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Reisetagebuch

11/21/2004   Malawi / Kasungu

Fahrradnomade vom Stamme der Teutonen

Im Zwergenland

(Harald) Ich muss die erst gestern reparierte Sandale erneut bearbeiten lassen, irgendwie haelt hier wenig sehr lange...

Waehrenddessen bearbeitet eine Gruppe von Fahrradmechanikern meine Gangschaltung, ohne Erfolg. Schliesslich kommt der oertliche "Experte" und seine ersten Handgriffe scheinen von einer gewissen Grundkenntnis der Problematik zu zeugen. Aber nach einer Stunde ist ein Seilzug der Schaltungen gerissen, weil der Mann staendig mit der Hand dran zieht, anstatt die Hebel zu benutzen. Zum Glueck kann er hier einen neuen Draht kaufen, aber ich bin erstmal sauer, denn ich muss das bezahlen.

Am Ende, nach zwei Stunden, laesst sich die Schaltung einigermassen bedienen, was mir durchaus genuegt. Und mein Aerger verfliegt fast voellig und wandelt sich fast in Scham ueber meine Ungehaltenheit, weil der herbeigeholte Dolmetscher sagt: "Sorry, entschuldigen sie,Sir, aber wir sind Afrikaner, das ist Afrika, sie muessen das verstehen..." Seine freundliche Hilfslosigkeit und die tiefe Wahrheit in seinen Worten entwaffnen mich.

Das in Afrika so vieles nur provisorisch gemacht wird, verdient eine eigene Betrachtung. Warum ist das Provisorium das Bestaendige hier? Der Zugereiste wuerde sagen: Warum kriegen "die" nichts ordentlich auf die Reihe? Ich lass das mal bei mir kreisen.

So komme ich erst um 10.30 Uhr los, was wohl bedeutet, dass ich heute nicht mehr weit komme, denke und taeusche ich mich.

Malawi ist praktisch leitplankenfrei, denn obwohl die Regierung hunderte von Kilometern derselben montiert hat, haben gut organisierte Leute alle Leitplanken wieder abgebrochen, die Betonpfaehle zertruemmert, an denen mit fingerdicken Stahlbolzen die Leitplanken befestigt waren. Nur nahe der Grenze zu Tansania habe ich ein paar Meter nagelneuer Planken gesehen.

Den Dieben ist dabei egal, dass der Staat kein Geld hat, den Schaden zu reparieren und das, wie ich das an zwei Stellen sehe, jetzt Autos und Busse zu Tal stuerzen und dabei Menschen zu Tode kommen, die mit Leitplanken wohl eher ueberlebt haetten. Ebenso wurden fast alle Verkehrsschilder und Hinweistafeln samt Rohrstaendern abgebrochen, so dass die Entfernungsangaben jetzt mit Lack auf den Asphalt geschrieben wurden.

Nach 30 km mache ich eine Pause. Am Tuerpfosten des Ladens stosse ich mir gehoerig den Kopf- ich habe mich noch nicht an das malawische Gardemass gewoehnt. Die Tueren haben hier aus unerfindlichen Gruenden nur ca. 165 cm Hoehe, manche Innentueren sogar nur 150 cm, als ob ich bei den Sieben Zwergen zu Gast waere.

Ich komme sehr gut voran und als ich am fruehen Abend realisiere, dass es nur noch 42 km bis nach Kusungu sind, bringe ich nochmal alle Kraefte auf und ziehe durch.

Nach 140 Tageskilometern erreiche ich die Stadt in der Dunkelheit und suche mir eine Unterkunft im Mundawanga Hotel. Stromausfall, kein Wasser- das Uebliche halt.

Die Formalitaeten in den Guesthouses werden sehr locker genommen. Niemand fragt nach meinem Pass und

hier will auch keiner wissen, von welchem Stamm ich abstamme. In Tansania, einem Staat, der eigentlich wenig Stammesprobleme kennt (anders als Kenia), war das Gang und Gebe und ich konnte dann wahlweise "Germanen", "Allemannen" oder "Teutonen" eintragen. Manchmal wars auch ein "Musungu" oder "Fahrradnomade"...

Als Beruf gebe ich meist "Lehrer" an, denn "Reisender" ist fuer mich ja eine brotlose Profession.

(Per Mail bin ich gefragt worden, wie meine weitere Tourplanung jetzt aussieht.

Nun, ich werde morgen frueh (uebrigens zu Zweit) nach Blantyre weiterfahren, von dort ueber Tete/Mosambique nach Harare/Simbabwe, dann evtl. nach Livingston, zu den Victoria Falls, von dort Richtung Grenze und nach Johannesburg.

Am 21.12. ist dort ein Flug nach Frankfurt fuer mich gebucht, Weihnachten und Neujahr werde ich also zu Hause in Krefeld sein und am 7.1. wieder nach Johannesburg zurueckfliegen und von dort aus genussvoll und frisch meine Tour fortsetzen, die dann- Stand heutiger Planung- zu Ostern in Kapstadt enden soll.)

geschrieben am 26.11. in Lilongwe


 


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