6/25/2004 Kenia / Nanyuki
Dont worry, be happy...
Das Projekt in Wamba / Rueckkehr nach Nanyuki
(Harald) 25.6.: Ich bin mal wieder frueh aus den Federn und nehme in einem Verschlag im begruenten Hof des kleinen Hotels eine Dusche. Spaeter stellt sich heraus, dass genau in diesem Augenblick ein anderer Gast oder jemand vom Personal, in mein nicht verschlossenes Zimmer gegangen ist und sich fast mein ganzes Geld aus meiner Hose gefischt hat. Wir fahren mit Alois und James zur Schule, die etwa 10 km vor der Stadt auf der Strasse Richtung Maralal liegt. Etwa 45 Kinder erwarten uns schon, teils in Schuluniform, teils in aermlicher Kleidung, weil die Eltern selbst die Uniform nicht bezahlen koennen. Die Kinder sind zwischen 6 und 14 Jahren alt, etwa 30 Kinder fehlen, weil eine raetselhafte Fieberkrankheit grassiert. In den drei Klassenraeumen stehen nur wenige, grobe Holzbaenke, wer keinen Sitzplatz hat, sitzt auf dem Boden. Jane und Stefan haben bereits Spenden in der Schweiz fuer Tische und Stuehle gesammelt, die in den naechsten Wochen von einem oertlichen Schreiner gebaut werden sollen. Aber es fehlt an Vielem, denn die Schule wird zwar vom Staat unterstuetzt, aber das hat gerademal fuer den Schulbau selber gereicht. Alois braucht Unterrichtsmaterial, Tafeln, die Kinder sollen mittags etwas zu essen bekommen, damit auch nachmittags unterrichtet werden kann, denn der Weg zur Schule ist fuer manche Kinder sehr weit und lohnt kaum fuer wenige Stunden. Ein Lehrer laesst die Kinder draussen Aufstellung nehmen, ein mit Steinen auf dem Boden ausgelegter Halbkreis dient zur Markierung. Dann wird gesungen und getanzt, wobei uns vorallem ein etwa 10-12-jaehriges Maedchen auffaellt, die mit zarter, hoher Stimme vorsingt. Irritierend dann das Lied auf Englisch: "Im a soldier, if I walk, let me walk, Im a soldier, if I die, let me die..." (Ich bin ein Soldat, wenn ich marschiere, lasst mich marschieren, ich bin ein Soldat, wenn ich sterbe, lasst mich sterben). Wir sind geruehrt ueber die Darbietung zu unseren Ehren, die mit schoenen Gesang eindeutig an die Stammesgesaenge der Massai und Samburus erinnert- alle Kinder hier gehoeren diesem Stamm an. Wir fahren zurueck nach Wamba, es gibt noch Papierkram zu erledigen. Ich gehe derweil in einem kleinen Restaurant ein paar Eier fruehstuecken und beobachte dann das Verladen von Kamelen und Ziegen auf einen der Loris. Ich habe auf der Fahrt gestern wieder mal Zahnschmerzen bekommen und die sind ueber Nacht schlimmer geworden, so dass mir nichts anderes uebrig bleibt als wieder nach Nanyuki zurueck zu fahren, denn hier draussen gibt es keine Zahnaerzte. Stefan und James erklaeren mir, dass sie mich jedoch nicht mehr mitnehmen koennen, weil durch mein Foto am Eingang des Nationalparks die Ranger Schwierigkeiten gemacht haetten und eine erneute Durchfahrt durch den Park mit mir nicht moeglich sei, weil ich quasi als "Tourist" aufgefallen waere. Die fahrt um den Park herum dauert eine Stunde laenger, die Strasse sei schlechter (was sich nachher als unwahr herausstellt) Und das das Gewicht meines Fahrrades auf dem bereits reparierten Dachgepaecktraeger nicht mehr transportiert werden koennte, weil dort jetzt schon zwei Kisten laegen. Naja, die Argumentation ist zwar etwas weit hergeholt und Alois versucht den wahren Grund herauszufinden, aber ich habe bereits entschieden mit einem Lori zu fahren. So fahren die Drei ohne mich los und ich lade mein Gepaeck auf den Lori auf, dessen Ladeflaeche mit den Kamelen und Ziegen beladen wurde, weswegen alle Maenner und ein Samburumaedchen auf dem Dachgestaenge des LKWs sitzen muessen. Die Fahrt geht um den Park herum, dann nach Archers Post. Ein durch irgendwelche Drogen benebelter, junger Samburumann spricht Deutsch mit mir, studiert in Berlin. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm und seiner Geschichte, aber er ist freundlich und mitten im Fahrtwind schenkt er mir einen seiner dicken Perlen-Armreife. Wir passieren ein Uebungsgelaende der kenianischen und englischen Armee. Hier wird scharf geschossen und durch die nicht explodierte Munition sind schon viele Hirten verstuemmelt und getoetet worden. In Archers Post ist Pause, Zeit fuer ein Soda und Tschapatis, dann klettere ich wieder auf die duennen Rohre, die die Ladeflaeche als Tragegestell fuer die Plane ueberspannen. Man muss hier oben staendig auf der Hut sein, denn wir hitzen sehr hoch und die Akazienzweige fliegen einem bei etwa 50, 60 km/h nur so um die Ohren. Man erzaehlt mir, dass schon mancher ein Auge verloren hat oder von LKW heruntergezogen wurde. Wir erreichen Isiolo am Nachmittag. Von hier aus gehts mit einem Matatu weiter. Man versucht mich auch hier wieder reinzulegen: statt eines bestellten Pilaus, eines gewuerzten Reisgerichts bekomme ich Reis mit Bohnen vorgesetzt, unter dem Motto: der Musungu weiss doch garnicht, was Pilau ist. Weiss er aber doch und als ich auf Fleisch bestehe, serviert man mir einen Haufen kleingeschnittener Magenstuecke, ungeniessbar zaeh. Fuer den Transport des Fahrrads nimmt man mir zuviel Geld ab, aber ich habe keine Wahl. Nach zwei Stunden vergeblicher Muehe, eine andere Transportmoeglichkeit zu ergattern, gebe ich auf und nach und binde das Rad hinter die Heckklappe des Matatus. Wir erreichen Nanyuki in der Dunkelheit. Gleich belagern mich am Busbahnhof die Guides, die eine Bergtour auf den Mount Kenia vermitteln wollen. Ich schwinge mich aufs Rad und fahre zum Nanyuki Guest House. Irgendwie war das nicht mein Tag: Zahnschmerzen, verweigerte Rueckfahrt, Geld gestohlen und in der Nacht stellt sich, dank ungekuehlter Eier heute morgen, auch noch Montezumas Rache ein. In der Nacht wache ich mehrmals auf, weil meine kenianischen Landsleute einfach nicht begreifen koennen, dass man nachts keine Autotueren schlaegt und Motoren laufen laesst. geschrieben am 30.6. in Nanyuki
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