12/11/2004 Zimbabwe / Harare
Ich nehmen ein Dusch
Angst essen Seele nicht auf
(Harald) Am Morgen klopft der Geldwechsler an die Tuerscheibe, mein Fahrrad an der Hand. In der engen Kabine muss einer nach dem anderen agieren, fuer beide gleichzeitig ist kein Raum. Zaehneputzen neben dem Rad des Anhaengers. Ich schiebe mein Rad mit Gepaeck ueber die Grenze, dann 50 Meter bis zur zimbabwischen Grenzkontrolle, wo, erstmals seit Wadi Halfa, mein Gepaeck kontrolliert wird. Auf den Taschen und meinem Lenker sind noch Reste der sudanesischen Zollaufkleber zu sehen- das war im September 2003- Kinder, wie die Zeit vergeht! Gross mein Erstaunen, als die Grenzbeamten eine Bezahlung des Visums mit zimbabwischem Geld ablehnen! Dies mit der Begruendung, ich sei ja noch nicht in Zimbabwe. Ich will mich ja nicht streiten, aber sitzen diese Beamten etwa auf mosambikanischem Terretorium? Neben mir stehen an den Schaltern andere Europaeer, die mir laechelnd, schulterzuckend Recht geben und gleichzeitig klarmachen: Die spinnen, die Zimbabwer... Hintergrund dieser Massnahme ist die wirtschaftliche Not des Landes. Der Staat braucht Devisen, vornehmliche starke Waehrungen, wie das Pfund, den Euro, den Franken oder den amerikanischen Dollar. Zimbabwe hat seit der Wiederwahl des Staatsoberhauptes Robert Mugabe eine rasante Talfahrt mitgemacht. Der hatte, angesichts einer drohenden Wahlniederlage, den Veteranen seiner Armee das Versprechen gemacht, sie mit kostenlosem Farmland zu versorgen, wenn sie ihn unterstuetzen. Das Farmland in Zimbabwe war in fast obzoenen Ausmassen in der Hand weisser Farmer mit zimbabwischer Staatsangehoerigkeit. Zu erklaeren, wie es zu einer solch einseitigen Landeignung gekommen ist, sprengt hier den Rahmen. Aber es erregte den Neid und die Gier der uebrigen Bevoelkerung, die das Versprechen und seine beginnende Einloesung in einigen Faellen zum Vorwand nahm, sich Land gewaltsam anzueignen, wobei es zu Mord und Totschlag kam, dem einige dutzend weisse Farmer zum Opfer fielen. Den neuen Landeignern, denen der Staat Land aus den Enteignungen zugestand, fehlte das Wissen um die Bewirtschaftung und das Geld, um Maschinen zu kaufen. Fehlende und Missernten ruinierten binnen kurzem den Markt mit Gemuese und Korn, es kam zu Hungersnoeten, der Aussenhandel brach ein. Gleichzeitig, verschreckt durch das Gewaltklima, ging der Tourismus zurueck und die Inflation galoppierte. Das Land isolierte sich selbst, indem dem Ausland die Schuld fuer das Disaster zugeschoben wurde und Verschwoerungstheorien aufgebracht wurden. Viele weisse Farmer gingen nach Mosambik, Tansania oder Kenia und fingen dort neu an, andere verloren alles. Angebote der im Land verbliebenen Farmer, einen vernuenftigen Uebergang zu ermoeglichen, schlug Mugabe aus. Jetzt ist die Waehrung, der Zimbabwe Dollar, nichts mehr wert. Inflation- eine andere afrikanische Geissel. Hinter der Grenze warte ich dann geschlagene sieben Stunden auf den LKW. Der Fahrer vertroestet mich ein ums andere Mal und ich habe nicht wenig Lust, einfach einen der zahlreichen Busse zu besteigen, um heute noch in Harare anzukommen. Davon, dass wir morgen, wie zugesagt, in Johannesburg sind, kann garnicht mehr die Rede sein. Endlich geht es weiter. Mein Fahrrad wird vor den rostbraunen Container gebunden, mit dem der Sattelschlepper beladen ist, zusaetzlich sichere ich das Rad mit meinem Schloss. Ich nehmen ein Dusch (aus: "Angst essen Seele auf" von R.W.Fassbinder), wobei mich gleich wieder einer zu betruegen versucht, indem er so tut, als sei er die Aufsicht der Dusche und ich ihm eine Duschgebuehr schuldig. Ich lasse ihn einfach stehen, trotz seiner Rufe und als er einfach nicht locker laesst, schaltet sich mein Fahrer ein. Die Dusche ist kostenlos fuer jedermann, aber versuchen kann mans ja mal. Vor Zimbabwe, dem Land in dem Weisse getoetet werden, bin ich von mehreren Seiten gewarnt worden. Es ist nicht einfach, echte Gefahren von vermeintlichen zu unterscheiden, aber Reisende, denen ich in den letzten Wochen begegnet bin, haben mir immer wieder gesagt, dass ich kein Problem in Zimbabwe haben wuerde. Ich will nicht zulassen, das Angst Seele aufessen. Bald wird es Nacht, aber der Fahrer macht keine Pause und in der Nacht erreichen wir die Hauptstadt Harare, parken vor dem Firmengelaende der oertlichen Dependance der Spedition, fuer die dieser Truck faehrt. Der Fahrer schlaeft ein paar Stunden, dann geht es weiter Richtung Sueden. geschrieben am 4.1. in Neukirchen Vluyn
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