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Reisetagebuch

9/19/2004   Kenia / Lokologo

Woach keberisti!

Abschied von den Morani / Wie man einen Loewen toetet

(Harald) In der Nacht wache ich auf, Hundegebell, Rufe, Aufregung in den Foras. ich stuerze aus dem Zelt, Le-udschi ruft: "Hyaenen!" und ich greife mir mein Schwert- nur: wohin? Es ist dunkel, Taschenlampen blinken ueberall.

Schliesslich erscheint Le-udschi, er hat Dornen in den Fuessen, weil er ohne Sandalen losgelaufen ist und berichtet, dass die Hyaenen wieder eine Ziege gerissen und weggeschleppt haben. Die Moran zahlen hier taeglich Tribut fuer ihr Dasein.

Im Wind packe ich spaeter zusammen, letzte Blicke ueber die Foras. Mir wird schwer ums Herz. noch ein Tee neben Chobosso in der Open-Air-Kueche. Sie hat die Kalebassen frisch ausgeraeuchert, indem sie qualmende, heisse Holzstuecke fuer einige Minuten hineinwirft.

Ich stehe auf, es muss sein. Fast alle Moran stehen da hinter den Hecken und schauen zu mir hin, stumm. Harry geht.

Ich schultere meinen Rucksack und rufe schallend auf Rendille in den Wind: "Woach keberisti" und "Atscha oleng" - Auf Wiedersehen und Danke fuer alles. Ich winke, nackte Arme tauchen aus den roten Schukas auf und winken zurueck.

Le-udschi und ich gehen. Die letzte Fora liegt schon hinter uns, da ruft einer: "Harry!" Es ist der aelteste der Moran, ihr Sprecher und Vorsaenger, der, der mich vor einem halben Jahr bei der Hochzeit unter den Kriegern willkommen geheissen hat. Er winkt mich zurueck.

Er gibt mir zwei Becher koestlicher Milch. Dann bringt er mich zum zwischen den Bueschen wartenden Le-udschi.

"Eine sichere Reise wuensche ich dir. Wenn du wiederkommst, schlachte ich eine Ziege fuer dich. Vergiss uns nicht und kaufe mir in Lokologo Tee." Wir schuetteln uns die Haende. Es war dieser Moran, der mich begruesst hat und er ist es, der mich im Namen der anderen verabschiedet.

Ich bin froh, mich umdrehen zu koennen, bin sowieso schon angeschlagen und ringe um Fassung.

Wir haben noch einen Begleiter, aber der faellt bald zurueck, weil er mit einem Huetemaedchen flirtet, die eine Ziegenherde fuehrt.

Wir erreichen alsbald Guddas, K.A.R.I. Dort hole ich wieder die Kroete aus dem Ablauf und dusche mir den Staub der Savanne aus den Haaren. Da das Wasser fuer die Foras muehsam in stundenlangen Maerschen in Kanistern auf Eseln herangeschafft werden muss, entfaellt das Waschen dort voellig.

Dann, nach insgesamt weniger als 4 Stunden Marsch und 26 km erreichen wir Lokologo, vorbei an einem Straussenpaerchen, die auf der Strasse ein Staubbad genommen haben.

Ich gehe als Erstes zum Hoteli, esse und trinke mich satt. Dann kaufe ich 5 kg Zucker, 6 kg, Ugali, 40 Bonbons, 6 Packungen Teeblaetter und 2 kg Kautabak fuer die Moran und ihre Familien und fuer Le-udschi Insektenpulver fuer seine Huette und gehe zurueck zu meiner Manyatta.

Isiolo lacht, Deressina verbreitet die Nachricht ueber meine Rueckkehr.

Dann gehe ich zum Schmied, um meine beiden Speere abzuholen. Der Alte kuesst mir zur Begruessung die Hand, der erste Mann, der dies bei mir macht. Es ist eine Ehre, die eigentlich nur hochgestellten Persoenlichkeiten zuteil wird, jedenfalls habe ich dass in Kenia noch nie gesehen.

Waehrend ich im Schatten der Huette auf die Fertigstellung warte, erzaehlt mir ein alter Rendille und sein Sohn, wie man einen Speer traegt, um jederzeit abwehrbereit zu sein und wie man damit einen Loewen toetet.

Die Moran, die Tapferkeit und Geschick erproben und beweisen wollen, spueren in kleinen Gruppen von 3-4 Kriegern einen Loewen auf und versuchen diesen zu umstellen, damit er sich dem Kampf stellt. Sie muessen sich bis auf 10-15 Meter naehern und schleudern dann die Speere. Verfehlt der erste Werfer sein Ziel, wirft ein zweiter Moran, waehrend der Loewe normalerweise den ersten Werfer angreift. Verfehlt auch der zweite Werfer, hat der Loewe ueblicherweise den ersten bereits umgeworfen. Dieser Mann hat nur wenig Chancen diesen Angriff zu ueberleben. Ich wollte es nicht glauben, aber es wurde mir wiederholt versichert, dass der unter dem Loewen liegende Mann das Tier versuchen muss an den Ohren zu reissen, um einen Biss in den Kopf zu verhindern, waehrend die anderen Moran heranstuerzen, um aus geringster Entfernung ihre Speere in das Tier zu stechen.

Um den toedlichen Sprung der Katze zu bremsen, stemmen die Somalis ihren zweiten Speer schraeg in den Boden, so dass der Loewe sich beim Angriffsprung selbst aufspiesst. Einem Buendel aus fingerlangen Reisszaehnen und rasiermesserscharfen Krallen an 150 kg Muskeln ins Auge zu blicken, duerfte eine unvergessliche Erfahrung sein.

Ein Prankenschlag, ein Biss und ein Mensch ist tot. Ueberlebt ein angegriffener Moran, ist er in jedem Fall reif fuers Krankenhaus und das ist weit, weit weg.

Der alte Mann erzaehlt, dass einst drei Rendille einen Loewen jagten, der einen von ihnen umstiess. bevor er den Mann beissen konnte, zogen sie ihn am Schwanz und ein anderer schnitt ihm die Sehnen eines Hinterlaufes durch, womit das Tier fast bewegungsunfaehig ist. Dann werfen oder stechen die Krieger ihre Speere in das Tier bis es tot ist.

Die Speere haben auf kurze Distanz eine grosse Durchschlagskraft und es ist oft vorgekommen, dass ein aus 5 Metern Entfernung geworfener Speer einen Loewen komplett durchschlagen hat. Die Katze, einmal in rage, kaempft bis zum Tod, sie rennt nicht weg. das macht den Loewen so gefaehrlich: wer diesen Tanz eroeffnet, muss ihn zu Ende tanzen.

Einem Krieger, der Narben von einem Loewen davontraegt, ist ewiger Ruhm gewiss und die Gunst der Maedchen. Das Ganze erinnert mich an die nordamerikanischen Indianer, die Baeren mit Messern getoetet haben.

In der Fora lasse ich Le-udschi mit dem Satelitentelefon mit meiner Mutter sprechen, werd ich nie vergessen.

Morgen ist der letzte Tag in Lokologo, dann heisst es auch hier Abschied nehmen.

geschrieben am 12.10. in Arusha


 


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