelassenes Fahrrad hat man in Abwesenheit, samt daran gekettetem Tisch in eine Abstellkammer gewuchtet, entgegen der Abmachung. Der Kettenwerfer ist verbogen, der Rahmen tief zerkrazt, aber es ist illusorisch hier Schadenersatz zu fordern. Renata und ich muessen nun entscheiden, wie es weitergehen soll, wohin uns unsere Wege fuehren werden. geschrieben am 17.6. in Nairobi
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