11/20/2004 Malawi / Mzimba
Freundliche Malawis
Lueneburger Heide in Suedostafrika
(Harald) Um 8.30 fahre ich ab. Gut, dass ich die gestrige Pause eingelegt habe, denn meine Beine sind frisch und ich habe wieder Lust zum Weiterfahren getankt. Es geht steil auf und ab durch eine Waldlandschaft voller Kiefern und Eukalyptus und grosser satt-gruener, sumpfiger Senken. Auf ihren chinesischen Raedern transportieren hier junge Maenner unglaubliche Stapel von Feuerholz talwaerts. Der Duft von Nadelholz liegt in der Luft, es geht weiter aufwaerts, es wird immer kuehler, die Landschaft gleicht der Lueneburger Heide, wenn da nur nicht die Paviane in den Kiefern waeren und die Meerkatzen, die kleinen Blauaffen, die hoppelnd ueber die Strasse flitzen. Es ist wieder wolkig, die Regenzeit kuendigt sich an. Ohne die beissende Sonne, mit starkem Wind aus Richtung 6-9 Uhr, ist das ein neuerlicher Radfahrertraumtag. Und es geht bergab, das Rad schnurrt mit ca. 50-60 km/h dahin. Wenn ich dran denke, wie ich vor zwei Jahren noch bei solchen Abfahrten aengstlich angespannt war, wird mir klar, wie sehr mir das Reisen mit dem Rad zur Routine geworden ist. Ich gruesse nach allen Richtungen, winke, man streckt mir aus Autofenstern und aus Ladenfenstern den Daumen entgegen, eine Frau klatscht sogar Beifall. Die Malawier sind freundliche, ruhige Leute. Die Autofahrer hupen auf der Strecke nur dezent zur Warnung, niemand versucht mich in den Graben zu draengen oder mich zu erschrecken, indem er direkt neben mir sein Tankerhorn betaetigt. Nirgendwo habe ich bisher Streitigkeiten beobachtet, wie so oft in Aegypten, Aethiopien oder auch Kenia. Ich bin bisher nirgendwo uebers Ohr gehauen worden, in den allermeisten Faellen wird in den Laeden sofort der richtige Preis genannt oder zumindest einer mit einem nur etwa 10-prozentigen “Musungu-Aufschlag”- eine Marge, mit der ich unreklamiert leben kann. Handeln ist also ueberfluessig- eine neue Erfahrung in Afrika. Eine letzte Pause in Chikengawa, einem Dorf mitten im dunklen Gruen der Nadelwaelder. Ich essen Szamoszas und trinke eine Coke. Auf dem Gehsteig sitzt eine Frau mit ihrem kleinen Buben und bietet Kassawa an, eine laengliche Knolle, die unserer Kartoffel aehnlich ist, aber auch roh, geraspelt, gegessen wird. Die Strasse nach Mzimba, meinem Tagesziel, erreiche ich am Abend. Ich muss 15 km abseits meiner Route fahren, aber zum Glueck geht es fast nur bergab, die Sonne geht gerade unter. Nachdem ich mit einem Einkauf im oertlichen “Suprette-Supermarket” meinen ersten beissenden Hunger gestillt habe, finde ich am Marktplatz der geschaeftigen Kleinstadt mit etwa 50 buntgestrichenen Laeden einen Schuhputzer, der mir meine gerissene Sandale flickt. Dann beziehe ich Quartier in einer Lodge mit Barbetrieb. Die Bar wuerde um 21 Uhr geschlossen, versichert mir der Rezeptionist nachdruecklich und auch die vor ihren Kleinbussen “Dame” spielenden Fahrer unterstuetzen ihn. Natuerlich ist das glatt gelogen, der Laerm hoert erst um Mitternacht auf- aber solche unangenehmen Wahrheiten versauen einem ja nur das Geschaeft… Spaeter ist der Rezeptionist samt Schluessel zur Rezeption einfach verschwunden. Angestellte, Gaeste suchen nach ihm, ueber Handy kann die Barfrau ihn nicht erreichen, genausowenig wie ihren Chef- der sei dauernd woanders, in Mzuzu, in Lilongwe oder Blantyre, nur nie hier. Hauptsache, es kommt Geld aus dem Laden heraus, ohne das man arbeiten muss. Wie, das ist offensichtlich egal und so tanzen die Maeuse auf dem Tisch. Ein alter Schneider hat an seiner chinesischen Naehmaschine Marke “Butterfly” Spaetschicht eingelegt, ein paar Freunde leisten ihm Gesellschaft. Der ueberaus freundliche Mann flickt mir fuer zu wenig Geld meinen Rucksack und fuehrt mich dann sogar noch zu einem Restaurant, wo ich Reis bekommen kann, damit ich nicht Nzima, die malawische Variante von Maibrei (Ugali) essen muss. Mit Toilettpapierstueckchen in den Ohren gelingt mir eine Muetze Schlaf, bis fuehmorgens die Minubusfahrer ihre Diesel anwerfen und losschreien, die Radios aufdrehen, als ob es nicht 6 Uhr frueh, sondern abends waere. geschrieben am 25.11. in Lilongwe
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