8/29/2004 Kenia / Lokologo
Schaffe, schaffe, Haeusle baue
Meine Huette bei den Samburu
(Harald) Margret hat erneut drei Frauen angeheuert, um meine Huette zu bauen. Giguyu ist die Erste die erscheint: "Hallo Musungu!" Ich versuche den Leuten meinen Namen schmackhaft zu machen, aber es wird dauern, die Anonymitaet zu durchbrechen. Dort, wo meine Huette vor der von Margret gebaut werden soll, sammeln wir Steine auf, die Kinder helfen. Dann kommen zwei Frauen, deren aeltere, um die 70, so genau weiss das hier, trotz sog. "ID", dem hiesigen Pass, niemand. Die Alte heisst De-Re und ist die oertliche Beschneiderin der Maedchen. Margret tut boese mit ihr, haut sie schelmisch mit einem Zweig, lacht dabei, De-Re albert mit. "Du hast mich beschnitten, dass hat weh getan, dafuer werde ich dich schlagen", kichert Margret. De-Re, gross, hager, ihre beiden Tuecher, seit Monaten nicht gewaschen, verdecken nicht ihre Brueste, um den Kopf traegt sie ein duennes, buntes Band aus Perlen, hebt einen kleinen, runden Graben aus, indem dann dickere Aeste eingerammt werden, die die Frauen mit den Pangas anspitzen. Zum Schlagen werden Steine verwendet, wobei De-Re in Samburu-Sprache singt:"Du! Geh rein, da drinnen wirst du gerufen, du musst rein, man ruft dich da unten." Dass Ganze ist das Ereignis des Tages in dieser Manyatta, die aus einem Dutzend Huetten besteht, alles laeuft zusammen. De-Re legt sich auf den Boden in den Zweigkreis, um Schlafen zu simulieren, ich drohe mich zu ihr zu legen und alles bruellt vor Lachen. Lange Aeste verbinden nun die senkrechte Konstruktion horizontal, dann werden die laengsten Aeste wie eine Kuppel ueber dem Rund zusammengebunden, wozu einfach die Rinde der verwendeten Aeste benutzt wird. Bereits am Mittag ist die stabile Konstruktion fertig, da wackelt nichts. Mit meiner Zeltunterplane und Kartonstuecken wird das Astgeflecht abgedeckt und ist nun leidlich sonnendicht, weniger winddicht und garnicht regendicht, was in der jetzigen Trockenzeit auch nicht notwendig ist. Die Huette ist rund, etwa 2,5 m im Durchmesser und hat- ein Zugestaendnis an den zivilisierten, verwoehnten Musungu- Stehhoehe und einen hohen Eingang, sowie eine Kleiderstange. Ein paar Lavasteine werden ausgelegt, ein aus Aesten geflochtener Lattenrost daraufgelegt, eine Tante leiht eine duenne Schaumstoffmatratze aus, ein Hocker kommt, innen werden meine beiden Zeltteile ausgespannt- fertig ist meine Huette. Vier Frauen sitzen dann mit mir zusammen auf dem Boden und eine fragt, warum ich hierher gekommen sei, von dort, wo es gut ist, ob es mir da nicht gefalle, warum ich in die Armut gekommen sei, ob ich leiden wolle und mich nicht genug selbst liebe. Ich rede von Reiselust, von Interesse fuer Kultur und Menschen, von Neugier und das ich etwas tun wolle- aber all das entkraeftet die Fragen nicht wirklich und bringt eine Seite in mir zum Klingen und wird mir unvergessen bleiben. Ich ziehe in die Huette ein, als einer der buntgekleideten Krieger erscheint, ein grosser, schlanker Mann von 20 Jahren namens Leudschi Ogomm. Perlen zieren seinen Hals, die Brust, den Kopf, eine einzelne Plastikblume wackelt auf seinem kurzgeschnittenen Haar, dass ihn als verheiratet ausweist. Er bietet mir eine Ziege zum Schlachten an und ich nehme an. Margret hat mir erzaehlt, dass morgen in der Manyatta geheiratet wird- ich bin ein Glueckpilz, denn das gibt sachoene Fotos. Ein Greis, baumlang und hager wie fast alle hier, mit ausgeleierten Ohrlaeppchen, fragt mich um einen Hut und ich schenke ihm meinen gruenen Zweithut, den ich in Nairobi auf der Strasse gekauft hatte. Spaeter fragt er mich auch noch um Geld und ich lehne ab. Auch bei Margret finden sich seit Tagen Bittsteller ein, wie sie mir berichtet. Sie gibt Vielen Geld und Sachgeschenke. Man weiss hier, dass Margret bei der kenianischen Luftwaffe arbeitet und gut verdient. Fuer deutsche Verhaeltnisse sind ihre 250 EU Monatslohn jedoch eher lachhaft. Die Frauen arbeiten hier allerdings fuer nur 1 Eu pro Tag! Ich liege in meiner Zweighuette, lausche den Stimmen in der Manyatta, der kuehle Abendwind weht durch die zahlreichen Ritzen in der Kartonabdeckung. Kenia, hoch im Norden, bei den Samburus, den Rendille, mein erstes, eigenes Haus, auch wenn es nur 3 EU gekostet hat, irgendwie erinnert es mich an den nie wahr gewordenen Kindertraum vom Baumhaus. Ich bin hier, um mir Zeit zu nehmen und will nicht gleich mit der Kamera herumfuchteln. Ausser Fotos machen, steht das Kennenlernen des Lebens dieser Menschen im Vordergrund, Freunde gewinnen. geschrieben am 22.9.
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