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Reisetagebuch

12/12/2004   Suedafrika / Johannesburg

Alptraum Joburg (Teil 2)

Ich bin ein Drogenhaendler!

(Harald) Der Fahrer des Minibusses setzt erst seinen Anhaenger in einem Depot ab, dann verteilt er gezielt seine drei Fahrgaeste. Als Letzter im Bus suche ich ein guenstiges Hotel, aber bald stellt sich heraus, dass die wenigen Hotels, die fuer weniger als 10, 20 Euro zu haben sind, ausgebucht sind.

An einer Strassenecke stehen drei Polizeifahrzeuge, ein Plastikband dient als Absperrung, auf dem Boden liegt ein Toter, Kopf und Koerper sind mit einer roten Folie abgedeckt. Mein Fahrer uebersetzt, was die Polizisten sagen: Ein Mann wurde auf offener Strasse erschossen. Ich bin kaum eine Stunde in der Stadt und schon sehe ich ein Mordopfer - etwas, was mir noch nie in meinem Leben persoenlich begegnet ist. Das faengt ja gut an.

Der Fahrer steuert seine Grossgarage an, wo ich auslade und er mich erstaunt fragt, was ich denn jetzt vorhaette. Nun, ich setze mich jetzt auf mein Rad und suche mir eine Unterkunft, antworte ich. Das sei voellig unmoeglich, meinen Fahrer, Begleiter und der Waechter der Garage, die gleichzeitig der Eingang des darueber liegenden Wohn- und Buerogebaeudes ist. Ich kaeme keine 100 m weit, bevor ich ueberfallen wuerde. Vor morgen frueh waere es fuer mich ausgeschlossen, mich alleine als weisser Tourist durch die Innenstadt zu bewegen. Ich mag das kaum glauben, aber die Jungs meinen es wirklich ernst, den Eindruck habe ich und der Tote um die Ecke hat mir gereicht.

Die Garage ist mit einem Gittertor verschlossen, trotzdem soll ich mich hinter den Bus verbergen, denn wenn mich die vorbeifahrende Polizei sähe, wuerden sie mich sofort vorlaeufig festnehmen, weil um diese Zeit nur weisse Drogenhaendler in der Innenstadt waeren. Ich entgegne, ich koenne mich doch ausweisen. Die Jungs lachen: "Erstmal ziehen die dich bis auf die Unterhose aus, um versteckte Drogen zu finden und die Behandlung ist nicht angenehm. Dein Pass kann ja gefaelscht sein, dass hilft dir wenig." Ich gehe hinter den Bus.

Der Fahrer bietet mir an, auf der schmalen Rueckbank des Busses in dieser Tiefgarage zu schlafen. Was bleibt mir anderes uebrig? Ich habe nicht mehr genug Geld fuer ein Taxi und ein teures Hotel.

Ich gehe zum Waechter im winzigen Hausflur des Gebaeudes. "Wo kann ich zur Toilette gehen und mir die Zaehne putzen?" Das sei ganz schlecht, aber wenn ich unbedingt wolle, solle ich nebenan im Hotel fragen. Als ich versuche, ein wenig Konversation zu machen, droht der Mann mir, mich raus zu werfen, wenn ich "Schwierigkeiten" machte. Himmel! - was fuer Schwierigkeiten? Ich komme mir vor wie Robert de Niro im "Taxidriver" an der Kasse des Kinos.

Zwei junge Maenner, Hausbewohner, schwarz und offensichtlich besserverdienend, kommen herein. "Was machen sie hier?" mault der eine mich sogleich an. Ich beginne gerade zu erklaeren, da faehrt mir der Frager dazwischen: "Du luegst. Du machst nur Probleme. Du bist ein Dealer." Und an den Waechter gewandt: "Werfen sie den raus, der ist ein Drogenhaendler, der macht nur Probleme." Ich versuche nochmals etwas zu sagen, wieder faehrt mir der Kerl dazwischen: "Du luegst doch, wenn du Tourist waerst, waerst du nicht hier." Er redet mit dem Waechter, als stuende ich nicht direkt vor ihm. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Kerl durchaus erkennt, dass ich kein Drogenhaendler bin, aber die Situation zu gerne ausnutzt, mich derart runterzuputzen. Noch vom ersten Treppenabsatz herunter ruft er dem Nachtportier zu: "Wirf den raus, der dealt mit Drogen, der macht nur Aerger!" Das laesst er sich nicht nehmen, einen Vorwand zu haben, um sich derart erleichtern zu koennen.

