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Reisetagebuch

11/9/2004   Tansania / Mbeya

Norigwe Buya

Ankunft in Mbeya

(Harald) Ich wache kurz nach drei Uhr auf, weil ich zu frueh Schlafen gegangen bin. Ich lese Agatha Cristie, ein Mord in Kenia. All die bekannten Ortsnamen fallen. Was mir an dem, in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts geschriebenen, Krimi weniger gefaellt, sind die Pauschalurteile ueber "die Schwarzen", die als verschlossen und hinterhaeltig dargestellt werden. Da fliesst dann doch allzu viel Unverstaendnis fuer die angetroffene Kultur ein. Aber es schildert wohl die Einstellung der vorallem englischen Kenianer waehrend der Zeit des Mau-Mau-Aufstandes in den 50er Jahren dar. Die zugegeben blutigen, ja abstossenden Rituale, die von den Rekruten der Freiheitskaempfer verlangt wurden, widerten auch die anderen Staemme, wie z.B. die Massai, die Luo oder Kamba an, sodass die Kikuyu die Last dieses Kampfes nahezu alleine trugen. Und heute sind es ausgerechnet die Kikuyu, die der englischen Lebensweise am eifrigsten nacheifern.

Die Sonne geht glutrot um 6.10 Uhr auf. Fuer mich werden die Tage jetzt laenger, wird es jetzt Sommer, denn auf der Suedhalbkugel der Erde sind die Jahreszeiten ja umgekehrt. Ich bewege mich suedwaerts, so dass es in Lokologo um 6.40 Uhr Tag wurde und jetzt eine ganze Stunde laenger Tageslicht herrscht.

Ich erreiche nach 10 km das Oertchen Mabadaga esse in einem kleinen Hoteli Reis und Huhn. Der Inhaber verlangt von mir einen zu hohen Peris fuer das Essen, dass ist normal, aber er gibt mir mein Wechselgeld nicht heraus und das ist weniger witzig. Aber heute morgen ist mir nicht schon nach Streit, ich greife einfach bei den Tschapatis zu, eine gute Taktik der Kompensation und fahre.

Aufwaerts gehts, Gegenwind. Nach 45 km Pause in Chimala, noch 73 km bis Mbeya.

Ich werde wieder haeufig angebettelt: "Give me money", oder sogar "give me my money" (Gib mir MEIN Geld!). Das Englisch ist dabei derart unverstaendlich, dass "Good morning" wie "Give me money" klingt. Ich gruesse vorsichtshalber trotzdem.

Regenwolken ziehen auf, es wird immer kuehler und der Bewuchs gruener.

Jetzt merke ich, was ich gestern an Kraft gelassen habe. Himmel, wann bin ich endlich oben? Streckenweise schiebe ich, mein Allerwertester schmerzt. Alle 15 km lege ich eine Pause ein.

Endlich bin ich in den Bergen, eine huegelige Hochebene, eine Kette von Ortschaften reiht sich an der Strasse auf, rechter Hand reicht der Blick wohl 60, 80 km weit ins Tiefland.

Es beginnt zu regnen, die Kleine Regenzeit, die von November bis Dezember reicht, ist angebrochen. Ich ziehe mir den Ostfriesennerz an, eine knatschgelbe, nach PVC stinkende Plastikjacke, die Beine bleiben unbedeckt, von mir aus koennen die nackten Fuesse und Unterschenkel nass werden, das haelt mich nicht auf.

Dann erreiche ich Mbeya, eine Grossstadt mit 160.000 Einwohnern, in einem Talkessel gelegen, ein Meer von z.T. rostigen Wellblechdaechern, ein paar mehrstoeckige Haeuser, tausende von Dukas, Laerm, dichter, hektischer Verkehr...all das erinnert mich an die Einfahrt nach Addis Abeba, damals regnete es auch auf eine Wellblechdaecherebene.

Erster Gang: Ins Netcafe. Hier ist es trocken und warm und ich kann in Ruhe meinen Reisefuehrer studieren, um eine Unterkunft herauszusuchen.

Ein freundlicher Mann faehrt mich trockenen Fusses, Rad und Gepaeck auf der Ladeflaeche seines Pick-Up, zum Moravian Youth Hostel, einem christlichen Haus, sauber, ruhig und guenstig, mit lochfreiem Moskitonetz, das wirklich von Noeten ist, denn es wimmelt hier von den Viechern.

Ich schoepfe mit einem Eimer heisses Wasser aus einem Blechkessel, der ueber einem Holzkohlefeuer steht und dusche mit einem kleinen Plastikkaennchen, ziehe frische Sachen an, gebe meine Waesche zum Waschen und suche mir ein indisches Restaurant und lange ausgiebig zu, waehrend die CNN-Nachrichten von "Arafat im Krankenhaus" berichten.

Abends wird mir ein Deutsch sprechender Pfarrer zugefuehrt und die Konversation ist so nett, dass ich meinen Plan, Video zu schauen, spontan aufgebe.

Norigwe Buya hat mit seiner Familie 10 Jahre in Deutschland gelebt und wir unterhalten uns bei ihm zu Hause, bis mir die Augen zufallen.

geschrieben am 13.11. in Mbeya


 


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