11/24/2004 Malawi / Lilongwe
Angebetete in den Beeten
Regen in Lilongwe
(Harald) Ich wechsle ins "Council Resthouse", einem flachen Backsteinbau hinter dem Busbahnhof, laut und billig. Im Badraum gibt es kein Licht, beim Duschen muss man ununterbrochen die Muecken verscheuchen, die sich wie eine Fliegerrotte auf einen stuerzen. Das Resthouse liegt in der Gegend, die jeder Tourist vermeiden soll, weil es voller einheimischen Lebens, wie z.B. Marktstaenden und Strassenkindern ist, so steht es in den Reisefuehrern. Nach meiner Erfahrung sind es aber gerade die feineren Gegenden, wo die meisten Touristen verkehren, die gefaehrlich sind. So war es ja auch in Nairobi, der Ueberfall fand auf dem Weg zur Touristencampsite in der feinen Upper-Hill-Gegend statt und nicht in der River-Road-Region, die man lt. Guidebooks vermeiden soll. Ist man nett zu den Strassenkids, spricht sich das dort schnell rum und man ist geradezu geschuetzt, denn die Kinder kennen alle Taschendiebe und sagen denen auch schon mal: Lass den mal in Ruhe, der ist o.k. und spendabel. Der Himmel ist grau, ich ahne, das der Regen mir noch manchen Strich durch meine Zeitrechnung machen wird. Mein Zimmer: Ca. 2,5 mal 3 Meter, ein Bett, ein Stuhl, ein kleiner Tisch, das Fahrrad, die beiden Gepaecktaschen, ein Wandschrank. Da sich die Fenster wg. abgebrochener Griffe nicht richtig schliessen lassen, gebe ich das Mueckenklatschen nach 20 Abschuessen auf und knote die Loecher im Moskitonetz zu. Ich ziehe langaermlige Kleidung und Struempfe an, weil ich im Schlaf das Netz beruehre und dann gestochen werde. Die Haende oele ich mit einem Mueckenschutzmittel ein. Das Zimmer riecht muffig, alles ist etwas heruntergekommen, Vorhaenge loechrig etc., das Licht ist schummrig und flackert, wegen staendiger Stromschwankungen. Ich bitte die beiden Nachtwaechter, die sich vor meinem Fenster in der Dunkelheit an einem winzigen Oefchen Nzima (Maisbrei) kochen, Steine auf die Fensterbank zu legen, um die Fensterfluegel zuzuklemmen. Meine Sandalen sind schon wieder zerrissen- Provisorium ist das Bestaendige... Abends bin ich mit Ole in einem koraenischen LOkal verabredet. Endlich mal wieder etwas richtig Schmackhaftes und ein Glas Weisswein geniessen. Ansonsten: Internet, Mails. Ihr kennt das ja. Der viele Regen macht die Wiesen und Beete weich. Auf den unbefestigten Nebenstrassen fliesst rotbraunes Wasser bergab und man muss aufpassen, auf der schluepfrigen Lehmschicht nicht auszurutschen, ich habe so manche plastiktuetenbeladene Frau sich auf ihre Vier Buchstaben setzen gesehen. Die Strassenhaendler haben ihre Warenauslagen mit Plastikplanen abgedeckt und es sind jetzt nur noch diejenigen unterwegs, die unbedingt muessen. Schon vor Einbruch der Dunkelheit erklingt ein vielstimmiger Kroetenchor um die die drei Backsteingebaeude herum. Kleine, gruen-braune Tischtennisbaelle huepfen traege auf den Wegen und ich muss stets vor meine Fuesse schauen, um die vielen Hochzeiter nicht zu zertreten. Es pfeift, singt, quakt, grunzt, jede Art hat ihre eigene Stimmlage, aber alle Froschmaennchen (und nur die geben Laut) suchen eifrig in den Beeten nach den Angebeteten. geschrieben am 8.12. in Tete
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