12/12/2004 Suedafrika / Johannesburg
Alptraum Joburg
Erster Teil: Grenzuebertritt
(Harald) Waehrend ich weiter versucht habe, noch eine Muetze Schlaf zu bekommen, ist der Fahrer den Rest der Nacht weitergefahren und jetzt, am Morgen, ist er so muede, dass er die Augen kaum offen halten kann. Es hat die ganze Nacht geregnet, der Himmel ist grau. Immer wieder muss ich den Mann aus seinem Sekundenschlaf aufwecken, indem ich mich raeuspere. Dann schreckt er auf, "Ich hab` nicht geschlafen" beteuernd und lenkt den Wagen von der Gegenfahrbahn wieder auf Kurs. Meinen Vorschlag, doch ein oder zwei Stunden zu schlafen, lehnt er ab. Wir halten an einer modernen Grosstankstelle mit angeschlossenem Restaurant, nebenan ein ganzes Grundstueck mit Drive-In wie Mc Donalds. Vor uns steht ein Polizeiwagen Marke Mercedes Benz, nagelneu-glaenzend. Zimbabwe galt bislang stets als gut entwickeltes Land, die Einwohner geniessen den Ruf einer guten Schulbildung, sie sprechen durchweg gutes Englisch, die Wirtschaft galt als stark, ebenso die Landwirtschaft, der Handel florierte und der Zimbabwe Dollar war so stark und stabil wie der US-Dollar. Zimbabwe eiferte insofern dem Nachbarstaat Suedafrika nach. Dann kam mit Mugabe die erste schwarze Regierung an die Macht und es ging stetig bergab. Das Benzin kann nicht in Zimbabwe Dollars bezahlt werden! Der Fahrer ist ratlos. Selbst seine US-Dollars will man nicht annehmen. Wir muessen in suedafrikanischen Rand bezahlen. Mein Fahrer sagt, dass 90 % des LKW-Verkehrs hier nur durchfaehrt und den Warenaustausch zwischen Tansania, Sambia, Malawi, Mosambik und Suedafrika gewaehrleistet. Kaum etwas von der transportierten Ware bleibe in Zimbabwe. Hoch oben in der Fahrerkabine ist man Zuschauer, die Fussgaenger huschen bei ca. 60, 70 km/h nur an einem vorbei, kaum mal ein stummes Winken duch die wg. des Regens geschlossene Scheibe. Die Landschaft ist wunderschoen, trotz der Wettertristesse: riesige, hellgraue, rundliche Granitmonolithe, die im Africaans sog. "Kopjes", liegen inselgleich inmitten einer flach-huegeligen, gruenen Landschaft. Die Form dieser Einzelberge aehnelt der des Ayers Rock in Australien. Die Strasse ist durchweg gesaeumt mit Autowracks aller Art. Z.T. weit entfernt der Strasse, stecken sie im Busch, in der Erde, ausgeschlachtet und -gebrannt, verrostet. Nie zuvor habe ich eine solche Massenansammlung von Unfallwagen gesehen. Hier wird genauso ruecksichtslos gerast, gedraengelt, betrunken gefahren, vor Huegelkuppen und in Kurven ueberholt, wie ueberall, nur das hier eben mehr Verkehr herrscht. Wir erreichen nach ca. 800 km Fahrt durch Zimbabwe die suedafrikanische Grenze am Mittag. Der Ort heisst Beitbridge und verdankt seinen Namen einem der weissen "Pioniere" und der Tatsache, dass hier ein breiter Fluss die natuerliche Grenze darstellt und von einer massiven Bruecke ueberspannt wird. Das Visum fuer Suedafrika ist fuer Europaeer kostenlos. Nirgends in Afrika habe ich an der Grenze so viele Weisse gesehen. Ein Schild macht darauf aufmerksam, dass man seine Schusswaffen deklarieren muesse. Welcome to the reality! Die Grenzer sind hier zahlreich und gut ausgeruestet, sprechen gutes Englisch, ueberall stehen PCs, die Visa werden gescannt und alles geht zuegig und klar vonstatten. Die Grenze ist mit Stacheldraht, hohen Zaeunen, Mauern und sogar einer mit Sandsaecken befestigten Stellung gesichert und erinnert mich fatal an die israelische Grenze. Ich warte in einem Schnellimbiss (hier gibt es wieder Mayonnaise zu den Pommes) auf den Fahrer, der binnen max. einer Stunde zu Fuss erscheinen wollte. Aber er kommt nicht. Angesichts der endlosen LKW-Schlangen hier, ist zu vermuten, dass die Abfertigung diesmal den Rest des Tages in Anspruch nehmen wird und dann bin ich irgendwann morgen erst in Joburg. Nach zwei Stunden entschliesse ich mich ergo einen Minibus zu nehmen, lade das Rad auf einen Anhaenger und erreiche am Abend, nach rund 600 km Fahrt, in der Dunkelheit Johannesburg. geschrieben am 5.1. in Neukirchen Vluyn
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