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Reisetagebuch

7/26/2004   Kenia / South Horr

Idylle South Horr

Vorletzter Abschnitt

(Harald) Um 6.45 Uhr breche ich mit dem ersten Licht auf, um der Hitze auszuweichen. Ein Handschlag mit dem netten Fahrradreparateur, dann nehme ich den Weg zwischen die Beine, mache mich auf die Socken.

Die ersten 30 km sind relativ gut befahrbar, ich komme gut voran. Dann folgen Geroell und Sand. Auf der Skala der schlechtesten Untergruende zum Radwandern steht gleich hinter klebrigem Schlamm der Tiefsand ganz oben, denn dann ist selbst das Schieben fast unmoeglich. Dahinter kommt dann grober Schotter und Fels, etwas leichter gehts dann bei Kies und Flachsand, da ist Fahren schon moeglich. Diese Strecke von Nanyuki nach Loyangalani hat alles, was man sich nicht wuenscht und man hat mir in Baragoi erzaehlt, dass das hollaendische Paerchen, das neben mir hinter Rumuruti angehalten hat und mit dem Rad fahren wollte, einen 4x4 genommen hat.

Es geht aufwaerts, den Hang eines kleinen Inselbergs hinauf, zwei Hirten kommen mir entgegen, ansonsten Einsamkeit pur und von hier oben reicht der Blick ueber eine Landschaftsschoenheit hinweg, die mich manchmal voellig in ihren Bann schlaegt. Diese Landschaft macht suechtig, sie und ihre Menschen hat mich gefangen, wieder zurueckgerufen und ich bin dem Ruf gefolgt, hierher.

Im Schatten fruehstuecke ich erstmal. Ich bin dieses Leben draussen schon so gewoehnt, dass ich mir keinen schoeneren Platz denken kann, nur andere, bequemere vielleicht. Eine Banane, eine Avokado im Freien, genug Wasser, Kraft in den Beinen und ein Ziel vor Augen, was will ich mehr?

Die Strasse schlaengelt sich vor mir viele Kilometer weit ueber die Huegel, ein ockerfarbenes Band.

Es geht bergab, fester Untergrund mit darueber gestreutem Feinkies, gefaehrlich, aber es geht gerade so gut, die Sonne scheint, was soll im Paradies schon passieren... Rumms, flatsch, schepper- Autsch! Ich liege flach, mein Schienbein hat sich uebel im Rahmen verfangen, eine dicke Beule ist die Folge und einen kurzen Moment bin ich schockiert, denn wenn das Bein gebrochen waere, waere ich hier draussen alleine, ohne Schatten, ohne Hilfe, bewegungsunfaehig. Wenn dann kein Auto kommt, kann man den Schmerz lange geniessen und das naechste Krankenhaus ist weit.

Ich fahre weiter, vorsichtiger. Rechts biegt eine Piste nach Ilaut und links eine nach Tuum ab, dann noch eine nach Waso Rongai. Es gibt keine Hinweisschilder und ohne Reisefuehrer stuende ich hier und zweifelte, den niemand ist da, den man nach dem Weg fragen koennte.

Dann treffe ich bettelnde Hirtenkinder, beim Anblick eines Weissen ist das eine automatische Reaktion wie das Lecken der Lippen beim Erschnuppern von Leckerem.

Eine weitere Pause, eine weitere Avokado. Zwei Moran kommen vorbei, einer bleibt stehen, aber ist schliesslich doch zu stolz zum Betteln und geht weiter.

Dann erreiche ich die Berge um South Horr. Hoch, hoch, Mittagshitze, Steine, Sand, Fels, es nimmt kein Ende, ein Lorri, ja, nicht mehr weit, und noch ein Huegel und noch einer, ich trage laengst die Fliegenmaske, weil sich die Gesichtsfliegen wieder eingestellt haben, Kopfschmerzen, Gedanken von "Kann-nicht-mehr" kommen auf, und noch ein Kamm...

Endlich geht es bergab, in einen wadi hinab, grosse gruene Baeume, Schatten, dann Kinder, Huetten, ein Bach. Ich streife mir das Wasser ueber den Kopf, stelle die Fuesse ins kuehle Nass, herrlich. Ich bin von 20 Kindern umringt, Samburus, ein Moran hat sich im Schatten auf einem Fels erhoeht wie im Kino, einen Sitzplatz ergattert und sieht Buschfernsehen: "Musungu im Bach" wird heute gezeigt. Ich scherze ihn an, er muesse Eintrittsgeld bezahlen und er grinst.

Dann bin ich im langgestreckten Tal von South Horr und erreiche die Mission, eine Idylle in der Idylle, umgeben von lila Bougainvileen, drei Papageien vor dem Eingang, ein Schild sagt "Willkommen". Der italienische Priester ist in Nairobi, aber ein Kenianer vom Stamm der Luo aus Kisima am Viktoriasee, heisst mich eintreten und ich bekomme ein reichliches Essen und ein schoenes Zimmer.

Den ganzen Nachmittag sitze ich unter den bluehtenuebersaeten Hecken und schreibe Tagebuch, ein kleiner Taggecko besucht mich, die Papageien schlagen Purzelbaeume, als ich mich mit ihnen beschaeftige und Banane und Stoecke zum Spielen und Papier zum Zerrupfen spendiere.

Die heutigen 45 km haben mir wieder alles abverlangt, obwohl ich immer noch nicht weiss, warum ich seit einiger Zeit so schnell ermuede.

geschrieben am 13.8. in Nairobi


 

 

 

 

 

 

 


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