Ich gehe 50 Meter bis zum Hotel nebenan. Vor dem Eingang Schwarze in seltsamen Aufzuegen, die Szenerie erinnert mich an amerikanische Grossstadtghettos: Rastas mit ueberdimensionierten Hueten, harte, kalte Gesichter, mir werden Angebote fuer Drogen zugerufen: "Hey, Mister, hello guy, you need something..?" Ich antworte gar nicht erst, verschwinde in der Lobby des Hotels. Das ist drittklassig, zwei schwarze Polizisten kontrollieren gerade einen jungen Mann. Ich will mich an den Rezeptionisten wenden, da ruft mich einer der Polizisten von hinten an: "Hey, wo willst Du hin?" "Ich will den Rezeptionisten etwas fragen.“ "Warum fragst du nicht erst mich, haeh?" "Nun, ich dachte sie seien Polizisten, warum sollte..." "Haeh? Kannst du lesen, sehen ich wie ein Polizist aus?" Er zeigt auf sein in Gold gesticktes Dienstabzeichen. Er tritt meine Beine in die Spreize, tastet mich von Kopf bis Fuss ab. Er traegt eine dunkelblaue Hose, ein hellblaues Hemd, schwarze Springerstiefel, eine dunkelblaue Baseballkappe, Handschellen, einen riesigen schwarzen Schlagstock und eine Pistole am Guertel, ein Rangabzeichen auf den Schultern, ein Funkgeraet hat er in der Hand und sieht exakt so aus, wie die Polizisten, die ich bisher gesehen habe, ist aber wohl ein Angestellter einer Sicherheitsfirma.

"Ich bin gerade erst..." setze ich an.

“Was willst du hier?"

"Ich wollte zur Toilette und..."

"Quatsch nicht. Was ist da drin?" Er zeigt auf die kleine Plastiktuete in meiner Hand und die Taschenlampe.

"Da sind Batterien drin und hier meine Zahnbuerste und..." "Hau ab, verpiss dich!" blafft er mich an. Ich bin zunaechst verdutzt, dann drehe ich mich resigniert um. "Fuck off!" toent er nochmals. "Fuck off!" legt er nach. Jetzt reicht es mir, ich fahre herum: "Was nehmen sie sich heraus? Wie kommen sie dazu, sich einem Fremden gegenueber so zu benehmen?" Ich bin richtig sauer und die beiden Security-Guards sind verbluefft.

"Haeh? Was?" Dann kommt der eine drohend auf mich zu: "Fuck off, fuck off, fuck off!" versucht er mich bellend zu provozieren. Ich bleibe stehen, lasse mich nicht zuruecktreiben von seinem Gehoehne. Aber ich kann nur verlieren und gehe schliesslich, hinter mir Gelaechter und weitere Freundlichkeiten.

Draussen bahne ich mir den Weg durch diese kaputten Typen und bin froh, wieder im Haus zu sein. Ich versuche dem Nachtwaechter zu fragen, wo ich denn jetzt zur Toilette gehen koenne. "Wenn sie jetzt noch lange hier quatschen, muss ich sie rauswerfen!" meint er. "Piss in die Garage“, wirft er hinterher.

Ich baue mir ein Kopfkissen, ziehe die Schiebetuere des Busses zu und versuche zu Schlafen.

Heiligs Blechle! Wo bin ich hier nur reingeraten? Das ist das reinste Tollhaus.

geschrieben am 5.1. in Neukirchen Vluyn


 


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