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Reisetagebuch

7/6/2004   Mugie Ranch

Die Giraffenherde

Halbwegs zu Gast

(Harald) Al sich im ersten Licht der Morgendaemmerung durch das Gras schlendere, die Haende wegen der Kaelte in den Taschen, weicht mir ein Wildganspaerchen aus, der Erpel behaelt mich stets im Augenwinkel. Die Ibisse fliegen wieder Patroille, die Paviane streiten sich, wie jeden Morgen, die Perlhuehner tragen einen neuen Wettkampf um den lautesten Schreihals aus und die Augen der braun-beige Eidechse an der Cottagelehmwand reflektieren blitzend das letzte Mondlicht.

Als ich spaeter in einem der Geflechtsessel auf einem Zebrafell sitze und den Kamelen beim Fruehstueck zusehe, springt mir der Kater auf den Schoss- nochmal schnell alles an Streicheleinheiten mitnehmen, bevor der Weisse weg ist, steht in seinem Blick geschrieben (meine Abgaben an Szmaoszastuecken an ihn nicht zu vergessen). Soviel Vertrautheit macht das Tier verwegen und blitzschnell- einfach schups- springt es mit der ganzen Tuete Futteralien davon und ich hintendrein, mit lauten “Heys!” und “Bleibst du wohl stehen!” hole ich mir mein Essen wieder.

Zum Abschied schenke ich Alex eines der Hemden, die ich in Nairobi gekauft habe und das beim ersten Waschen auf die Kleidergroesse eines 10-jaehrigen eingeschrumpft ist. Dem Jungen steht es gut. Als ich ihn frage, ob er noch zehn Meter mit mir Richtung Strasse geht, sagt er “Nein”. Auch gut.

Auf dem Weg liegt die Schlachterei der Ranch. Hier sollten getrocknete Mangostreifen fuer mich bereitliegen, aber sowas klappt eigentlich nie: bei diesem bestellen und jenen liefern lassen- zu kompliziert der Vorgang. Was hier stets klappt, sind die Fragen an mich nach Geld: Ob ich unten bezahlt habe? Das geht den Jungen garnichts an, aber Geld ist das Wichtigste, immer in jedermanns Gedanken, der Vorteil, der Gewinn aus allem, da verstehen sie ploetzlich alles, da sind sie schwer auf Draht. Die Selbstlosigkeit, die wir Europaeer uns zum Ideal erhoben haben, muss man sich schlichtweg leisten koennen.

Auch der Verwalter fragt mich im Shoppingcenter, wo er gerade eines seiner taeglich Bierchen trinkt, ob ich und wieviel bezahlt habe. Ich muss einen Zettel schreiben, genau auffuehren, wem ich wieviel gegeben habe. Keiner vertraut dem anderen und der Mann erklaert mir, dass man mehrfach versucht habe, ihm Inkorrektness unterzuschieben- Mobbing ist kein rein westliches Phaenomen.

Auf der Strecke haelt dann ein silberner Mittelklassewagen, ein Unikum auf solchen Strassen, da ohne Allradantrieb. Ein Hollaender spricht mich aus dem Fenster gelehnt an, ich sei doch wohl nicht ein Landsmann? Nein, sorry, nur Nachbar, Mitglied. Eine grosse, strohblonde Hollaenderin steigt aus und fuehrt das Gespraech. Das Paar will, wie ich, von Maralal aus mit den Raedern zum Turkanasee fahren und zurueck nach Marsabit. Sie heist Joke Rossum und erzaehlt, sie sei mit einem Samburu verheiratet gewesen, es habe nicht geklappt, aber jetzt werde sie ihn besuchen. Ob wir uns in Maralal saehen? Nun, ich bin ja Pole-Pole unterwegs und nicht scharf drauf, mit anderen zu fahren. Man wird sehen.

Neben der Strasse sehe ich 10 km weiter eine Giraffenherde und laufe in die Savanne hinein. Langsame Bewegungen, leise sprechend, mich offen zeigend, um die Tiere zu beruhigen. Das klappt, die beiden groessten Bullen lassen mich bis auf etwa 30 Meter herankommen. Seltsamerweise besteht die Gruppe aus 13 Netzgiraffen, unter die sich zwei Massaigiaffen gemischt haben. Diese stille Begegnung ist ein einmaliges Erlebniss.

Ich habe zuwenig Wasser mitgenommen und jetzt werde ich muede, die Mittagshitze laesst meine Beine schwer werden und ich bin froh, die naechste Ranch zu erreichen. Hier zweigt eine Strasse zum Lake Baringo ab.

Ich frage in einem kleinen Rezeptionsgebaeude nach einem Platz fuer mein Zelt innerhalb der Umfriedung, denn die Gegend wimmelt angeblich von Loewen, Leoparden und sonstigen Praedatoren. Der Manager ist nicht da, ein Daene, der hier mit seiner Familie lebt. Ueber Funk gibt er aber seine Erlaubnis und gesteht mir Tee und drei Scheiben Brot auf seiner Terrasse zu, die der Koch mir hinstellt. Die Bulldoggen des Hauses lassen sich von mir ausgiebig massieren und Brotkrumen fallen auch noch ab. Im Haus ist alles vom Feinsten, Mobilar, Musikanlage, Kuechenzubehoer- wie in Europa. Die Aussicht ueber den Garten und die 50 Meter tiefer gelegene Ebene reicht bis zum Horizont. So kann man sichs hier gut gehen lassen.

Im Buero sehe ich Fotos und Schriftstuecke, die zeigen, dass der Manager an einem Projekt mitarbeitet, von englischen und amerikanischen Unis bezahlt, dass zeigen soll, ob und wenn ja, wie Loewen mit Viehfarmen in Einklag zu bringen sind. Dafuer werden die Katzen mit Funkhalsbaendern ausgestattet. Das waers, denke ich mir, das wuerde ich gern miterleben!

Bei Einbruch der Dunkelheit krieche ich mit knurrendem Magen ins Zelt, lese im Schein der Taschenlampe.

geschrieben am 14.7.


 

 

 

 

 

 


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