9/8/2004 Kenia / Lokologo
Autoreifensandalen
Erneuter Besuch in Marsabit
(Harald) Da Merayon immer noch nicht an ihr Geld gekommen ist und ich nochmals versuchen will, Eintraege zu schreiben, fahren wir erneut mit einem Matatu nach Marsabit. Heute blaest ein Sturm ueber das Buschland, die Boeen fegen roten Sand und Staub in die Gesichter, alsbald ist mein Hemd statt weiss rosarot. In den Siedlungen wird kurz gehalten. Kamboi ist die erste, liegt am Hang des ersten groesseren Huegels der Marsabitberge. Hier gibt es nicht mal Wasser und mehrere Frauen haben 20-Liter-Kanister aus Lokologo bis hierher gebracht. Das ist teuer, denn neben den Wassergebuehren muss auch das Matatu bezahlt werden. Karare mit seinen bunten Holzdukas, dann Hula-Hula, ein Dorf aus Missionsstation, Schule und zahlreichen Manyattas, die sich bis in die oberen Haenge der Berge ziehen. Auf der Strasse gehen Moran und Frauen, neben der Strasse grasen Ziegen und Schafe, weisse Punkte in der roten Kandschaft. Die Mitfahrer unterhalten sich angeregt, es wird diskutiert, vor allem viel gelacht. In deutschen Linienbussen habe ich nie soviel Gelaechter gehoert. In Marsabit gelingt mir, nach insgesamt 15 Stunden Arbeit, endlich die Uebermittlung der Tagebucheintraege. Manchmal haelt sich Aufwand und Nutzen nicht die Waage und ich denke an die hunderten von Stunden, die ich in Netcafes gesessen habe, anstatt mir schoene Dinge anzuschauen und das Dortsein zu geniessen. Da ist auch manches Gespraech nicht gefuehrt worden, viele Gelegenheiten wurden verpasst. Aber ich hatte "A" gesagt, als ich diese Sache anfing und habe nie daran gezweifelt, dass ich sie auch zu Ende fuehre- trotz aller Widerstaende. Merayon gelingt es auch diesmal nicht, an ihr Geld zu kommen, dass laut Poststation in Nanyuki angewiesen, hier aber nicht verfuegbar ist. Seltsame Sache, ich argwoehne, dass sich da jemand in der hiesigen Poststation kurz mal Geld leiht. Alles Faxen, Telefonieren, Mailen hilft nicht, dass Geld bleibt blockiert. Ich kaufe nochmals gross ein: Schukas, Stoffe, Perlen und die Reifenschuhe, die im Busch jedermann traegt. Aus abgefahrenen Reifen geschnitten, mit Naegeln verheftet, bieten sie den unschlagbaren Vorteil gegenueber meinen Sandalen, dass keine Akaziendornen durchstechen koennen und die Sohlen jahrelang den rauhen Untergrund vertragen. Vorallem die Frauen und Moran laufen jaehrlich ja tausende von Kilometern damit. Erst in der Dunkelheit sind wir wieder zurueck in unseren Huetten. Eine kuehle Dusche mittels Plastikschuessel, frische Kleidung, etwas zu essen, ein Tschai- und die Welt ist wieder im Lot. Eine Verwandte von Merayon kommt, um etwas Geld zu erbitten und ich springe ein. Merayon sagt, die Frau brauche Wasser und habe nicht mal den einen Schilling, um die 20 Liter zu bezahlen. In einer deutschen Zeitschrift steht, dass Volkswagen, neuer Eigentuemer der alten Luxusmarke Bugatti, im Herbst 2005 das staerkste Serienauto der Welt herausbringt: Modell Bugatti EB 16.4 Veyron. Hat 1001 PS, erreicht ueber 400 km/h und kostet ueber 1.200000 Millionen Euro. Dafuer koennte die alte Frau ne Menge Wasser kaufen. geschrieben am 9.10.2004
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