7/31/2004 Kenia / Loyangalani
Rotbart
Unvergesslicher Ort
(Harald) Am 31.7. machen Sebastian und ich einen Ausflug hinter den Ortskern von Loyangalani. Ein Turkanaguide fuehrt uns zu einer Felsmalerei auf einem einsamen Felsbrocken mitten in der Wueste, ca. 1 km vom Seeufer entfernt. Nichts Besonderes, drei vier Kamele und da Kamele fuer Steinzeitmenschen keine Bedeutung hatten, duerften die Malereien auch nicht sehr alt sein. Ausserdem haben sich jede Menge Leute verewigt, haben ihre eigenen Kamele dazugemalt und Strichmaennchen, die uebliche Verschandelung eben, wie ich sie allerorten gesehen habe (ich erinnere mich gut an die voellig zerkratzten Grabmale aus Palmyra im Museum von Damaskus). Sebastian und ich verbringen den ganzen Tag zusammen, albern herum und lernen den deutschen Besitzer der Oasis Lodge kennen. Der Mann ist staendig voellig betrunken, Kettenraucher, erst von deutscher, dann von einheimischer Frau geschieden, ein unwirscher Charakter. Immerhin hat es seine ueber 90-jaehrige Mutter mit ihm hier ausgehalten und ist erst vor ein paar Monaten gestorben. Obwohl uns die Filmcrew, die das ganze Gelaende gemietet hat, erlaubt hat, den Swimmingpool zu benutzen, verbietet er uns das. Das kann er zwar eigentlich nicht, aber ich will keine Diskussionen. Sebastian aber faengt an, sich mit ihm zu streiten und ich muss ihn bremsen. Solch entlegene Plaetze sind auch Orte, an die sich kauzige, bisweilen menschenscheue Typen zurueckziehen. Im Cold Drink Hotel gibt es keine kalten Drinks, auch mit dem aussen beworbenen Fisch und Huehnchen ist es Essig. Erst nach Tagen Vorbestellung und einem Dutzend Nachfragen gelingt uns, ein wenig Abwechslung in unseren Speiseplan zu zaubern. Sebastian ist noch nicht so lange in Afrika und schimpft ueber den Gummihahn, der uns dann serviert wird, waehrend ich genuesslich speise und ihm sage, er solle sich einfach vorstellen, das Fleisch sei zart, worauf er tapfer zubeisst. So ein Huhn kostet hier so viel wie in Deutschland, was seltsam ist, denn die Tiere werden von den Besitzern nicht gefuettert, sondern suchen sich ihr Futter selbst und muessten daher billig sei. Der alte Vater des somalischen Restaurantbesitzers ist ein Fuchs, auch aeusserlich, denn Haar und Bart hat er sich mit Henna hellrot gefaerbt und er duerfte ueber 75 Jahre alt sein- ein biblisches Alter in diesen Breiten. Er hat im 2. Weltkrieg gegen die Deutschen gekaempft, wie er mir erzaehlt, als er hoert, ich sei von dort. Als ich den Charakterkopf fotografieren will, verlangt er 2 Euro, die ich natuerlich nicht zahle. Geld gegen Foto ist hier so ueblich, dass selbst er noch sein Glueck versucht. Nun: er braucht nicht wirklich Geld und ich nicht unbedingt ein Foto. Einem Mann vom Stamm der Gabbra kaufe ich etwas El Molo Schmuck ab, wobei er mir vorflunkert, die Knochenstuecke seien von Nilpferden. Aber einer der Angestellten ist ein El Molo und identifiziert die Stuecke als Rinderrippen. Ich kaufe dem Gabbra die Sachen troztdem ab. Doe Gabbra sind enge Verwandte der Boranas und sprechen mit ihnen einen Dialekt, der dem der Somali aehnelt, also zur kuschitischen Sprachfamilie gehoert. Sie sind, wie auch die Somali, etwas hellhaeutiger und haben einen arabischen Einschlag, in Gesichtszuegen und Kleidung. Uebermorgen ist Abreise, denn den Mann, den ich in Loyangalani treffen wollte, habe ich knapp verpasst: Roberto Salsa, den italienischen Anthropologen. Er ist mit seiner Frau und Studenten zu Fuss nach Baragoi aufgebrochen, als ich ankam. Loyangalani wird mir unvergessen bleiben: Ein Ort, so fern aller Staedte, an dem vier Staemme friedlich zusammenleben, in einer fast menschenleeren Gegend, ein Meer in einer Wueste. Haette man mir bei meiner Ankunft in Isiolo, nach Durchquerung der Nordkenianischen Wildniss vor ein paar Monaten gesagt, dass ich freiwillig nochmals diese Strapazen mit dem Fahrrad auf mich nehmen wuerde, ich haette es nicht geglaubt. geschrieben am 17.8. in Nairobi
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