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Reisetagebuch

11/5/2004   Tansania / Mafinga

Feuerschein und Regenbogen

Eine steinzeitliche Fundstaette

(Harald) Heute liegen nur etwa 80 km vor mir, ich kanns also gemuetlich angehen lassen.

Beim Inder sitze ich schon vor Oeffnung auf einer Holzbank der kleinen Terrasse und warte. Waehrend ein Angestellter um mich herum sauberfegt, schreibe ich mein handschriftliches Tagebuch. Nach dem ausgiebigen Fruehstueck gehe ich nochmal ins Netcafe und fahre dann um 9.45 Uhr ab. Vom Berg, auf dem Iringa liegt, geniesse ich einen herrlichen Ausblick ueber das Land und die vor mir liegende Strecke, dann rolle ich bergab, der reparierte Riefen haelt.

Die Strecke fuehrt an Tosamaganga vorbei, was in der Sprache der Hehe "Felsen werfen" bedeutet. Von diesem Huegel hatten die Deutschen 1894 das Dorf des Hehe-Koenigs Mkwawa ("Maquaua" gesprochen) mit Kanonenkugeln beschossen.

Erst Mkwawas Vater hatte ein Koenigreich der Hehes gegruendet und es gegen die starken Ngonis im Sueden und im Norden bis zur Sklavenroute ausdehnen koennen. Das Selbstbewusstsein der Hehe war gross und so widersetzten sie sich den deutschen Truppen 1891, ueberfielen die sog. "Schutztruppe" (das Denkmal habe ich vorgestern gesehen) und erbeuteten 300 Gewehre und viel Munition, erreichteten bei Iringa ein Fort mit 4 Meter hohen und 13 km (!) langen Palisaden- und Erdschutzwaellen gegen die Angreifer. Gegen Kanonenbeschuss aber waren sie machtlos. Trotzdem zogen sich die Kaempfe sieben Jahre lang hin, bis sich Mkwawa, gestellt und in aussichtsloser Lage, selbst erschoss. Noch 1955 wurde von einem Bremer Museum ein Schaedel, den man fuer den des Mkwawa hielt, feierlich an die Hehe zurueckgegeben.

15 km hinter Iringa zweige ich zu einem interessanten Ort ab: Isimilia. Hier wurde durch Erosion ein kleines Tal geschaffen, indem sich zahlreiche steinzeitliche Artefakte wie Faustkeile, Aexte, Speerspitzen, Schaber und Messer fanden, deren Alter auf bis zu 60.000 Jahre geschaetzt wird. Die Ansammlung hunderter solcher Steinwerkzeuge und Waffenteile erklaert sich, wenn man annimmt, dass hier einstmals ein kleiner See lag und die Jaeger hier auf die Tiere lauerten, die zum Saufen hierher kommen mussten. Viele der groben, schweren Waffenkoepfe verfehlten bei der Jagd ihre Ziele, oder zerbrachen und sanken in den Sumpf des Sees. Um den staendigen Bedarf an neuen Speerspitzen etc. zu decken, wurde in der Naehe eine Werkstatt errichtet, wo die vielen, nicht verwendeten, weil im wahrsten Sinne des Wortes "fehlgeschlagenen" Werkzeuge, wie Schutt auf einen Haufen geworfen wurden. Hat man das Bearbeitungsmuster an den Steinen und ihre Form einmal verinnerlicht, kann man auch als Laie leicht einen menschengemachten Keil von reinen natuerlichen Bruchstuecken unterscheiden. Und was fuer Goliathe muessen das gewesen sein, die Speere mit 2, 3 Kilogramm schweren Spitzen wirkungsvoll schleudern konnten!

Dann fuehrt mich der Guide durch einen kleinen Wadi, einen Trockenfluss, der nur bei starkem Regen Wasser fuehrt. Hier sind durch Regen und Wasserfluss bizarre Steinsaeulen entstanden, die bis zu 15 Meter hoch aufragen. In den Sandsteinhaengen haben sich kaninchengrosse Nagetiere, Klippschliefer, eingenistet, die mich aus runden, schwarzen Augen neugierig beaeugen.

Der Guide hat versucht mich uebers Ohr zu hauen und haette ich nicht meinen Reisefuehrer zur Hand, waere ihm das vielleicht auch gelungen.

In Kibaoni eine Soda und 5 der winzigen, suessen Bananen und nebenan laeuft der Song, der mich seit Lokologo begleitet: "Fool again" von "Westlife". Immer wieder dieses Lied.

Immer mehr Wald umgibt mich, Herden sehe ich kaum. Am Abend erreiche ich Mafinga, der Himmel hat sich drohend zugezogen, es beginnt zu regnen. Kurzentschlossen miete ich ein Taxi und waehrend ich meine Sieben-Sachen in den Kofferraum lege, bildet sich ein kompletter Regenbogen ueber mir, so gross und schoen, wie ich zuletzt einen in Suedaethiopien gesehen habe.

Das Taxi bringt mich zu einer Secondary-School, in deren Compound Martin sein Zimmer hat. Er kommt mir schon entgegen, ein bleicher 18-jaehriger mit wilder, blonder Lockenmaehne. Er freut sich offensichtlich, ist ganz aus dem Haeuschen, hat erstmal seinen Schluessel auf dem Baseballplatz verloren und ich kaufe mir eine grosse Flasche Mangosaft und Schokoladenkekse fuer den ersten Bedarf. Dann taucht die Sonne, kurz vor ihrem Untergang unter den Horizont, unter die Wolkendecke und fuer einen kurzen Moment, fuer etwa fuenf Minuten, entsteht ein orangefarbenes Licht, wie ich es nur einmal im Leben zuvor gesehen habe, im Projektgebiet von "Menschen fuer Menschen" im Dezember 2003 in Aethiopien. Alles scheint wie in Feuerschein gehuellt, als brennte ein ganzer Wald und tauchte alles in sein Glutlicht. Was fuer ein Empfang! denke ich.

Martin ist Belgier und als Volontaer an der Schule taetig. Belgischen Freunde sind verreist und haben ihm ihr Haus zur Verfuegung gestellt, wohin mich Martin fuehrt. Ich beziehe ein Gaestezimmer, die Haushaltshilfe hat gekocht und wir reden bis in die Nacht.

geschrieben am 10.11. in Mbeya


 

 

 

 

 

 

 

 

 


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