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Reisetagebuch

8/7/2004   Kenia / Morijo

Das Friedensfest

Die Pom-Poms und der grosse Tag des Padre Aldo

(Harald) Padre Aldo ist morgens schwer in Hektik und wenn der temperamentvolle Mann in Eile ist, dann gehen alle in Deckung, incl. dem Roberto Salsa Clan und mir. Endlich geht es los, vier Autos rumpeln nach Marti, wo schon hunderte von Menschen versammelt sind und noch mehr mit Loris eintreffen. Es sind vornehmlich Maedchen und Frauen beider Staemme, Turkana und Samburu, sowie Aeltere, Kinder, ein paar Offizielle, die ich schon bei der Versammlung der Aeltesten hier ganz in der Naehe gesehen habe.

Der unfreundliche Padre aus Baragoi ist da und der Priester aus Porro, der mit Motorrad gestuerzt war. Eine lange Messe wird zelebriert, die sich nahtlos in ein Friedensfest einfuegt.

Ich laufe derweil wie ein Fotoreporter durch die Menschengruppen, fange Bilder ein. Heute sind selbst die kamerascheuen Turkanas milde gestimmt. Dieser Stamm beeindruckt mich am meisten, sie sind geheimnisvoll, eigenwillig, stolz, unnahbar. Trotzdem mag ich mich nicht wie ein Fotovoyeur benehmen und fotografiere nicht frontal in Gesichter, da fehlt mir doch noch etwas Dreistigkeit.

Die praechtig herausgeputzten Samburumaedchen singen, schoene helle Stimmen, sie tanzen, klatschen. Dann folgen die Turkanagirls, die abseits mit verschraenkten Armen gewartet haben, muerrisch, weil sie nicht die Ersten sind.

Bin nur ich es, der jetzt gebannt ist? Der Gesang der Turkana ist kraftvoller, lauter, es ist, als ob die Maedels ungeduldig auf ihren Einsatz gewartet haetten und jetzt geben sie eine tolle Vorstellung. Nein, auch Roberto ist fasziniert und meint nachdem, das sei ja wohl das Highlight gewesen, der Gesang der "Pom-Pom-Maedchen", wie er die Truppe wegen ihrer eigenartigen, roten Plueschbaellchen an einer Spirale auf dem Kopf nennt.

Padre Aldo predigt, der Father aus Porro auch, es wird der Leib Jesu symbolisch verspeist und dann sprechen die Abgesandten und Offiziellen. Jeder beleuchtet Aspekte von "Amani", dem Kisuaheli-Wort fuer Frieden. Uebersetzt wird in drei Sprachen, ein lebhaftes Spektakel gelungen.

Mein Blick faellt auf die Stelle, an der Patrick Lesiamito ermordet wurde. Dort legen still dutzende von Menschen Gegenstaende ab, Zweige, Steine, um ihr Gedenken kund zu tun. Dieser Mord konnte nicht im traditionellen Sinne geseuhnt werden, wie es Aldo gehofft hatte, denn selbst 34 Jahre nach dem Mord verlangen die Angehoerigen eine Abloesung mittels Vieh. Ueblicherweise waren das 100 Rinder, eine unglaublich hohe Summe- 50 uebrigens fuer den Mord an einem weiblichen Mitglied des Stammes. Man hat sich noch auf einen Nachlass geeinigt, aber die Turkanas waren nicht bereit 50 Ziegen fuer diese alte Geschichte zu bezahlen, zumal die Moerder wahrscheinlich nicht bekannt sind und der Stamm pauschal aufkommen muesste. Und so wurde der "sehr weisse" Bulle nicht geopfert.

Frieden ist leichter zu feiern als zu schaffen.

Einer der jungen ital. Maenner hat sich heute wie ein Samburu zu kleiden versucht, sein Freund wollte das urspruenglich auch tun, hat aber morgens gekniffen. Der Junge steht jetzt da, mit seiner roten Decke und den kurzen Hosen darunter, seinen roten italienischen Halbschuhen und wieder und wieder versucht er die verdammte Decke auf seinen Schultern zum Halten zu bekommen, seinen Minischemel haelt er wie eine Auszeichnug vor die Brust und meine stille Frage, ob er wirklich darauf sitzen koenne, beantwortet er alsbald: er kann nicht. Der ganze Aufzug ist sicher nett gemeint, aber irgendwie laecherlich und hat etwas Anbiederndes an sich. Viele, die zum ersten Mal auf traditionell lebende Menschen treffen, stellen sich da etwas ungeschickt an, meinen es gut und tapern dann in Peinlichkeiten.

Roberto ist da cool, er traegt seinen Armani-Strickpulli mit Flickstellen und ich wuenschte, ich haette mehr Zeit mit diesem Mann, der all das ueber die Nomaden weiss, was ich jetzt gerne wuesste.

Am Abend findet in einer verlassenen Schule, ein paar Kilometer weiter, ein grosses Gelage statt, Ziegenfleisch fuer alle und Sodas.

Ich fahre aber mit dem Salsa-Clan zurueck zur Mission und ziehe das Abendbrot mit Aldo vor.

geschrieben am 18.8. in Nairobi


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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