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Reisetagebuch

10/23/2004   Tansania / 10 km hinter Mkata

Opfer der Raserei

Fleissige, fliegende Haendler

(Harald) In der Nacht hat es wieder geregnet und ich muss morgens ein nasses Zelt einpacken, auch alle Kleidung ist klamm wegen der hohen Luftfeuchtigkeit. Die Massai-Wachmaenner schauen mir neugierig zu, als ich mein Rad belade und an den dicken Wachhunden vorbeischiebe, die zusammengekringelt im leichten Nieselregen auf dem Weg liegen.

Kaum bin ich nach dem Fruehstueck losgefahren, beginnt es geradezu zu schuetten und ich fahre flux zurueck, rette mich unter ein Vordach, lese, schreibe.

Obwohl ich jetzt schon 10 Monate alleine reise, habe ich mich nicht daran gewoehnt. In diesen Augenblicken der Ruhe, des Wartens und auch in den schoensten Momenten moechte ich teilen, sprechen, austauschen.

Wenn die Ueberlandbusse hier kurz anhalten, bricht eine Stamped auf die Busfenster los: junge Maenner versuchen rufend, draengelnd, Nuesse, Orangen, Bananen, geroesteten Mais und Getraenke anzubieten, sie laufen sogar noch neben dem Bus her, wenn er abfaehrt, recken die Waren zu den in ueber zwei Metern Hoehe gelegenen Fenstern. Wer weiss schon, wie verzweifelt diese Jungs versuchen anstaendig zu bleiben in soviel Armut und Aussichtslosgkeit? Wer kann ermessen, wieviel Kraft es sie kostet, optimistisch zu sein? Da liegt ein ganzes Leben vor dir, du bist jung und stark und willst was anpacken und was du vor dir siehst, macht dir keinen Mut, sondern nimmt ihn dir.

Gegen 10 Uhr kann ich weiterfahren. Alle 15 km etwa fahre ich durch ein Dorf, das Wetter verbessert sich, bald strahlt die Sonne wieder. Erst freue ich mich darueber, am Mittag laeuft mir der Schweiss wieder am Bauch herunter, mein heisses Hemd kann die sengenden Strahlen nicht genug filtern, so dass ich sogar durch den Stoff einen Sonnenbrand bekomme. Wir in Europa wollen immer in die Sonne und beneiden den Sueden. Aber hier weiss man, was fuer ein Segen eine gefilterte Sonne ist, hier ist Sonne auch Qual, unerbittlich. Es ist ja nicht so, als ob die Massai weniger schwitzten als ich, dass ist eher eine Frage des Speckanteils der Haut. Wer hier arbeitet schwitzt, seine Haut ist genauso heiss wie meine, nur der Sonnenbrand bleibt einem Afrikaner erspart. Unsere schache Sonne ist ein Segen- so denken die, die zuviel davon haben.

Weiler mit Dukas, Sodapausen, fette Felder, kleine Marktstaende, Sisal- und Orangenplantagen, riesige Mangobaeume. In aus duennen Zweigen geflochtene Kaefigen werden den Autofahrern Perl- und Haushuehner angeboten, hingehalten.

Hier hoere ich auch zum ersten Mal wieder das hysterische Geschrei der Kinder, wie ich es zuletzt in Aethiopien vernommen habe, wenn ich vorbeifuhr. Auch faellt mal eine spoettische Bemerkung, wie sich aus der Reaktion der Zuhoerer ablesen laesst, alles jedoch nichts im Vergleich zu den Zustaenden in Aethiopien und den dortigen Aggressionen.

Ein Busunfall. 3-5 Tote, niemand weiss das so genau. Der 30-sitzer sieht nach mehr Toten aus: er ist bei einem Ausweichmanoever frontal auf ein Brueckengelaender geprallt, umgekippt und ueber 50 Meter auf der Seite gerutscht. Wie schnell muss der gefahren sein, um nach dem Aufprall noch so weit zu rutschen?

Der Fahrer sei tot, aber das kann man leicht erkennen, denn wer vorne sass, hatte keine Chance.

Zwei Ortschaften weiter ist ein LKW bergab ins Gruen gerast.

Ich erreiche Mkata, kaufe Wasser und Kekse fuer die Nacht, fahre ca. 10 km aus dem Ort hinaus und schlage nach etwa 85 Tageskilometern mein Zelt links der Strasse, etwas hangabwaerts, in einem locker bestandenen Baumgelaende mein Zelt auf. Niemand hat mich gesehen, als ich das Rad von der Strasse schob.

geschrieben am 27.10. in Daressalam


 


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