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Reisetagebuch

11/30/2004   Mosambik / Ulongwe

Bom dia!

Ole ist krank

(Harald) Ich habe nach dem Diebstahl kaum noch Geld, aber Ole hilft mir aus, bis ich in der naechsten Stadt wieder zu Barschaft komme.

Wir radeln aus Dedza hinaus. Schon vor der Grenze steht die ausgebrannte Ruine eines Restaurants mit portugisischer Beschriftung, Zeugnis des jahrzehntelangen Buergerkrieges, unter dem der Staat seit der Unabhaengigkeit Mitte der 70er Jahre gelitten hat. Direkt dahinter liegt die Grenze, ein kleines Poestchen auf der malawischen Seite, Ausreisestempel, Geldwechsler abwimmeln, hinter der Schranke sind wir im 18. Staat meiner Reise. Die Visa gelten fuer 15 Tage, wir werden nur ein paar Tage brauchen, um durch diesen Teil Mosambiks, den sog. “Tete-Korridor” zu fahren, bis wir Zimbabwe erreichen. Dieser schmale Teil Mosambiks ist ein vielbenutzter Transitweg, vorallem auch, weil er ueber eine von zwei Bruecken ueber den Zambezi fuehrt, die ganzjaehrig befahrbar sind.

Fast irritierend ist es fuer mich, aus dem Mund der Zollbeamten Portugisisch zu hoeren, diese weiche, geschmeidige Sprache, die so ganz anders ist, als die guturalen, vorwiegend auf Selbstlauten beruhenden Sprachen, die ich von Aethiopien bis Malawi gehoert habe. In Folge dieser, in ganz Mosambik einheitlich verbreiteten Staatssprache, sprechen die Wenigsten Englisch, auch unter den Zoellnern ist nicht jeder dessen maechtig.

Hinter der Grenze geht es ueber eine, noch vom Granatenbeschuss arg gezeichnete, Teerstrasse abwaerts. Wie schon so oft, wundere ich mich auch hier, dass ein Grenzuebertritt selbst in laendlichen Gegenden so deutlich zu spueren ist. Die Art, die Felder zu bestellen, ist hier anders. Diese sind groesser und zu ordentlichen Reihen in Art eines Wellblechs angelegt. Die Menschen sind zurueckhaltender, niemand bettelt, nur selten werden wir aktiv gegruesst, aber auf meinen Gruss reagiert man freundlich, lachend: “Bom dia!”- Guten Tag. Ole war schon ein paar Wochen im Norden des Landes und spricht ein paar Brocken Portugisisch.

Wir kommen gut voran, der Wind hilft uns, es geht vornehmlich flach abwaerts, der Himmel ist bewoelkt, die Luft feucht, ca. 28 Grad warm. Nach 40 km erreichen wir Ulongwe, die einzige Kleinstadt bis Tete, der Grossstadt, die diesem Landesteil seinen Namen gegeben hat.

Ein Mann geleitet uns zur einzigen Bank des Ortes, einem kleinen, hochmodernen Gebaeude aus grauem Granit und mit Glasfront und Klimaanlage. Nur die Banken haben vielerorts in Afrika das Geld fuer solche Bauten in den kleineren Ortschaften.

Aber hier wechselt man keine malawischen Kwacha gegen mosambikanischen Meticas (sprich: Metikasch). Was fuer ein gluecklicher Zufall, nicht wahr? -dass der Filialleiter gleich einen Geldwechsler zur Hand hat, der wahrscheinlich den ganzen Tag hier auf der Couch auf einen Kunden wartet. Das ist zwar illegal, wie an jeder Grenze, aber da man in Malawis Banken keine Meticas bekommen kann und hier kein malawisches Geld annimmt, bleibt dem Reisenden ja garnichts anderes uebrig. Man fragt sich, wie sich diese Regierungen das eigentlich vorstellen, korrekten Geldwechsel offiziell nicht zu ermoeglichen, andererseits aber privaten zu verbieten. Hey man, that’s Africa!

Es zieht ein Gewitter auf, wir setzen uns auf die Terrasse einer Bar, wo eine lautstarke Maennerrunde sich froehlich volllaufen laesst. Alkohol, Droge Nr. 1 in Afrika und Europa.

Dann verwandelt sich der Regen in einen Gewittersturm und die Strasse in einen braunen Schlammstrom. Die Gischt weht nahezu waagerecht unter das Vordach, wir verziehen uns an einen winzigen Bartisch. Ole leidet seit Stunden unter Kopfschmerzen und jetzt geht es ihm zunehmend schlechter. Seine Stirn ist heiss und er ist matt und schlaeft im Stuhl ein. Das wars wohl fuer heute, wir brauchen eine Unterkunft.

Ich bin nervoes, denn mein Zeitplan geht floeten, so kann ich Johannesburg nicht rechtzeitig erreichen.

In einem der beiden Hotels begruesst uns eine nette Inhaberin, die jedoch kein Wort Englisch spricht. Ole verschwindet sogleich im Bett und schlaeft ein. Er hat fast 40 Grad Fieber, moeglicherweise eine aeltere Malaria, die erneut ausbricht. Wir muessen morgen sehen, wie es weitergehen kann. Fuer mich wird es jetzt endgueltig knapp. Wenn ich morgen nicht zuegig weiterfahre, kann ich mein Ziel auf dem Rad nicht mehr erreichen, auch der Plan, mit Ole nach Livingstone zu den Viktoriafaellen zu fahren, wird dann nur noch zu verwirklichen sein, wenn wir die letzten Tourenabschnitte mit dem Bus fahren.

In den naechsten zwei Tagen wird in Mosambik gewaehlt und im Hotel verkehren mehrere Wahlbeobachtergruppen, u.a. ein Belgier und eine Britin die bei den UN angestellt sind. Daneben gibt es vier weitere Organisationen, die die Wahl kontrollieren. Als ich den Belgier frage, warum die Wahl derart ueberwacht werde, antwortet er, dass die Regierung Mosambiks selbst ein Interesse daran hat, die Einhaltung demokratischer Regeln waehrend der Wahl vom Ausland bestaetigt zu sehen. Es geht um Ansehen und Kreditwuerdigkeit, sowie innere Sicherheit, denn die beiden, nahezu allein zur Wahl angetretenen Parteien, die FRELIMO und die RENAMO, waren dereinst ja Buergerkriegsgegner und niemand will den Ausbruch eines neuerlichen, bewaffneten Konflikts riskieren, das Land erholt sich gerade vom Elend des Krieges.

Ole schlaeft fast nur. Uns steht nur ein Einzelbett von ca. 160 cm Breite zur Verfuegung. Ich liege mit einem schwer atmenden Freund unter dem Moskitonetz, den eine unbekannte Krankheit beutelt.

gschrieben am 20.12. in Pretoria


 


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