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Reisetagebuch

7/29/2004   Kenia / Loyangalani

Loyangalani

Ein ganz besonderer Ort

(Harald) Mein Gang ist am Morgen etwas steif und wacklig zugleich, aber ich habe keinen Muskelkater, fuehle mich erfrischt, ausgeruht.

Der Ort ist ein Dorf, die staubige Hauptstrasse ist ueber 500 m beidseitig mit Dukas, Hotelis und Muehlenhaeusern bestanden, in den Schatten der Vordaecher stehen Aelteste der Turkana, Samburu und Rendille, ihre winzigen Hoeckerchen am langen Arm, mancher traegt ein kreisrundes Sichelmesser am Armgelenk, jeder einen Stab, die Turkanaaeltesten tragen eine weisse Straussenfeder am Hut, einzelne sogar eine ganze Haube aus schwarzen Federn. Die Moran sind traditionell gekleidet, bemalt, gefiedert, tragen hoelzerne Keulen oder solche mit Schraubenkopf, Staebe, im Guertel Schwerter in bunten Plastikscheiden. Die Frauen kaufen ein, tragen Saecke mit Maismehl auf dem Kopf oder gelbe Plastikkanister auf dem Ruecken, mit denen sie Wasser holen. Loyangalani verdankt seine Existenz einer guten Suesswasserquelle, die nie versiegt. Urspruenglich siedelten hier nur die El Molo, Kenias kleinster Stamm, der in den 70er Jahren auf etwa 200 Koepfe zusammengeschrumpft war und notgedrungen Turkanafrauen zu heiraten begann. Heute leben in zwei, drei Doerfern der El Molo wieder ein paar Hundert Menschen. Die El Molo leben fast ausschliesslich vom Fischfang und essen auch Schildkroeten und Krokodile. Urspruenglich sprachen sie einen kuschitischen Dialekt, also eine Sprache, die ihren Ursprung im Gebiet des heutigen Somalias und Ostaethiopiens hatte, aber in den letzten 100 Jahren haben sie die Sprache der Turkanas angenommen.

Die erzaehlte Geschichte der El Molo ist voller Ueberfaelle der groesseren Staemme, auch der der Borana und Gabbras und am Ende mussten sie sich, schwach, fast aller verlustig Frauen im heiratsfaehigen Alter gegangen, auf die Inseln im Turkanasee zurueckziehen, wohin ihnen die Nomaden, mangels Booten, nicht folgen konnten. Von dort sind sie erst in neuerer Zeit zurueckgekehrt. Sie wurden katholisch missioniert und tragen keine traditionelle Kleidung mehr und haben somit ihre Kultur verloren, weshalb ich auch kein Interesse mehr habe, ihre Doerfer ca. 15 km hinter Loyangalani zu besuchen.

Loyangalani ist der einzige Ort am Ostufer des grossen Sees, ein Pendant gibt es am Westufer, den Ort Lokitaung. Dort ist Ralph Fiennes heute hingeflogen, der Hauptdarsteller des Films, der hier in den letzten Wochen z.T. gedreht wurde: "The constant gardener", nach einem Buch von John le Carre.

Die Filmcrew packt in diesen Tagen zusammen, LKW auf Flugzeug verlaesst den Ort Richtung Nairobi. Leute der Produktionsfirma und Schauspieler streifen durch das Dorf, kaufen Schmuck bei den Turkanafrauen, die Schmuck anbieten, wobei sie nicht ihre traditionellen Farben verwenden, sondern Blau, denn das moegen die Touristen gern und die Hocker haben extra-grosse Sitzflaechen und die Preise sind gesalzen.

4-raedrige Beachmotorraeder rasen durch den Ort, am Steuer auch mal ein rothaariger 12-jaehriger Schauspieler, eine Frau faehrt Samburukinder umher, Jeeps voller weisshaariger und -haeutiger Menschen besuchen das Seeufer, die anderen Campsites, die El-Molo-Doerfer.

Die Menschen hier freuen sich natuerlich ueber die Abwechslung, den Geldfluss, es gab ein grosses Fest fuer das ganze Dorf, Bier und Krabben und Wein und Obst fuer alle, Herr Fiennes hat getanzt, eine neue Wasserleitung wurde verlegt, T-Shirts wurden verschenkt. Nur hinter vorgehaltener Hand erzaehlen die Moran, dass die Englaender ihre Maedchen unsittlich befingert haben wie Gegenstaende. In der ganzen Freude will das keiner wissen, aber solche Geschichten kenne ich schon aus allen Standorten der englischen Armee in Kenia.

Im Cold-Drink-Hotel esse ich und begegne dort em Schweizer Sebastian, einem grossen, sportlichen Kerl aus Neufchatel. Der 27-jaehrige ist von der Armee desertiert und reist seit 7 Monaten per Bus, von Johannesburg kommend durch Suedafrika, Lesotho, Swasiland, Mosambique, Tansania, Malawi und Kenia und ist mir eine Quelle der Information fuer meinen weiteren Weg nach Sueden.

Auch Sebastian hat sich waehrend seiner reise von seiner Freundin getrennt. In den folgenden Tagen freunden wir uns an, verbringen die Zeit gemeinsam, reden stundenlang, lachen, die Zeit wird uns nicht lang.

Wir koennen im Gelaende der Oasis Lodge, der exclusivsten Unterkunft des Ortes, im Pool baden. Die palmenreiche Anlage wird von einem Deutschen betrieben, der eine Einheimische geheiratet hat.

Sebastian fiel in Uganda in ein 5-taegiges Koma durch eine besonders tueckische Malariaform, die die Hirnhaut befaellt: Malaria Zelebralis. Im fehlen Tage seines Lebens und er wachte in einer Privatklinik in Nairobi auf. Seine Stirn zieren drei rote Narben, die er sich beim Sprung ins Meer zuzog, als sein Kopf auf Felsen stiess. So hat er schon zweimal Glueck gehabt und Afrika hat sichtbare Spuren hinterlassen.

In Loyangalani gibt es fast keine Muecken- ein Segen. Dafuer stellen sich wieder Floehe ein, die von Katzen, Hunden und Menschen auf mich ueberspringen.

Als ich abends zum Campingplatz gehe, ist dort eine Freiluftdisko im Gange, von der mir niemand etwas gesagt hat. Ich packe also alles zusammen und bin natuerlich nicht gewillt, dafuer die Gebuehr zu zahlen, denn ich koennte bei dem Laerm und 50 Menschen so nahe am Zelt nicht schlafen. Aber die Frauen schliessen vor meiner Nase das Tor mit einem Schloss ab, bei Geld versteht in Kenia niemand Spass. Ich werde richtig sauer, drohe mit Polizei. Schliesslich oeffnet man mir, Gaeste entschuldigen sich. Ich hatte ja von Anfang an ein schlechtes Gefuehl hier.

Sebastian hat sein Zelt in der Palm Shade Site stehen und dort baue ich neben seinem mein eigens Zelt auf und habe eine gute Nacht.

geschrieben am 15.8. in Nairobi


 


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